Mord in Key West. C.S. Poe. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: C.S. Poe
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783960894131
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hinzu. „Aber für dich, ich weiß nicht, ob …“

      Jun streckte unverzüglich eine Hand aus und verflocht seine Finger mit meinen, drückte sanft zu. „In Ordnung?“

      Sogar sehr.

      Wir befanden uns auf dem Weg zur Promenade, die man vom Smith-Haus zu Fuß in kaum zehn Minuten erreichte. Überall wimmelte es von Touristen. Einige trugen Badeanzüge und benötigten dringend mehr Sonnencreme, andere zogen Stadtpläne zurate, um das Kunstmuseum oder den Schmetterlingsgarten zu finden – oder einfach eine Bar, denn irgendwo auf der Welt war es sicher schon Abend, nicht wahr? Boote hatten angelegt und die Wasseroberfläche schimmerte in der Nachmittagssonne. Später, vor dem Sonnenuntergang, würden sich Straßenverkäufer und -künstler am mit Menschen überfüllten Mallory Square eingefunden haben, wo alle mit „Aaahs“ und „Ooohs“ den hübschen Himmel bestaunten.

      Und das war nicht sarkastisch gemeint. Es ist wirklich schön hier in Key West.

      Ich ging auf ein weißes Gebäude am Wasser zu. Die schablonierten Buchstaben an der Seite waren zwar seit langer Zeit durch die Sonne verblasst, jedoch gerade noch lesbar.

      Sea Shack Beer & Grub.

      „Von innen ist es schöner“, sagte ich. „Na ja … zumindest ist das Essen gut. Für die gegrillten Garnelen würde ich sterben.“

      Jun folgte mir lächelnd hinein.

      Alle Tische waren von Familien besetzt, weshalb es nur noch an der dreiseitigen Bar einige Plätze gab. Oben an der Wand hingen mehrere Fernseher, die Sport zeigten. An der gegenüberliegenden Seite trug die Brise durch eine Reihe offener Fenster den Geruch des Meeres herein.

      „Ist die Bar dir recht?“, fragte ich.

      „Klar.“

      Ich schnappte mir zwei Hocker, bevor es die gerade ankommende Horde College-Jungs tun konnte. Sie ließen sich etwas weiter entfernt auf Juns anderer Seite nieder. „Also“, sagte ich und atmete tief durch. „Hattest du einen guten Flug?“

      Juns Lächeln war zugleich herzerweichend lieblich und geradezu lächerlich sexy. Es war unfair, wie leicht er diese Gleichzeitig-nett-und-unanständig-Nummer abzog. Das Lächeln war nicht breit, nur ein hochgezogener Mundwinkel mit geschlossenen Lippen. Doch es lag an seinen Augen. Ohne jetzt schmalzig klingen zu wollen: Sie funkelten praktisch vor Freude, wenn er glücklich war.

      „Er war nett. Der Katzensprung von New York nach Florida ist wesentlich angenehmer als die vierzehnstündigen Flüge nach China und Japan.“

      Oh, richtig: Jun arbeitete in der Abteilung für organisiertes Verbrechen und war auf kriminelle Organisationen in Asien spezialisiert. Er setzte üble Typen wie Triaden und Yakuza außer Gefecht. Er sprach drei Sprachen und arbeitete mit internationalen Organisationen zusammen, um die Banden im Untergrund zu stoppen. Jun war also praktisch ein Superheld. Was nun, da ich total verrückt nach ihm war, verdammt beängstigend sein konnte. Schließlich schossen Leute auf ihn.

      „Hallo, meine Herren“, sagte die Barkeeperin abgelenkt, als sie sich näherte. „Kann ich euch etwas bringen?“

      „Sapporo vom Fass“, sagte ich.

      Jun warf mir einen Seitenblick zu, bevor er sagte: „Für mich dasselbe.“

      „Und können wir gegrillte Garnelen bekommen?“, fügte ich hinzu.

      Nickend entfernte sie sich, um unsere Getränke zu holen.

      „Ich dachte, du kannst nicht trinken“, sagte Jun, während er sich mir zuwandte, um mich genauer zu mustern.

      „Tja, ein Bier wird mich nicht umbringen. Ich soll eigentlich keinen Alkohol mit meinen Stimulanzien mischen … welche ich heute Morgen vergessen habe. Also …“ Ich zuckte mit den Schultern.

      Die Barkeeperin kehrte zurück, platzierte auf der Theke zwei Bierdeckel, die schon bessere Zeiten gesehen hatten und stellte unsere Gläser ab. „Das Essen kommt in ein paar Minuten.“

      Jun bedankte sich und hob sein Bierglas. „Worauf trinken wir?“

      „Darauf, dass ich hoffentlich mein Handy wiederfinde und dich dann in Zukunft nicht mehr an Flughäfen stehen lasse?“, schlug ich vor, während ich ebenfalls mein Glas nahm.

      Er lächelte. „Lass uns auf diese Woche trinken und auf alles, was sie bringt.“

      „Die schönen und die hässlichen Dinge?“, fragte ich und stieß mein Glas gegen seines. „Du hast nämlich noch nicht gesehen, was für ein grauenhafter Anblick ich morgens nach dem Aufstehen bin.“

      „Ich bin sicher, dass du absolut umwerfend aussiehst“, murmelte Jun, bevor er einen Schluck Bier trank.

      Uuuuund jetzt wurde ich rot. Verdammt. Ich trank einige Schlucke Bier, um mich zu beschäftigen.

      „Also, was macht dich so nervös?“, fragte Jun.

      „Abgesehen von dir?“ Anmachsprüche hatte ich echt drauf.

      „An mir liegt es nicht“, sagte er, wobei sich ein leises Lachen durch seine Worte wand.

      Offenbar hatte ich Anmachsprüche nicht drauf. „Es ist nicht wichtig.“

      Jun zog eine perfekte Augenbraue hoch. „Lass hören.“

      „Ach, komm schon“, jammerte ich. „Ich will nicht, dass du mich schon am ersten Tag hier ansiehst wie einen Verrückten mit einem Vogel oder so.“

      Jun richtete sich auf. „Was ist los, Aubrey?“ Er war jetzt vollkommen ernst, was die Stimmung zerstörte.

      Ich runzelte die Stirn und rieb mit den Fingern über mein Glas, um die Tropfen daran einzusammeln, bis mir klar wurde, dass die Geste ziemlich anzüglich wirkte, weshalb ich abrupt aufhörte. „Die Zusammenfassung für Lesefaule wäre: Heute Morgen habe ich im zweiten Stock des Smith-Hauses ein Skelett im Schrank gefunden und als die Polizei kam, war es verschwunden.“

      Jun betrachtete nachdenklich sein Bier, überkreuzte seine langen, attraktiven Beine und schwieg.

      „Du willst doch nicht etwa so tun, als hättest du für die Behauptung keinen passenden Spruch parat. Ich hatte nichts getrunken. Und ich habe es mir nicht eingebildet.“

      „Aber du hast ein Skelett gesehen“, sagte Jun. „Das glaube ich dir.“

      Ich legte den Kopf schräg. „Warum?“

      „Warum nicht?“

      „Ähm, nur, weil es sonst niemand tut.“

      Jun nahm sein Glas und trank einen Schluck. „Wäre es dir lieber, wenn ich es bezweifeln würde?“

      „Gott, nein.“

      „Dann sollten wir herausfinden, warum es im Schrank war“, schlussfolgerte Jun.

      Ich wedelte abwehrend mit den Händen, wobei ich mein Bierglas umstieß. „Oh, Scheiße. Verdammt!“ Ich stellte das Glas hin, während ich aufsprang, weil sich Sapporo über die Bar, meinen Schoß und den Boden ergoss. „Das ist frevelhaft.“

      Während Jun aufstand und mit einem Stapel Servietten das Schlimmste aufsaugte, näherte sich schon die Barkeeperin. Sie nahm das durchweichte Papier und warf es fort, bevor sie den Rest mit einem Lappen reinigte. Mit weiteren der hauchdünnen billigen Servietten rieb ich über meine Hose, doch das Papier löste sich lediglich auf und zerfiel auf dem Stoff zu einem weißen Brei.

      Igitt.

      „Willst du ein neues Bier?“, fragte Jun.

      „Lieber nicht“, antwortete ich kleinlaut. Meine Wangen brannten und ich konnte ihn kaum ansehen. Ich war so verdammt verlegen.

      Unsere Barkeeperin kam zurück, um unsanft zwei Körbchen mit Garnelen und ein Glas Wasser vor uns abzustellen. „Du weißt doch selbst, dass du nicht trinken solltest, Aubs“, sagte sie streng, bevor sie sich wieder entfernte.

      Jun klopfte auf meinen