Ich musste zugeben, dass das Smith-Haus bei Nacht … anders war. Obwohl sich die Duval ganz in der Nähe befand, wo Bands spielten und laute Betrunkene die Bars bevölkerten, war es im Innern des Hauses, als könne nichts davon die Wände durchdringen. Ein bisschen unheimlich – nur ein klitzekleines bisschen. Aber verratet niemandem, dass ich das gesagt habe.
„Und nun?“, fragte Jun.
„Ich gehe durchs Haus, um zu bestätigen, dass alles in Ordnung ist und fahre wieder nach Hause.“
„Aubrey“, sagte Jun erneut in seinem Nicht-glücklich-Tonfall. „Ich will nicht, dass du das auch weiterhin allein tust. Es ist Nacht und hier gibt es wertvolle Gegenstände. Was passiert, wenn tatsächlich mal jemand einbricht und du nicht mit Gefahr rechnest?“
„Jun …“
„Ich meine es ernst.“ Obwohl sich sein Gesicht halb im Schatten befand, erkannte ich, dass er mich mit seinem verärgerten Polizistenblick bedachte – etwas, das ich seit New York nicht mehr gesehen hatte. Und es gefiel mir nicht, derjenige zu sein, auf den er gerichtet war.
„Du weißt aber schon, dass ich kein hilfloser kleiner Waschlappen bin?“ Ich näherte mich der Treppe und begann hinaufzugehen.
„Das habe ich auch nie gesagt.“
Ich wedelte stöhnend mit den Händen. „Ich sage dir doch auch nicht, wie du deine Arbeit machen sollst, oder?“
„Das ist nicht dasselbe. Hier geht es um deine persönliche Sicherheit.“
„Dann kaufe ich mir eben Pfefferspray“, sagte ich halbherzig, um ihn hoffentlich dazu zu bringen, das Thema zu beenden.
„Aubrey“, wiederholte er.
„Oh, Mann, Jun. Jetzt beruhig dich mal, okay?“, sagte ich und drehte mich auf der Treppe zu ihm um. „Es ist okay. Alles ist okay. Warte einfach kurz hier und lass mich meine Arbeit machen, damit wir nach Hause fahren können.“ Ich widerstand meiner schlechten Angewohnheit, die Augen zu rollen und legte den Rest des Weges zum ersten Stock zurück.
Da ich das Haus in- und auswendig kannte, machte ich mir meistens nicht die Mühe, Lichter einzuschalten, bis ich im zweiten Stock angekommen war und mich dann nach unten vorarbeitete. Juns Paranoia reichte nicht aus, um mich von dem zur Routine gewordenen Ablauf, dem ich bei jedem falschen Alarm folgte, abzubringen. Es bestand nicht der geringste Grund zu der Annahme, dass sich irgendwo im Dunkeln ein psychopathischer Einbrecher/Mörder/Gangsterboss aufhielt – oder was Jun dort sonst vermutete.
Bisher war ich abgesehen von „Skellis weltberühmtem Verschwindezaubertrick“ niemals auf etwas Beunruhigendes gestoßen und rechnete nicht damit, es jemals wieder zu tun. Aber erinnert ihr euch, was die Leute über mich sagten?
„Mr Aubrey Grant, was leben Sie nur für ein seltsames Leben.“
Und ob ich das tat.
Ich stolperte über etwas, das mitten im Flur der ersten Etage lag, fiel der Länge nach hin und landete auf der anderen Seite des Objekts. Bei der langen Reihe von Flüchen, die ich daraufhin ausstieß, drehte sich meine Großmutter vermutlich mehrere Male im Grabe um.
„Was war das?“, rief Jun im Erdgeschoss. „Aubrey?“
„Alles okay“, antwortete ich. „Bin nur gestolpert.“
Als es mir gelungen war, mein Handy aus meiner Gesäßtasche zu zerren und die Taschenlampenfunktion einzuschalten, wurde mir klar, dass ich mich an Leichen gewöhnen und sie der Liste mit merkwürdigen und ungewöhnlichen Dingen in meinem Leben hinzufügen musste.
Denn auf dem Boden des Flurs lag ein toter Mann, aus dessen Brust ein hölzerner Marlspieker ragte.
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.