DU GEHÖRST IHNEN.. Dankmar H. Isleib. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dankmar H. Isleib
Издательство: Bookwire
Серия: 666 - Perfektion des Bösen
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783969020050
Скачать книгу
Weiß er, dass Mick mich nahm, als ich ein zartes Groupie von knapp sechzehn war? Als ich die Musik der Stones in mich aufsaugte, um zu erfahren, zu lernen, wie man musikalische Schwingungen derartig cool, unverfälscht, rough und klar erfolgreich transportieren kann. Wie man, ohne dass der einzelne Musiker handwerklich ein Genie ist, trotzdem als Band über Jahrzehnte eine große Magie bewahren kann. Klar, Hype ist immer dabei, aber Hype funktioniert nur, wenn die Chemie stimmt. Die Chemie der Musiker untereinander, die Chemie der Songs und die Chemie zwischen Publikum und Künstler. Und die Chemie zwischen Groupies und Stars. Die schon zu dieser Zeit längst nicht mehr taufrischen Jungs der Band mit den zerlebten Gesichtern waren einfach straight, auch wenn sie bereits damals sehr gebraucht aussahen. Rock´n´Roll macht frisch. Und zehrt. Ein harter Job. Und er, der charismatische Sänger, tat den harten Job vorzüglich an mir. Ein Tier. Herrlich. Voll von Schwingungen, wie ich sie liebe, brauche.

      Und der Typ heute ...?

      Grün, als ob ich es gewusst hätte. Das Kleid ist der Wahnsinn! Natürlich trägt sie nur ihre wundervolle, frische, samtweiche, leicht gebräunte Haut darunter. Was sonst! Ich ahne es. Ich weiß es.

      Ich weiß es!

      Die Augen! Nie sieht man das goldgrün so klar, so wild und rein zugleich. Die langen Wimpern verstecken die großen, leuchtenden Pupillen – Videos täuschen. Ihre Nase passt nach Rom. Zur Zeit Cäsars müssen Göttinnen so ausgesehen haben. Wahnsinn. Sie sieht tausendmal besser aus als auf den schärfsten Videos. Dreidimensional. Diese Frau ist so umwerfend, dass ich einfach alles geben würde, um ihr auf Dauer näher kommen zu können. Dafür würde ich sogar meine Karriere aufs Spiel setzen.

      Sie ist das Spiel meines Lebens.

      Das Spiel, auf das ich immer gewartet habe, ohne zu wissen, dass es einen Abend mit Stella geben kann. Das antike Rom und Wiesbaden. Vereint im Heute. Gold und Grün. Wo ich auf Grün so stehe; es gibt eben Dinge zwischen Himmel und Erde ...

      Artigkeiten, Anzüglichkeiten, Doppelzüngigkeiten. Versteckte Gier, immer offener. In charmante Wortspielereien eingehüllt, vom vorzüglichen Dinner überdeckt.

      Endlich ...

      Nach der Fasanenbrust auf Morchelschnee und Senfsoße das Mangosoufflé, eingebettet in einem Hauch Walnussmousse. Der letzte Tropfen Champagner, ein vorzüglicher Dom Perignon, 59er Jahrgang, einen doppelten Mokka.

      Endlich ...

      Unauffällig die Unterschrift, blanko, man vertraut sich. Ein Händedruck mit dem Chef des Gourmet-Tempels; Mäntel überstreifen, wieder die neugierigen Blicke der letzten, verbliebenen Fresssüchtigen ertragen. Zeit für das gehobene Bürgertum ins Bett zu gehen. Heute war man mal wieder sehr ausgelassen. Bis weit nach Mitternacht zum Essen. Einen Star beobachtet. Da wird die Vorstandssitzung heute früh wohl etwas kürzer ausfallen müssen. Das Leben ist so anstrengend.

      Stellas Band war längst auf der Piste des Glücks der Einsamen.

      Die Fahrt zum Steigenberger Hof wird für den Fahrer des 600er Mercedes zum fantasievollen Sexfilm. Er kann nichts sehen, ahnt aber, dass seine beiden Gäste alles andere sind als ein sich angiftendes, streitsüchtiges, seit vielen Jahren – leider – verheiratetes, absolut widerwärtiges Paar sind, das nur noch darauf wartet, dass der gemeinsam gekaufte Platz auf dem Friedhof endlich vom anderen zuerst belegt wird. Versteht sich, denn man möchte das Erbe noch antreten.

      Trotzdem muss sich Jonathan, Stellas Fahrer, immens auf die Fahrt konzentrieren, schließlich hatte er noch kurz vor der Abfahrt aus Wiesbaden eine Warnung bekommen. Aber es war zu spät, zusätzliche Hilfe anzufordern, denn Sekunden nach dem Anruf musste er bereits vorfahren, um Stella und ihren Begleiter aufzunehmen. Manchmal läuft es eben nicht besser. Da er den Wagen während des nächtlichen Dinners der Turtelnden nicht verlassen hatte, obwohl die Einladung des Unbekannten auch ihm gegolten hätte, war er sich absolut sicher, dass am Wagen niemand hatte etwas manipulieren können. Also konnten die Typen, die Stella wieder mal nach dem Leben trachteten, nur die Fahrt zum Hotel nutzen oder den Weg von der Hotelgarage bis zu ihrer Suite. Oder das Attentat in ihrer Suite ausführen. Erfahrungsgemäß suchen sich Attentäter immer den schwächsten Punkt aus. Und der war die Fahrt. Nicht das Hotelzimmer, das rund um die Uhr von Security-Leuten bewacht wurde. Es sei denn, man schleust in die Security-Crew einen faulen Apfel. Doch das schien nicht möglich. Erstens arbeitete Marek sehr gewissenhaft, zweitens hatte auch Jonathans Auftraggeber alles getan, um solche Situationen auszuschließen. Und sein Chef war mehr als genau. Er war der sorgfältigste, umsichtigste und liebevollste Mensch, den Jonathan kannte.

      Also bleibt nur die Fahrt von A nach B ...

      Wenn sie gut waren, und das waren sie sicher, wussten sie, dass das Fahrzeug gepanzert war. Mit einem normalen Gewehr, einer Maschinenpistole oder Panzerfaust konnten sie nichts erreichen. Plastiksprengstoff – unmöglich. Außerdem hatte Jonathan den Wagen mehrfach kontrolliert und nicht verlassen.

      Dadurch vergrößerten sich die Chancen, ohne Probleme bis zum Hotel zu kommen. Denn eine Straßensperre auf der Autobahn zwischen Wiesbaden und Frankfurt zu errichten war so gut wie unmöglich; die Strecke gehört zu den am besten überwachten Autobahnstücken in Deutschland, da die Gegend um den Flughafen Frankfurt seit Jahren höchste Sicherheitsstufe genoss. Widersinnig. Denn sogenannter ´Terrorismus´, von langer Hand und ganz anderen Menschen geplant und durchgeführt als man es der Bevölkerung vorgaukelte, gehörte zu den Mitteln, die Bevölkerung zu verwirren und ist immer, definitiv, von den planenden Geheimdiensten so gewollt, wie er sichtbar wird.

      Terrorismus wird für den Pöbel, Volk genannt, als Ablenkung von den wahren Hintergründen und Zielen benötigt. Einfach, um rumours & fears zu schaffen, um die Völker zu beschäftigen, um zu verhindern, dass sie friedlich werden könnten. Um zu verhindern, dass sie angstfrei werden. Nordstaaten gegen Südstaaten. Protestanten gegen Katholiken, Kroaten gegen Serben. Serben gegen Kosovo-Albaner, Christen gegen Moslems, Taliban gegen Amerikaner, Palästinenser gegen Juden. Syrer gegen Syrer. Es war und ist immer dasselbe böse, Verwirrung stiftende Spiel.

      Was war und bleibt, so schlussfolgerte Jonathan, ist der Versuch eines Verkehrsunfalls. Und dem konnte Jonathan relativ gelassen entgegensehen. Es gab keinen Trick, den er nicht kannte, keine komplizierte Situation, die er nicht oftmals mit seinen Trainern, professionellen Renn- und Testfahrern, simuliert hatte. Einziges Problem, falls es zu einer Konfrontation auf der Autobahn kommen sollte: Würde Stella etwas davon merken? Jonathan entschied sich für ein Ja. Sie würde, dank ihres absolut auf den Punkt arbeitenden Intellekts, sehr schnell wissen, dass er nicht einfach nur der Fahrer ist, der sie während der Tournee von A nach B bringt. Damit musste und konnte er leben. Das war das geringste Übel. Den darauffolgenden Fragen würde er sich mit Hilfe seines Auftraggebers problemlos entziehen können. Jetzt galt es erst einmal, die Lady und ihren unsympathischen Begleiter sicher ins Hotel zu bringen. Das war sein offizieller Job und darauf verwendete er seine volle Konzentration.

      »Was machst du? Bist du auch in unserem Business tätig? Siehst fast so aus, wenn man dich genauer betrachtet. Plattenmanager, Produzent, Publisher? Lügen deine Klamotten oder sprechen sie die Wahrheit?«

      Stella hatte ihre Neugier, mehr über ihren Dinnerpartner zu erfahren, bis zu der dreißigminütigen Fahrt zum Hotel gezügelt.

      Jetzt, in das Dunkel der herbstlich kalten, ungemütlichen, von Windböen gestörten Nacht eingehüllt und auf weichen, vorgewärmten Conollyledersitzen im Fonds der Luxuslimousine sitzend, wollte sie in seine Seele eindringen. Sollte er denn eine haben. Zumindest ein Stück tief. Verletzen muss sein. In jedem Fall. Das war ihre Aufgabe. Sie ahnte, dass es nur eine einzige Nacht für sie beide geben würde. Wie so oft. Das war ihr ausschließlicher Wille. Nur eine Nacht. Jedes Mal.

      Verletzen.

      Anknipsen und ausschalten.

      Anmachen und weggehen.

      Verletzen.

      Denn daran konnte kein Zweifel bestehen: Die Männer begehrten sie. Millionen der männlichen Fans rund um den Globus verzehrten sich nach Stella Henderson.

      Und sicher auch Frauen.

      Sie ist schön, sie ist berühmt. Sie strahlt