Feingeist. Dankmar H. Isleib. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dankmar H. Isleib
Издательство: Bookwire
Серия: münchenMAFIAmord
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783981837896
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Sie denn in der Süddeutschen? Mein jetziger Mann liest ja nur die Abendzeitung und da den Sportteil, wissen Sie?«

      Journalist. Das zieht meistens. Scheint für viele Leute ein interessanter Beruf zu sein. In den Angelegenheiten anderer Menschen rumschnüffeln. Kann mir nur recht sein.

      »Wir sind in der Redaktion der Ansicht, dass der Tod Ihrer Tochter und der Ihres Ex-Mannes kein Zufall war. Schließlich hatte Ihr Mann eine verantwortungsvolle Position im Ministerium. Wir vermuten«, legte ich ohne Umwege gleich voll los, »dass er einer großen Sache auf der Spur war. Dem wollen wir nachgehen.«

      Ich machte eine Kunstpause, aß einen der leidlich schmeckenden Kekse und goss mir widerwillig Kaffee in den Rachen, der letztlich auch nicht von besserer Qualität war.

      Egal.

      »Wir wollten in der Redaktion den Arzt interviewen, der für Ihre Tochter den Totenschein ausgestellt hat, konnten ihn aber nicht finden. Ich denke, Sie müssten doch seine Adresse haben, oder?«

      Aufmerksam hatte Frau Wille-Schneider, geborene Huber, zugehört. Ihre Augen weit geöffnet. Nun waren sie voller Sorge, Angst, Neugier.

      Sie schaltete schnell.

      »Wollen Sie andeuten, dass beide, mein Mann und unsere Tochter, beide …«

      »Ich will Sie nicht beunruhigen, aber ich denke, dass da einiges nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Ich kann Ihnen nur empfehlen – ich will mich um Gottes Willen nicht in Ihre Familienangelegenheiten einmischen –, an Ihrer Tochter eine Obduktion vornehmen zu lassen. Aufgrund des Unfalls Ihres Ex-Mannes ist es nur verständlich, dass Sie das bei der Behörde beantragen. Dafür wird man Verständnis haben. Wenn Sie wollen, liebe Frau Schneider, gebe ich Ihnen den Namen eines mir bekannten Kommissars im Polizeipräsidium, der sich dann sicher der Sache annehmen wird.«

      Stille.

      »Ich verstehe, wenn das Wunden bei Ihnen aufreißt und Sie auch kein Interesse mehr daran haben zu wissen, wie der Herr Staatssekretär ums Leben kam, aber für Ihre einzige Tochter …«

      »Ja, Sie haben völlig Recht, Herr …«

      »Sagen Sie doch bitte André zu mir …«

      »André … Gut, André. Ich mag den Namen«, und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, das eigentlich sehr hübsch war. Überhaupt, wenn die Starre von ihr abfiel, war sie eine gutaussehende Frau in den allerbesten Jahren mit einer blendenden Figur. Eigentlich Material für mich. Aber das wäre dann doch zu pietätlos und so ließ ich den Gedanken an eine schnelle Nummer ebenso schnell wieder fallen.

      »Ich habe auch die ganzen letzten Tage gegrübelt, was meiner Tochter wohl gefehlt haben könnte, dass sie so plötzlich verstorben ist! Wir hatten seit der Trennung von meinem Mann, also Ex-Mann, leider nur noch wenig Kontakt. Gina hatte sich für ein bequemeres Leben an der Seite ihres Vaters entschieden. Sie mochte meinen jetzigen Mann, den Robert, nicht besonders. Meinen Sie, dass ihr Tod mit dem Amt meines Ex im Zusammenhang steht?«

      »Ich weiß es nicht. Ich bin nur Journalist, kein Rechtsmediziner. Und auch kein Kriminaler. Aber ich an Ihrer Stelle …«

      »… Sagen Sie doch bitte Hannelore zu mir!«

      Sie räusperte sich etwas verlegen.

      »Ich, Hannelore, würde dem nachgehen.«

      Der Köder war ausgelegt.

      Hannelore würde alles daran setzen zu erfahren, wie ihre Tochter gestorben war. Und sie würde es mir, dem verschwiegenen Redakteur von der SZ, anvertrauen. Nun hatte ich sie auch soweit – inzwischen war ich bei der dritten Tasse Kaffee, wartete auf das Eintreten von Sodbrennen und hatte mir vier Kekse runtergewürgt –, dass ich mit ihr über den Job ihres Ex reden konnte. Von André zu Hannelore.

      Einschleimen war angesagt.

      Wir saßen inzwischen nebeneinander auf der Couch und ich hatte ihre kalte Hand genommen, um sie zu beruhigen. Das mit dem Händchenhalten hatte sie wohl missverstanden, denn sie wurde plötzlich rot und warm, um nicht zu sagen heiß.

      Schätze, sie war ausgehungert.

      Eindeutig: Der Trainer trainierte zu viel an der falschen Stelle und mit den falschen Bällen. Leider hatte ich keine Zeit und musste los zu meinem Rendezvous mit dem Kommissar und außerdem saß Fanny im Wagen und war sicherlich total stinkig, dass ich ihn nicht in das Haus der heißen Dame mitgenommen hatte.

      Aufpasser unerwünscht!

      »Versprochen, Hannelore, ich komme morgen wieder. Leider habe ich jetzt einen Termin in der Redaktion und bin schon fast überfällig.«

      Wir standen zeitgleich auf, sie drückte sich heftig an mich und ich spürte ihr Verlangen.

      »Bis morgen. Gegen elf Uhr, passt dir das, André?«

      Aha, da muss der Alte wieder zu seinem Verein, das erste Training des Tages.

      »Gegen Elf.«

      Ich war so angefressen von der Sache, dass ich es in Kauf nehmen musste, von Hannelore vergewaltigt zu werden.

      Wenn es denn der Sache dient …?

      Fanny schaute mich schon wieder beleidigt an.

      »Mein Alter, ich nehme dich jetzt mit ins Brenner. Abgemacht. Kannst dich entspannen, okay?«

      Fanny verstand.

      Selbst „Devils Haircut“ vom schrägen Kalifornier Beck ließ ihn nicht an mir verzweifeln: „Somethin’ wrong cause my mind is fading / Ghetto blastin’ disintegrating / Rock ‘n’ roll, know what I’m saying? / Everywhere I look there’s a devil in waiting / Got a devil’s haircut in my mind / Got a devil’s haircut in my mind…“

      Mir standen mehrere Prüfungen bevor. Schon wieder war der Teufel im Spiel. Bei Beck.

      Stimmt: Something wrong. Vase my mind is fading …

      Nicht zuletzt Rock’n‘Roll.

      Mit Hannelore …

      Wir bekamen im Brenner einen Platz an der Sonne. Na ja, fast. Sonne scheint draußen zwischen den Häusern nicht durch. Nur im Juni/Juli. Da steht die Sonne hoch genug und kann auf uns runterschauen. Sonst? Wenn überhaupt, dann nur gespiegelt über ein Fenster von irgendwoher. Es war aber besser, als drinnen zu sitzen. Fanny ist nämlich kaum zu halten. Er räumt den Models und leichteren Mädels in Gucci und Trallala mit seinem prächtigen Schwanz – nicht den, den Sie meinen! – den Latte Macchiato vom Tisch und den Herren Advokaten und solchen, die es gerne wären, ihr Carpaccio di Tonno. Da steht er drauf.

      Aufräumen.

      Fanny scheint zu verstehen, wer und was im Leben wichtig ist …

      Kaum saßen wir, sagte mir mein Kumpel auf den Kopf zu, wonach ich suchte.

      »Du willst wissen, was ich weiß, was am Samstag direkt vor der Einfahrt zu den Bavaria Filmstudios passiert ist. Stimmt‘s? Nun schau nicht so blöd. Meine Kollegen machten Fotos von allen Autos, die während der Zeit da vorbeigefahren sind. Darunter warst auch du mit deinem Angeberschlitten, den ich aber sehr cool finde. Ich stand schon immer auf Jaguar. Aber bei meiner Gehaltsklasse …!«

      Ich war von den Socken.

      Hätte mir ja denken können, dass die Bullen nicht so blöd sind. Aber dass sie gleich Fotos machten? Nicht vom Unfallwagen, sondern von denen, die sich dort aufhielten oder vorbeikamen, das sagte viel aus. Hatten sie den Herrn Staatssekretär auch auf dem Kieker und beobachteten ihn? Wussten sie sofort, dass das kein Unfall war?

      »Sag an, Mario. Du gibst mir doch Recht, dass das kein Unfall war, oder?«

      »Das hat uns die Streife schon nach dreißig Sekunden gesagt. In den Wagen war ein kleines, feines Bömbchen eingebaut. Es gab keine Fremdeinwirkung, keine Fahrerflucht und auch keinen Motorschaden, der den Audi so hätte zerlegen können. Deshalb haben wir sofort ein Sonderkommando an die Stelle geschickt. Die Reste des Audis werden gerade noch untersucht. Die Staatsanwaltschaft