Gesammelte Werke: Science-Fiction-Romane + Abenteuerromane + Erzählungen. Dominik Hans. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dominik Hans
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075831552
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      In dichten Bändern zogen sich nun die Luftfahrzeuge zu beiden Seiten der Kanaltrasse im vorgeschriebenen Abstand von einem bis zum anderen Ozean. In weiten Halbkreisen lagen viele Hunderte von Wasser- und Luftfahrzeugen vor Panama und Colon auf der See.

      Die Stunden verrannen darüber. und immer näher rückte die bedeutungsvolle Minute heran, in der Austin Parker in Washington auf den Knopf drücken sollte, in der das Feuer in die Minen fliegen mußte, die hier kilometertief in den Eingeweiden des Urwald bewachsenen Isthmus steckten.

      Einen vorzüglichen Ausblick hatten die Passagiere der »Empire Company«, des größten New Yorker Flugzeugs, das in zwölf Kilometer Höhe östlich von der Kanalroute stand. Von Bord der »Empire Company.« aus sah man im Norden den tiefblauen Spiegel des Karibischen Meeres, im Süden die Azurfluten der Bay von Panama.

      Zwischen beiden Meeren den Isthmus. Wälder von tropischem Grün, dazwischen die roten und grauen Zacken der Höhen von Culebra. Und dann die Überreste des alten Kanals. Wasserstreifen, unterbrochen von Felsstürzen, über die stellenweise schon wieder der Urwald hinwegwucherte: die Trümmer der großen Gatunschleuse, die im Anfang des Jahrhunderts als Weltwunder gepriesen wurde. Wo sich damals der große Stausee hinter den Schleusen ausdehnte, stand jetzt ein üppiger Palmenwald.

      Sah man, wie erbarmungslos der vulkanische Boden des Isthmus dem alten Kanal im Laufe der letzten Jahrzehnte mitgespielt hatte, so konnte man es den Amerikanern kaum verdenken, daß sie hier ganze Arbeit machen und einen neuen Kanal schaffen wollten, der gegen alle unterirdischen Kräfte gefeit sein sollte.

      Der Zeiger rückte weiter. Fünf Minuten vor zwölf. Die Passagiere der »Empire Company.« drängten sich an die Fenster, verglichen die Uhren, starrten wie hypnotisiert auf die Mitte der Landenge.

      Vier Minuten vor zwölf … drei Minuten vor zwölf … Ein letztes Mal jagten die Patrouillenmaschinen die Fronten der Luftflotte entlang.

      Eine Minute vor zwölf … dreißig Sekunden vor zwölf.

      Ein Sturmstoß faßte die »Empire Company.« und warf das riesige Flugzeug wie ein dürres Lindenblatt hin und her. Ein Sturmstoß wirbelte die ganze gewaltige Flotte zu beiden Seiten der Sprengung wie einen Haufen welker Blätter durcheinander. Patrouillenmaschinen stürzten ab.

      Wer sich an Bord der »Empire Company.« nicht an Griffen festgeklammert hielt, wurde zu Boden geschleudert.

      Diejenigen, die noch sehen konnten … sahen, wie die ganze Trasse von Colon bis Panama sich gleichzeitig hob … wie die Urwälder dort unten wie wilde See wogten … wie die Erde zubersten schien. Feurig rot flammte es einen Moment auf der ganzen Linie aus den wogenden, steigenden Wäldern. Das Land schien Land in den Äther zu speien. Bis in Meilenhöhe wurde das zerrissene Eingeweide des Isthmus empor geworfen, ein grausiges Gemenge zerschmetterter Felsmassen und zerfetzten Urwaldes.

      Breit und fächerförmig fiel die gehobene Masse wieder nach beiden Seiten zurück, eine mächtige Rinne an der Stelle zurücklassend, an der sie aufgestiegen war. Und im Niederstürzen eine Staubwolke verbreitend, die den Blicken der Schaulustigen alles Weitere verhüllte … selbst wenn sie noch fähig gewesen wären, weiter zu schauen.

      Denn jetzt erreichte der erste Donner der Explosion die Höhe der Flugzeuge. Ein Schall, dessen Art und Wirkung sich nicht mit Worten wiedergeben läßt. Vierundsiebzig Sekunden nach zwölf Uhr erreichte der Donner die »Empire Company«. Man hatte sich an Bord vorgesehen. Die Passagiere hatten Watte in den Ohren und starrten mit offenem Munde auf die Vorgänge in der Tiefe.

      Aber trotz dieser Vorsichtsmaßregeln war die Wirkung der enormen Schallwellen fürchterlich. Alle entsetzten sich … erschraken bis ins innerste Mark. Fast alle erblaßten, und viele stürzten besinnungslos zu Boden. Denn dieser schmetternde, nervenzermalmende Explosionsdonner hörte nicht auf. Mit beinahe unverminderter Stärke hielt er nach dem ersten Einsetzen minutenlang an. Von der ganzen Länge der Kanaltrasse über eine Entfernung von beinahe zehn Meilen her drang der gräßliche Ton zu den einzelnen Flugzeugen, zermarterte viele Minuten lang die Nerven der Insassen.

      Bis er endlich nachließ, nur noch grollte wie ein abziehendes Gewitter … leiser und leiser wurde, bis er endlich verstummte … bis die Herzen und Sinne der Zuschauer wieder freier wurden. Und dann erkannten sie, was geschehen. Zehntausende hatten im gleichen Moment den gleichen Gedanken.

      Bei Gott, es ist alles auf einmal gesprengt! Der ganze Isthmus ist auf einmal in die Luft geflogen! Wie wird das enden? Wie wird das werden?

      Noch versperrte die ungeheure, von Panama bis Colon reichende Staubwolke jede Sicht. Nur das war sicher … war allen, die das gigantische Schauspiel mit angesehen hatten, unumstößlich klar: Mit einem Schlage waren alle Minen von Panama bis Colon aufgeflogen.

      Ein neuer Ton drang in die Lüfte. Ein fernes Rauschen und Brausen zuerst. Immer gewaltiger, dann … zischend und donnernd zuletzt.

      Der Niagara … Nein! Nein, viel lauter, viel gewaltiger. So sprachen diejenigen unter den Passagieren, die einmal an den Fällen gewesen waren, das gewaltige Schauspiel des Stromes gesehen hatten, der sich dort in tausend Meter Breite fünfzig Meter in die Tiefe stürzt. O nein … nein, nein! Viel schlimmer … viel fürchterlicher als der Niagara.

      Ein Sturmwind schien gleichzeitig von beiden Meeren her auf den Isthmus loszufahren. Er zerfetzte die dunstige Staubwolke, schuf freie Sicht – und sie sahen. Da lag die ungeheure Rinne, die von der Gewalt des Sprengstoffes mit einem Schlage in den Leib der Landenge gerissen war. Über die ganze Länge ziemlich gleichmäßig drei Kilometer breit, in der Mitte mehrere hundert Meter tief.

      Jetzt begriff auch mehr als einer unter den Zuschauern, welchen Vorteil die Sprengung mit einem Schlage für sich hatte. Wären die Minen hintereinander gesprengt worden, so hätte jede Etappe einen Trichter ausgeworfen. Das Kanalbett hätte eine zusammenhängende Reihe derartiger Trichter gebildet und hätte noch mancher Baggerarbeit bedurft, um ein vollständiges Kanalbett zu schaffen. Dadurch aber, daß der atomare Sprengstoff die ganze Masse mit einem Schlage auswarf, war dieses überall gleich breite und gleich tiefe Kanalbett entstanden.

      Fast wie mit der Reißfeder gezogen nahm es sich für die Passagiere der »Empire Company.« aus.

      Ein ungeheurer Graben, in den von beiden Seiten her die See mit der hundertfachen Gewalt der Niagarafälle hineinbrach. Das waren die Quellen dieses neuen, brausenden Donners. Zwei schäumende, strudelnde Wasserwände, die von Panama und von Colon her mit Fluggeschwindigkeit in die Rinne hineinjagten. Sturm lief vor ihnen her.

      Bäume, von der ersten Explosion verschont, zerbrachen wie Glas.

      Felsbrocken von der Größe eines Hauses kamen in Bewegung, liefen wie die Kegelkugeln daher, bis sie von den dahinjagenden Wassermassen ergriffen, überschüttet und verschlungen wurden.

      Glasig grün und schäumend weiß jagte die See den einbrechenden Frontwellen nach. Es waren Wetten abgeschlossen worden … viele Wetten … hohe Wetten, wer zuerst den neuen Kanal befahren würde.

      Keiner von den Wettern gewann. Ein anderes, unbeteiligtes Fahrzeug vollbrachte die Tat … wider den Willen seines Führers und seiner Besatzung. Eine große Jacht lag in der Bucht von Panama vor Anker.

      Diese packte der Strom der in den Kanal einbrechenden See. Einen Augenblick strafften sich die Ankertrossen, spannten sich, klangen hell auf und zerrissen. Das weiße Schiff lief mit dem Strom … lief schnell und immer schneller und schoß in die Rinne hinein … Wie ein Pfeil schoß es dahin … und langsam … langsam, aber unaufhaltsam, kam es der brechenden Frontwand immer näher.

      Die Passagiere auf der »Empire Company.« hielten den Atem an. Auf die Minute ließ sich voraussagen, wann die vorströmenden Wasser die hilflose Jacht bis an die vor ihr herjagende Frontwelle herangezogen haben würden … wann das Schiff vierhundert Meter tief auf den nackten Fels des noch ungefüllten Kanalbettes hinabgeschleudert und in Atome zerschmettert werden würde … Da trafen die Frontwellen, die von Colon und von Panama her vier Meilen in sechzehn Minuten zurückgelegt hatten, zusammen …

      Kochende See bis zum Himmel! Ein Wasserberg türmte sich auf,