DU GEHÖRST IHNEN.. Dankmar H. Isleib. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dankmar H. Isleib
Издательство: Bookwire
Серия: 666 - Perfektion des Bösen
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783969020050
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Stella. Das ist nicht nötig. Ist doch mein Job. War nichts Schlimmes. Sicher einer, der zu viel getrunken hatte. Nochmals sorry, dass ich derart stark bremsen musste ...«

      Dann wählte er eine andere Nummer, ebenfalls im Hotel, und sagte nur: »Sie sind da. Keine größeren Komplikationen, alles ist gut gegangen. Er ist bei ihr. Gute Nacht.«

      Anonymous 3

      „Die korrelative Disposition hat versagt, 666 elfeinundzwanzig. Mist. Aber dafuer haben wir praechtige Bilder auf dem Screen. Sie zeigen, wie das Ding sich in einer angespannten Situation verhaelt. Schau dir die Bilder an, diese Kryptogramme. Einfach grossartig. Sie haben Rasse, Klasse, Qualitaet. Erinnern mich stark an Variationen dinergischer harmonografischer Muster, wie sie schon Sir d´Arcy Wentworth Thompson mit seiner Theorie der Transformationen nachgewiesen hat: Die Natur scheint das Unmoegliche zu vollbringen, naemlich Formen zu schaffen, die zugleich aehnlich und unaehnlich sind. Ich werde das printen und dann vergroessern.“

      „Ja, du hast recht, 666 achtzehnviervier: es zeigt uns, dass man die Natur doch beeinflussen kann, dass man Gedanken verbiegen, dass man Einfluss auf den Fluss des Lebens nehmen kann. WIR koennen es! Haenge es bei dir im Labor auf - dann kannst du dich jeden Tag daran ergoetzen; ich weiss doch, wie schnell du dich an solchen Kleinigkeiten erfreuen kannst!“

      „Du bist nicht fair! Ich werde das erste Messergebnis der Art, das es weltweit ueberhaupt gibt, das so wundervoll unvergleichlich, ausserirdisch, ueberirdisch aussieht, in den Eingangsbereich meiner Villa haengen. Als farbigen und plakativen Beweis fuer das Gelingen unserer Einflussnahme in das Ganzheitsmuster eines lebenden Dinges! Ich werde die Grafik mit einem goldenen Rahmen versehen und daneben die vergleichende Tabelle der menschlichen Proportionen haengen“

      „Warum der menschlichen? Hat das einen besonderen Sinn ...?“

      „Warte ab, mein Freund. Und jetzt hilf mir und TT das Ding einzufangen und zu kontrollieren. Es stehen noch Unmengen an Auswertungen an, die wir aber erst noch einspeisen muessen, damit die Maschinen ueber Nacht arbeiten koennen.“

      „OK, ich gehe sofort zu TT.“

      ≠≠

       X

      Wenige Stunden nach dem

      Frankfurter Konzert. Franco ist in heller

      Aufregung und total verzweifelt.

      Franco Mignello hatte aufregende Stunden hinter sich. Zum einen waren die kurzen Informationen, die er während seiner Telefonkonferenz von Zamko Wendrowu, James Waltham und Choe Chu erhalten hatte, sehr aufschlussreich gewesen, hatten ihm neue Bausteine zu seinem Puzzle geliefert. Zum anderen waren sie deshalb aufregend, weil er ahnte, dass Stella sich in einer stetig wachsenden Gefahr befand. Die Intervalle der Versuche, sie zu killen, wurden immer kürzer. Als er sich heute Nacht dessen sicher war, konnte er Jonathan noch vage warnen, dass etwas geschehen könnte. Mehr war auf die Schnelle nicht möglich. Da Jonathan soeben nichts weiter gesagt hatte, konnte das mehreres bedeuten. Das Wichtigste jedoch: Stella war wohlbehalten in ihrer Suite angekommen.

      Nur sie beide, Franco und Jonathan, wussten von der extremen Gefahr, die seiner großen Liebe drohte. Franco hatte alle Informationen, die er im Laufe der letzten Stunden von seinen Zuträgern erhalten hatte, in sein Gefahren-Puzzle-Schachspiel-Such-Programm eingegeben, das er sich von einem Software-Genie hatte schreiben lassen. Sein aufgemotztes MacBook Pro brauchte keine zwei Minuten, um anhand der Fakten ein Ergebnis in Richtung ... große Gefahr auf der Rückfahrt zum Hotel ... auszuspucken, so dass Franco Jonathan vor weniger als einer Stunde leider nur eine allgemeine Warnung zu geben vermochte.

      Ein weiteres Problem: Es gab den Mann, der sie zum Essen in die >Ente< entführt hatte, und der – nur durch eine gemauerte Wand und dicke Seidentapeten von Franco getrennt – den Rest der Nacht bei seiner über alles geliebten Stella verbringen würde. Jedes Mal erneut waren das für ihn die schlimmsten Stunden seines Lebens. Er litt Qualen, seelische Höllenqualen, die über seine Kräfte gingen, ohne dass er sich das eingestehen wollte.

      Franco Mignello hatte einen Beobachter im Konzert gehabt. Einen Bühnenroady, der auch in die sensiblen Bereiche backstage durfte und von Franco ausschließlich auf Stellas Manager Marek Bergfield angesetzt war. Der Roady hatte ihm per SMS mitgeteilt, wer Stellas Gigolo für die heutige Nacht sein würde, dazu ein Foto geschickt, das Bergfield und den Unbekannten im Gespräch zeigte. Denn trotz aller Vorsicht, die Bergfield bei der Suche nach dem Richtigen walten ließ, war es unvermeidbar, dass der Stenz und Bergfield miteinander Kontakt hatten und der Roady hatte dabei den Namen des Galans aufgeschnappt. Glücklicher Zufall. Ab dem Moment liefen bei Franco die Drähte heiß, weil er natürlich wissen wollte, um wen es sich heute handelte.

      Rudolf Meerbold. Er gab den Namen bei Google ein, doch das Suchprogramm spuckte nur einen Berufspolitiker aus, der für die deutsche Regierung tätig war. War der Name ´geliehen´ oder der Typ, der jetzt in Stellas Suite weilte, wirklich der Politiker? Der Name war sein einziger Anhaltspunkt. Wo sollte Franco ansetzen, wen fragen? Obendrein war es bereits kurz vor Mitternacht. Die soliden Bekannten, die er in Deutschland durchaus hatte, auch wenn sie ein paar Jahrzehnte älter waren als er, schliefen bereits und kannten sich zudem in der Polit-Branche nicht aus. Und die Jungs aus der Musikszene waren noch auf der Piste und würden ebenfalls wenig hilfereich sein, einen Politiker anhand eines schlechten Handyfotos zu identifizieren. Dennoch konnte er recherchieren, dass es einen Meerbold in Bonn/Berlin gab. Staatssekretär im Wissenschaftsministerium, karrieregeil, intelligent, durchaus über Leichen gehend und knallhart im Business. Mitte vierzig, jünger aussehend, großbürgerlicher Herkunft, reich, verheiratet. Könnte das der Mann sein, den er suchte? Es gab im Netz wenige Fotos von ihm, die wenig Ähnlichkeit mit dem zeigten, welches der Roady ihm geschickt hatte. Die Unterschiede erschienen auf den ersten Blick zu groß. Franco setzte eine weitere Software ein, die die Anatomie und Physiognomie des ihm zur Verfügung stehenden Fotos des Mannes, der sich als Meerbold ausgegeben hatte, abglich.

      Bingo.

      Rockfan und Staatssekretär waren ein und dieselbe Person! Daran gab es nun keinen Zweifel mehr. Franco jubilierte. Solche Treffer brauchte er, um für seinen Liebling erfolgreich arbeiten zu können. Trotzdem war es ihm in den vergangenen Stunden nicht gelungen, mehr als nur Allgemeinplätze über den Mann in Erfahrung zu bringen. Elternhaus, Schule, Internet, Studium, sein aktueller Job, seine politische Vergangenheit, Gegenwart, Ehe und so weiter. Nichts Auffälliges, oberflächlich betrachtet. Wenn da nicht der heutige Konzertbesuch und das Abschleppen von Stella wären. Das passte irgendwie schlecht zusammen. Für Franco war, die Puzzleteile zusammengefügt, eines schon jetzt zu erkennen: Der Herr führte ein Doppelleben. Francos auf die Schnelle durchgeführten Recherchen mit Hilfe seines Netzwerkes in Frankfurt hatten ergeben, dass der Mann eben nicht Reiner Seibold hieß, als der er in dem billigen Hotel eingecheckt hatte, das schnell gefunden war. In seinem Handgepäck, das Franco checken ließ – Jonathan hatte hierzu einen ehemaligen Studien-Kumpel, der zurzeit bei der US-Army in Frankfurt stationiert war, engagiert –, befanden sich Regierungsunterlagen aus Berlin. Die Papiere waren mit dem Stempel des Wissenschaftsministeriums versehen, adressiert an Staatssekretär Rudolf Meerbold. Dann waren da noch mehrere Flugtickets, von Berlin nach Brüssel, von Brüssel nach München, von München nach Frankfurt. Alles vom inzwischen vergangenen Tag. Und Frankfurt/Berlin war für den kommenden Morgen gebucht. Klar, ein Regierungstyp kann schon so viel unterwegs sein. Aber warum war er nicht direkt von Brüssel nach Frankfurt zum Konzert geflogen? Was hat er für zwei Stunden noch in München gemacht? Ein weiteres Meeting für sein Ministerium? Oder Ablenkung? Es hätte freie Plätze auf der Lufthansa-Maschine Brüssel/Frankfurt gegeben. Warum der andere Name, um abends in ein Rockkonzert zu gehen und sich Stella dann doch unter seinem richtigen Namen vorzustellen? Zumal optisch ziemlich stark verändert ...

      Merkwürdig.

      Nun ja, der Typ ist verheiratet. Sicher sollte seine Angetraute von dem Extratrip nichts erfahren. Hat er eine Geliebte in Frankfurt? Unabhängig von dem nächtlichen Erlebnis mit Stella? Waren Konzertbesuch und Flirt mit Stella Henderson der einzige Grund für die Tarnung, oder gab es da mehr? Weshalb München, bei dem gedrängten Zeitplan? Die Maskerade zum Konzert konnte er noch irgendwie verstehen. Im Business-Dress