DU GEHÖRST IHNEN.. Dankmar H. Isleib. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dankmar H. Isleib
Издательство: Bookwire
Серия: 666 - Perfektion des Bösen
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783969020050
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quer stellte, fast vom Sitz, hätte Meerbold, der in unbequemer Stellung vor ihr kniete, sie nicht kraftvoll zupackend festgehalten und ihren Aufprall gebremst.

      »Was ist los, Jon, spinnst du? Wenn du neidisch bist, sag es lieber, dann können wir drüber reden«, versuchte Stella, die völlig erschrocken und verwirrt zugleich war, die gefährlich erscheinende und völlig überraschend eingetretene Situation zu überspielen und locker auf ihre besondere, freundlich-ironische Weise in den Griff zu bekommen. Was ihr aber nicht gelang, denn ihr Tonfall zeigte dem guten Beobachter Jonathan an, dass sie sich ziemlich ängstigte, wenngleich sie das Manöver auf die leichte Schulter zu nehmen schien.

      »Tut mir leid. Alles okay, Stella. Ein besoffener Idiot hat uns gerade den Weg abgeschnitten. Ist bei Rot über die Kreuzung gerast. Alles im Griff. Kein Problem. Wirklich. Wir sind gleich da!«

      »Entschuldige. Danke.«

      Jonathan drehte das Radio noch lauter ...

      Dank ihres intensiven Vorspiels hatten weder Stella noch ihr Begleiter die eigentliche Situation, die zu dem blitzartigen Manöver ihres Fahrers geführt hatte, richtig erfasst.

      Jonathan hatte sich schon fast völlig sicher gefühlt. In Frankfurt selbst, entschied er während der bis zu diesem Zeitpunkt ruhig verlaufenden Fahrt, wird es noch schwerer werden, Stella zu killen. Es sei denn, jemand ´übersieht´ Rot und fährt in sie hinein. Das müsste ein Kamikaze-Pilot sein, denn er würde selbst dabei draufgehen, wollte er Erfolg haben oder selbst ein noch schwereres Stahlungeheuer fahren. Für eine Konfrontation der brutalen Art war ihr gepanzerter Mercedes viel zu stabil. Und anders als bei Di & Do seinerzeit in Paris war er ein mit allen Wassern gewaschener Vollprofi, ohne jeglichen Tropfen Alkohol im Blut, ohne Tabletten, weder zu schnell durch die Stadt rasend noch zugekokst, sondern hellwach und mit einem hervorragend ausgerüsteten Wagen unterwegs. Und vermutlich nicht von einem der britischen Geheimdienste verfolgt. Oder vom Mossad. Doch wer konnte das schon mit Bestimmtheit sagen? Im Spiel um Leben und Tod war alles drin. Das wusste Jonathan, der Fahrer des amerikanischen Superstars.

      Für eine gute Spritze in den Tod tun manche Verzweifelte alles ... Sollte es das sein?

      Also fuhr Jonathan, unbemerkt von den Turtelnden im Fond, oft selbst bei Rot über die Kreuzungen, sobald er das Stadtgebiet von Frankfurt erreicht hatte. Mit den gewagten Schockmanövern nahm er dem potenziellen Rotfahrer, der auf ihre Limousine wartete, die Möglichkeit, Gleiches zu tun. Denn der ging mit Sicherheit davon aus, dass der Fahrer des Wagens von Stella Henderson sich selbst im schwachen Nachtverkehr absolut vorschriftsmäßig verhalten würde. Schließlich hatte der Wagen wertvolle Fracht an Bord.

      Jonathans Manöver des Widersinnigen, theoretisch Gefährlichen, mit dem ein gedungener Attentäter nicht rechnen konnte, ging gut, bis zur Kreuzung Baldestraße. Am Straßenrand stand ein Streifenwagen der Polizei. Jonathan musste abbremsen, an der gerade rot gewordenen Ampel halten, um nicht in die Fänge der Polizei zu geraten. Wobei auch die Polizisten diejenigen sein konnten, denen er entgehen musste. Tarnung ist alles. Zeit für eine andere Entscheidung war nicht da: Du siehst Bullen und trittst auf die Bremse weil Rot ist. So läuft das in uns ab.

      Und als er wieder anfuhr, war das andere Fahrzeug – es kam von rechts, so wie er vermutet hatte, denn die Leute wussten, dass Stella immer auf dem Platz hinten rechts im Fond saß – auch schon zu sehen. Schoss mit höchster Beschleunigung auf den Mercedes zu. Nur dank des hervorragenden Reaktionsvermögens und der immensen Beschleunigung des getunten Zwölfzylinders war es Jonathan gelungen, dem Mordanschlag auf Stella um die berühmte Haaresbreite zu entgehen. Um nach dem gelungenen Blitzmanöver nicht auf ein vor ihm dahin tuckerndes Mofa aufzufahren, das gerade noch bei dunkelgelb von der Baldestraße kommend nach rechts abgebogen war, musste er Sekundenbruchteile nach seinem Ausweichmanöver und einer begonnenen Extrembeschleunigung eine Vollbremsung machen. Kompliziert. Der ganze Vorgang spielte sich in weniger als zwei Sekunden ab.

      Sie waren noch einmal davongekommen.

      Im Rückspiegel konnte Jonathan, der versuchte, so korrekt und unauffällig wie möglich weiterzufahren, erkennen, dass das Streifenfahrzeug – die Bullen waren wirklich Bullen – sofort die Verfolgung des ´Falschfahrers´ aufgenommen hatte, nachdem die gecheckt hatten, dass mit der schweren Limousine offensichtlich nichts passiert war. Von der wilden Verfolgungsjagd, die mit Schüssen auf das Streifenfahrzeug, dem Entkommen der Attentäter und mit einem schweren Crash für das Polizeiauto und zwei toten Polizisten endete, bekam Jonathan nichts mit. Es war ihm im Moment ziemlich gleichgültig, denn er musste seinen eigenen Adrenalinhaushalt erstmal wieder in den Griff bekommen.

      »Du siehst nicht gerade wie ein Regierungsbeamter aus?«, versuchte sich Stella abzureagieren, den durch das Ausweichmanöver verursachten Aufprall an die Seitenscheibe entstandenen Schmerz zu ignorieren und ihre innere Erotikuhr wieder aufzubauen, denn sie war schon viel zu scharf, als dass ihr irgendwelche Zweifel an Jons Aussage gekommen wären. Sie nahm die Antwort so hin, wollte sie so hinnehmen. Und das Austicken des Wagens dauerte ja nur Sekunden. Wer kommt da auf böse Gedanken in einer so wundervollen Nacht?!

      »Wirklich«, ein gutturales, leicht nervöses Lachen begleitete Rudolfs Antwort, der nur so tat, als hätte ihn die brenzlige Situation nicht berührt. Seine Erektion war ebenso schnell verschwunden, wie das Ausweichmanöver dauerte, und war einem starken Herzklopfen gewichen. Beides Ergebnis des Fast-Zusammenstoßes. Für ihn galt es, erneut Aufbauarbeit zu leisten. Dafür hatte er, wenn die natürliche Geilheit durch die Erotik, die die Sängerin ausstrahlte, nicht ausreichen würde – was er sich nicht vorstellen konnte – sein weißes Pülverchen, das ihm sehr viel bessere Dienste leistete, als es Viagra je würde tun können ...

      »Deine Kleidung. Überhaupt dein Äußeres. Du bist viel zu modern, zu schrill für einen Regierungstypen. Hey, willst du mich auf den Arm nehmen.«

      »Vierzig Sekunden. Denn meine Antwort war richtig, glaub es. Nein, ich habe nicht die Absicht, dir etwas Falsches zu erzählen. Ich bin nur unglaublich heiß auf dich!«

      Stella beugte sich zu ihm herunter, biss leicht in sein rechtes Ohr und flüsterte ihm etwas hinein, dass ihn fast wahnsinnig machte und recht schnell das Vorgefallene vergessen ließ. Auch sie reagierte sich auf ihre Weise ab.

      Sie ist noch viel heißer, als ich es je anzunehmen wagte, durchfuhr es ihn. Scheiß auf die Etikette, Herr Staatssekretär, lass das Animalische, das in dir steckt, endlich raus. Die Zeit ist knapp.

      »Also im Wissenschaftsministerium.«

      »Ja.«

      »Minister etwa, junger Spund?«

      »Staatssekretär. Die erste Minute ist voll, Darling!«

      Der schwarze Mercedes fuhr direkt in die Tiefgarage des Steigenberger Hofs; durch die getönten Scheiben konnten Stella und Rudolf die Fans, die noch immer vor dem Haupteingang ausharrten, um ein Autogramm ihres Idols zu erhaschen, nur flüchtig wahrnehmen. Ganz zum Leidwesen des Portiers, der das für ihn schrille Rockpublikum gar nicht so gern vor seinem Edelschuppen sah. Aber was konnte er schon dagegen machen! Hotels wie der Steigenberger Hof leben nun mal von den Stars und den Reichen der Erde. Ihnen verdankte er seinen Job ...

      Der Fahrer war direkt bis an den Lift gefahren, sprang, zuerst mit geübtem Blick nach allen Seiten hin die Garage nach Gefahren absuchend, aus dem Wagen, rief einen Fahrstuhl, wartete an der rechten hinteren Tür, bis der Lift sich mit einem ´Bling´ ankündigte, um sie dann aufzureißen und seine beiden Gäste, die ihn von seiner eigentlichen Aufgabe während der gut dreißigminütigen Fahrt emotional ziemlich abgelenkt hatten, in den Fahrstuhl zu begleiten.

      Er drückte auf 14, stieg selbst mit ein, obwohl das nicht sein Job war, und begleitete die Fahrt des Lifts. Als der ohne Zwischenstopp in der vierzehnten Etage angekommen war, fuhr er sofort, nach einem freundlichen zu Stella gewandten »good night«, – den Pfau ließ er links liegen, das konnte er sich leisten – wieder abwärts zur Garage und setzte sich, erschöpft und glücklich zugleich, in den schweren Wagen. Er griff zum Telefon, wählte noch einmal die Suite von Stella: »Alles okay, Stella?«

      »Danke, Jonathan. Und danke auch für das tolle Ausweichmanöver. Das hätte schiefgehen können. Ich