Gesammelte Werke: Science-Fiction-Romane + Abenteuerromane + Erzählungen. Dominik Hans. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dominik Hans
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075831552
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Er schluckte einige Male. Bevor er reden konnte, sprach Fox mit unerschütterlicher Ruhe weiter:

      »Ich bin Ihrer Einladung gefolgt, weil ich mich, wenn irgend möglich, mit dem Vater meiner Frau gut stellen möchte.«

      Francis Garvin lehnte sich tiefatmend in seinen Stuhl zurück. Er preßte die Hände ineinander und schaute zur Decke empor. Seine Züge blieben unbewegt, und doch sah man an dem Flackern der Augen, wie schwer der Kampf war, der in ihm tobte.

      Wellington Fox sah mit einem gewissen Mitleid auf den Vater Helens.

      Armer alter Kerl, dachte er bei sich, meine letzten Worte haben dir den Knockout gegeben.

      Francis Garvin sprach: »Sie wollen also, Mr. Fox, ohne meine Einwilligung eine Ehe mit Helen eingehen?«

      »Das zweite ganz gewiß. Ob auch das erstere, hängt von Ihnen ab.«

      »Haben Sie auch darüber nachgedacht, wie sie Helen standesgemäß ernähren und kleiden werden? Ich taxiere, daß Helens Hutbudget Ihr Jahresgehalt beträchtlich übersteigt.«

      Wellington Fox zuckte die Achseln. Während er mit seiner Antwort zögerte, ging es ihm klar durch den Kopf: Aha, alter Freund! Dein Widerstand läßt nach. Es fällt dir nur zu schwer, dich offen geschlagen zu bekennen.

      Dann sprach er: »Den Luxus von Garvins Palace Helen zu bieten, bin ich selbstverständlich nicht in der Lage. Doch mein Einkommen genügt durchaus, einer Frau ein behagliches, glückliches Heim zu bieten, die ihre Ansprüche nicht allzu hoch stellt, die sich zu schicken weiß …«

      »Glück ist in der kleinsten Hütte«, warf Garvin ein, doch der Hohn, der darin liegen sollte, war matt.

      »Unser zukünftiges Heim wird im Vergleich zu Garvins Palace eine Hütte sein, gewiß, Mr. Garvin. Aber es stände schlimm um die Menschheit, wenn das Glück nur in den Schlössern der Reichen zu finden wäre.«

      Francis Garvin machte eine wegwerfende Gebärde.

      »Verliebte Leute sehen den Himmel voller Geigen. Der Katzenjammer bleibt nicht aus. Ich will mein Kind davor bewahren. Ich möchte unsere Unterredung damit beenden, Mr. Fox, daß ich Ihnen für Ihre aufopfernde Tat bei der Rettung Helens meinen herzlichsten Dank ausspreche. Ich wollte Sie zum Besitzer der Chikago-Preß machen, um meinen Dank auch tatkräftig zum Ausdruck zu bringen. Sie haben mein Angebot zurückgewiesen. Wir sind quitt!«

      »Ich nicht!«

      Wie ein Wirbelwind war ein weißes Etwas aus dem Nebenzimmer hereingeflattert. Mr. Garvin war plötzlich unter einer Wolke von hellem Batist verschwunden.

      Ein Flüstern und Raunen, so zärtlich, so innig, drang an das Ohr von Fox, daß er die Zähne aufeinanderbeißen mußte, um seine Bewegung zu unterdrücken. Er sah den grauen Kopf Garvins über Helens blonde Locken gebeugt, sah, wie dessen Arme sein Kind fest umschlossen, und verließ leise das Zimmer.

      Im Vorraum schritt er ruhelos auf und ab. Tausend Ideen schossen durch sein Hirn. Eine Welt von Feinden wünschte er zu haben, nur um Helen schützen zu können. Knirschend preßten sich seine Zähne auseinander, seine Fäuste ballten sich gegen andere noch unsichtbare Fäuste.

      Alle Strafen des Himmels und der Hölle mögen mich treffen, wenn ich dich, mein Liebling, nicht ehren und schützen werde bis zum letzten Atemzug.

      Und dann ging es ihm plötzlich wie Mr. Garvin. Wie durch einen Schleier sahen seine Augen eine weiße Gestalt auf sich zueilen. Zwei liebevolle Arme umschlossen seinen Hals, und ein tränenüberströmtes Gesichtchen lehnte sich an seine Brust.

      Ein Stammeln … ein Weinen … ein Lachen.

      »Wie glücklich bin ich, Wellington!«

      Nach einer Weile drang die Stimme Garvins in den stillen Raum.

      »Mr. Fox, Sie haben gesiegt. Helens Wille war stärker als der meine … Es fällt einem alten Mann schwer, sein einziges Kind … sein alles wegzugeben … Ich werde alt, ihr müßt Geduld mit mir haben … Der Gedanke quält mich, daß Helen in den veränderten Verhältnissen ihres neuen Lebens doch gar manches Liebgewonnene aus dem Vaterhaus vermissen wird …

      Ich bitte Sie, Mr. Fox, mir zu erlauben, Ihre Stellung in irgendeiner Weise zu verbessern. Der Gedanke ist mir unerträglich, daß … Mr. Fox, Sie dürfen nicht weiter ein einfacher Berichterstatter bleiben … Ich werde Ihnen entsprechende, ich hoffe, Ihnen auch zusagende Vorschläge machen. Sie müssen Ihre Position verbessern.«

      Francis Garvin war bei den letzten Worten auf Wellington Fox zugetreten und drückte ihm die Hände. Wellington Fox hatte seine volle Selbstbeherrschung wiedergewonnen.

      »Daß Sie mir Ihre Helen nicht gern geben, weiß ich … will es Ihnen auch nicht verdenken, obwohl Sie als freier Amerikaner von den Vorurteilen von Rang und Reichtum unabhängiger sein sollten. Meine Position zu verbessern? … Ich habe schon lange daran gedacht … und daran gearbeitet. Ich kenne das alte Wort, daß man bei der Presse alles werden kann, vorausgesetzt, daß man nicht dabei bleibt. Unsere Wünsche begegnen sich also. Doch die Vorschläge für eine Verbesserung überlassen Sie, bitte, mir. Ich habe ein Geschäft im Auge … ein Geschäft? … Nein! … Mein Geschäftssinn ist alle Zeit schwach genug gewesen, Gott sei’s geklagt.

      Ein Werk … Eine große Tat habe ich vor. Zur Ausführung gehört Geld … viel Geld. So viel, wie vielleicht auch Sie nicht haben. Aber das Werk wird gelingen, und das Geld wird hundertfache Zinsen bringen. Wenn die Zeit gekommen ist … bald … sehr bald wird sie kommen … werde ich Ihnen meine Pläne entwickeln, werde Ihnen das Geschäft antragen.«

      Francis Garvin hatte der langen Rede ruhig zugehört. Nun sprach er: »Ihre Hoffnungen nehmen einen kühnen Flug, Mr. Fox. Sie gestatten, daß ich Ihrem Geschäftssinn, den Sie selbst als schwach bezeichneten, sehr skeptisch gegenüberstehe.«

      »Ich nehme es Ihnen nicht übel, Mr. Garvin. Sie haben mich bisher nur als einfachen Journalisten kennengelernt. Sie wissen nichts … weniger als nichts von meinen sonstigen Plänen und … Unternehmungen, Mr. Garvin.«

      »Unternehmungen?«

      Fragend und zweifelnd war das eine Wort von den Lippen Garvins gekommen.

      »Unternehmungen, Mr. Garvin. Sie werden anders von mir denken, wenn einige Wochen ins Land gegangen sind. Ich möchte Sie bitten, Mr. Garvin, meine Verlobung mit Helen nicht vor dem August bekanntzugeben.«

      Verwundert und fragend blickte Francis Garvin auf Fox. Eben erst hatte der mit Gewalt seine Verlobung durchgesetzt, hatte den Widerstand des Vaters gebrochen, und jetzt bat er selbst, diese so mühsam erkämpfte Verlobung bis zum August noch geheimzuhalten.

      »Ich verstehe Sie nicht, Mr. Fox.«

      »In wenigen Wochen werden Sie mich um so besser verstehen. Sie werden dann, das hoffe ich sicher, die Veröffentlichung unserer Verlobung nicht mehr wie jetzt unter Bedenken und Zweifeln, sondern mit willigem Herzen vornehmen. Sie werden an diesem Tage wissen, Mr. Garvin, daß der Verlobte Ihrer Tochter etwas mehr ist als der einfache Berichterstatter, für den Sie ihn jetzt nehmen … für den die Welt ihn vorläufig noch nehmen muß.«

      Georg Isenbrandt befand sich in seiner Station zu Wierny. Seit jener letzten Sitzung des Direktoriums der E. S. C., seitdem die maßgebenden Herren der E. S. C. den Beschluß gefaßt hatten, den Spruch des Schiedsgerichtes abzuwarten, die strittige Ilifrage bis dahin in der Schwebe zu lassen, war er in gedrückter Stimmung.

      Die Ereignisse des heutigen Tages waren in ihrer Gesamtheit nicht geeignet, einen Stimmungsumschwung bei ihm hervorzurufen. Zwar der Vormittag hatte ihm eine große, kaum erwartete Freude gebracht: Ein Telegramm in verabredeter Sprache von Wellington Fox. Georg Isenbrandt hatte es Wort für Wort dechiffriert, hatte tiefaufatmend die gute Nachricht gelesen, daß der treue Fox die Vermißten, Theodor Witthusen und Maria Feodorowna, in Urga entdeckt habe. Das Telegramm war nur kurz. Die erste knappe Nachricht von der glücklichen Entdeckung des Aufenthaltes der Vermißten. Wer aber Wellington Fox und seine Art so genau kannte wie Georg Isenbrandt, der konnte noch mancherlei zwischen den Zeilen herauslesen.

      Nun