Er sagte etwas, das die gesamte Gruppe dazu brachte, ihre Gläser zu nehmen und sich mit ihrem betrunkenen Tumult in einen anderen Teil der Bar zurückzuziehen. Anschließend nahm er wieder auf seinem Hocker Platz und bedeutete mir, mich ebenfalls zu setzen.
Verlegen kam ich der Aufforderung nach. „Wow. Was hast du ihnen gesagt?“
Jun schüttelte nur den Kopf und griff nach einer Garnele.
„Ernsthaft.“
Er sah mich an. „Ich habe eigentlich nicht vor, mich in deine Angelegenheiten einzumischen, aber ein solches Verhalten ist inakzeptabel.“
Ich zuckte mit den Schultern. „Schon gut. Aber du weißt, dass ich sonst selbst etwas gesagt hätte, oder?“
„Natürlich.“ Er schob sich die Garnele in den Mund und murmelte: „Aber manchmal kann ich nicht anders, als das Arschloch mit der Dienstmarke zu spielen … Die schmecken hervorragend.“
EINE SACHE hatte ich nach dem Essen mit Jun unbedingt vor: Ihn nach Hause bringen, unsere Klamotten loswerden, etwas Schmutziges tun und dabei mit aller Macht hoffen, dass meine Kataplexie sich nicht meldete. Ich meine, ich hätte nichts dagegen gehabt, es langsam anzugehen, wenn Jun das wollte und darüber zu reden, wie es mit unserer potenziellen Beziehung aussah, denn das war, wie man ehrlich sagen musste, für beide von uns noch eine Grauzone. Aber nachdem er am Flughafen vergessen worden war und dann in der Bar mit meiner unkonzentrierten, chaotischen Gegenwart hatte umgehen müssen, verdiente Jun einen verdammten Blowjob.
Wo landeten wir also stattdessen? Im Smith-Haus.
„Jun“, sagte ich, wobei ich mich bemühte, nicht wie ein weinerliches Gör zu klingen. „Mein Häuschen ist wesentlich einladender. Lass uns zu mir fahren. Du kannst auspacken und dich entspannen … Ich könnte dir die Füße massieren.“
Jun sah mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an, die mehr sagte, als er selbst es üblicherweise tat.
„Ich könnte etwas anderes massieren“, versuchte ich es mit meinem besten verführerischen Blick.
Das brachte ihn zum Lächeln, was absolut nicht die Reaktion war, auf die ich es abgesehen hatte. Er streckte eine Hand aus, um mir kurz über den Hinterkopf zu streicheln. „Sie sind sehr niedlich, Mr Grant.“
Oh, okay, wenigstens war er zum Schäkern aufgelegt. Mr Grant nannte er mich immer, wenn er flirtete. „Also? Du, ich, mein Haus, und vielleicht könnten wir auf dem Weg ein oder zwei Hosen loswerden?“
„Ich würde lieber erst deinen Arbeitsplatz sehen.“ Jun löste seine Hand von meinem Haar und ließ sie kurz an meinem Hals verweilen, bevor er sie senkte. „Und diesen verdächtigen Schrank.“
Ich stöhnte recht theatralisch, ergriff jedoch seine Hand und zog ihn in Richtung Souvenirladen. „Na gut. Aber kein Trödeln. Rein und wieder raus, okay?“
„Okay.“
Ich führte ihn hinein und freute mich darüber, eine beachtliche Zahl von Touristen im Raum umhergehen zu sehen. Eigentlich hatte ich das Haus nach dem morgendlichen Fiasko nicht wieder öffnen wollen, doch ohne eine Leiche gab es keine ernsthafte Entschuldigung dafür, alles zu schließen. Hätte der Vorstand unserer gemeinnützigen Organisation davon – und von meiner nicht direkt überzeugenden Begründung für die Schließung – gehört, wäre ich im Handumdrehen in die Wüste geschickt worden. Also hatte Adam wieder mit dem Verkauf von Eintrittskarten begonnen, als Jun und ich uns auf den Weg zum Mittagessen gemacht hatten.
„Hi, Aubrey“, rief mir Adam von der Kasse zu.
„Ist hier alles okay?“
Adam nickte. „Zumindest hat bisher niemand von unansehnlichen Besuchern im Haus berichtet.“
„Sehr witzig“, antwortete ich trocken. „Ich bin nicht offiziell hier, ich zeige Jun nur das Haus und dann verschwinden wir wieder.“
Adam warf einen Blick auf Jun. „Alles klar.“
Ich führte Jun hinaus und in den Garten. Einige Besucher spazierten dort über die Wege, machten Fotos und lasen die Informationstafeln an einigen der seltenen und schönen Pflanzen, die sich vor Ort befanden.
Juns Hand legte sich auf meinen Rücken, und meine Güte – mir war nicht klar gewesen, wie sehr ich derartige Berührungen eines Mannes vermisst hatte. „Ich glaube, dein Angestellter mag mich nicht.“
Ich riss meine Aufmerksamkeit von Juns Hand los, um stattdessen zu ihm aufzusehen. „Adam?“
„Mhm.“
„Wie kommst du darauf?“
„Nur so ein Gefühl.“
„Wieso? Melden sich deine Polizeiinstinkte?“
Juns Mund verzog sich zu einem schwachen Lächeln und er setzte sich in Bewegung, ging auf das vor uns aufragende Haus zu. „Nein.“
„Weißt du, er kommt absolut nie zu spät. Er wartet schon auf der Veranda, wenn ich zur Arbeit komme. Adam ist ein guter Junge.“
„Wenn er nicht gut wäre, hättest du ihn nicht eingestellt“, sagte Jun, womit er mir zuzustimmen schien.
„Wieso glaubst du dann, er würde dich nicht mögen? Adam mag jeden.“
„Freundesinstinkte.“
Ich blieb stehen, grinste und stemmte die Hände in die Hüften. „Ohhh.“
Jun blieb stehen, um sich zu mir umzudrehen. „Nicht dass …“
„Nein, nein, ich verstehe schon“, unterbrach ich ihn, wobei ich spürte, wie sich ein freches Grinsen auf meine Lippen legte. „Mr Tanaka, bitten Sie mich gerade offiziell, Ihr Freund zu werden?“
Jun schluckte mit hüpfendem Adamsapfel. „Nicht direkt.“
„Warum nicht?“
„Ich will nicht, dass du dich verpflichtet fühlst. Vor allem, weil ich zu Besuch bin und bei dir wohne …“ Er zuckte mit den Schultern.
„Ich werde wohl alt, denn ich habe noch nie etwas, das mir jemand gesagt hat, so attraktiv gefunden.“
Jun wandte kurz den Blick ab, hielt sich eine Hand vor den Mund, um ein Lachen zu unterdrücken. „Also suchst du mittlerweile keinen Mann mehr, der sexy und leidenschaftlich ist?“
„Oh, und ob“, verbesserte ich ihn. „Aber ein Kerl, der auch gern über meine Gefühle redet? Das macht mich an.“ Ich ging einen Schritt auf ihn zu. „Ganz zu schweigen von Männern, die Fußleisten abstauben und sich mit Buchführung auskennen.“
Jun sah sich um, als wollte er sicher sein, dass sich keine gaffenden Touristen in der Nähe befanden und ergriff meine Hand, um mich näher an sich zu ziehen. „Auf mich trifft beides zu“, bestätigte er.
„Ja? Meine Jeans wird mir gerade etwas zu eng.“
Fältchen bildeten sich neben Juns Augen, als er lachte. „Und weißt du, welches andere Talent in meinem Lebenslauf steht?“
„Welches?“
„Es kam schon vor, dass ich Furcht einflößende Insekten aus dem Haus gebracht habe.“
„Oh, verdammt. Du machst mir jetzt besser einen Antrag. Dich lasse ich nicht mehr gehen“, sagte ich laut lachend.
Jun küsste meine Stirn.
„Also, wie sieht’s aus, Mr FBI? Willst du meine bessere Hälfte werden?“
Wie gesagt, Jun war ziemlich still. Es war irgendwie süß, weil ich ihn schon im offiziellen FBI-Modus erlebt hatte. Er war ein knallharter Typ wie aus