Dann war ihr die große Klauenfußbadewanne eingefallen und sie hatte an all die Zeiten im indischen Exil gedacht, als sie sich etwas so Simples wie ein heißes, beruhigendes Bad gewünscht hatte. Also war sie ins Badezimmer gegangen und hatte festgestellt, dass Lucas große flauschige Handtücher, frische Lavendelblüten und Badesalz für sie vorbereitet hatte, zusammen mit all ihren bevorzugten Pflegeprodukten.
Jetzt war sie dabei, sich zurück ins Leben zu weichen. Ihre Wehwehchen waren verschwunden, zusammen mit der emotionalen Erschöpfung.
Sie stieg aus der Wanne und ließ das Wasser ab, dann trocknete sie sich ab und zog sich schnell an. Sie wählte ein einfaches Outfit, ihre geliebten Jeansshorts mit einem dunkelblauen Bandeau-BH und einem trendigen grauen Baumwolltanktop. Lucas stand auf ihre blasse Haut und er mochte es, wenn sie möglichst viel davon zeigte. Da sie es sich durchaus erlauben konnte, tat sie genau das.
Die Schuhreihen in ihrem Schrank würdigte sie kaum eines zweiten Blicks, denn das Anwesen war exklusiv für Wölfe vorbehalten und das bedeutete, dass der Komfort vorging. Lucas, Walker oder Ben hatten im Haus kein einziges Mal Schuhe getragen, nicht einmal im Garten trugen sie welche. Schuhwerk war für die Welt der Menschen und Aurelia würde diese Welt eine ganze Weile nicht mehr betreten. Jedenfalls nicht, solange ihr Abkommen mit dem US-Justizministerium nicht geklärt war. Lucas’ Anwälte waren noch dabei, über die Details zu streiten und ihr den bestmöglichen Deal auszuhandeln. Bis dahin würde sie sich in North Carolina verstecken und im Moment hätte sie nicht glücklicher sein können.
Aurelia verließ die Suite, die sie mit Lucas teilte und ging nach unten in den Wohnbereich des Anwesens. Die riesige Küche war leer, auf einem der großen Sofas aber lag Ben zusammen mit seinem Laptop ausgebreitet. Dunkles Haar, hübsche dunkelblaue Augen, die durch seine große schwarze Wayfarer-Brille nur hervorgehoben wurden. Er trug seine übliche enge Jeans und Streifenshirt, war barfuß und wie immer der heiße Geek.
Ben war in seine Aufgabe vertieft und weil er der verantwortliche Programmierer bei einem der 500 größten Unternehmen war, das er zusammen mit Lucas und Walker besaß, wollte Aurelia unbedingt erfahren, woran er gerade arbeitete. Sie wollte zu ihm rübergehen und ihn ausfragen, dann aber erblickte sie Lucas draußen auf der hinteren Veranda und wechselte ihren Kurs.
Groß, muskelbepackt, herrlich blond gelocktes Haar … sogar von hier aus konnte sie die fesche graue Strähne auf seiner Stirn sehen, die seine Silberaugen hervorstechen ließ. Er war unrasiert, eine Seltenheit für den sonst so peniblen Lucas.
Er trug dunkle Jeans und ein graues Hemd, das selbst in seiner Freizeit makellos saß. Als er ihre Anwesenheit spürte, drehte er sich um und ein Lächeln erhellte sein Gesicht. Sie näherte sich und ihr Magen überschlug sich einmal, als sie seine Freude über ihre Ankunft sah.
“Aurelia,” sprach Lucas und sie bekam eine leichte Gänsehaut, als sie ihren Namen hörte. Auf seinen Lippen hörte er sich an wie ein Gebet. Diese Art der Anbetung war gefährlich. Ergreifend.
“Ich habe mich schon gefragt, ob du mich alleingelassen hast,” sprach sie und trat auf die Veranda.
“Heute Morgen hatte ich in Asheville etwas zu erledigen. Du hast so friedlich geschlafen, da wollte ich dich nicht aufwecken,” erklärte er. Er ergriff ihre Hand, zog sie die Treppe herunter und in den Garten hinaus.
“Ich verstehe nicht ganz, warum ich nicht aufgewacht bin. Immerhin hatte ich am Morgen Diamanten um den Hals,” sprach sie und blickte durch die Wimpern zu ihm auf.
“Die Kette? Nennen wir sie einen Vertragsbonus. Du bist zwar erst seit ein paar Tagen hier, aber du bist alles, was ich mir hätte wünschen können,” erklärte er. Dann hielt er an und zog sie zu sich heran. Er beugte sich runter und strich einen sanften Kuss über ihre Lippen.
Aurelia konnte spüren, wie sie in seinen Armen langsam dahinschmolz und sie wusste, welches Vergnügen sie in Lucas’ Bett erwartete, kurz darauf jedoch ließ er sie wieder los. Sie biss ihre Lippe, als er ihre Hand nahm und sie zu den Bäumen führte.
“Ich möchte etwas mit dir besprechen,” sagte er.
“Okay,” willigte sie ein.
Seine Augen suchten die Bäume ab, als sie über die Wiese schlenderten.
“Worum geht’s?” fragte sie neugierig.
“Uns. Das Anwesen. Und der Harem,” sprach er.
“Ähm, okay,” erwiderte sie so unaufgeregt wie möglich.
“Walker ist gestern abgereist,” sprach Lucas und hielt dabei ihre Hand.
“Ich habe ihn mit Schuhen gesehen,” erwiderte Aurelia. Lucas schmunzelte und nickte.
“Er ist gegangen, um das nächste Mitglied unserer Gruppe abzuholen,” sprach er.
“Noch eine Frau? Ich wusste nicht, dass ihr schon so bald noch jemanden dazu holt,” entgegnete Aurelia mit einem Kloß im Hals. Wollte Lucas ihr etwa damit sagen, dass er sie jetzt schon aufs Abstellgleis stellen wollte?
“Geplant war es so nicht,” räumte Lucas ein. “Vorher wollte ich dir die Chance geben, dass du Ben und Walker besser kennenlernst, ehrlich gesagt wollte ich mehr Zeit für uns beide haben. Aber es ist etwas dazwischengekommen und wir müssen das nächste Weibchen jetzt gleich zu uns holen.”
“Und du hast Walker geschickt, um sie zu holen?” fragte Aurelia überrascht. “Er ist nicht gerade, ähm … der freundlichste Typ auf dem Planeten.”
“Er ist sehr zurückgezogen und lässt nur schwer an sich rankommen. Seine sachliche Herangehensweise ist in dieser Situation aber genau das richtige. Das nächste Weibchen wird es in sich haben und ich glaube, dass er genau der richtige ist, um sie zu überzeugen. Zugegeben, ich glaube, dass sie perfekt zusammen passen.”
“Klingt, als ob du sie extra für ihn ausgesucht hast,” entgegnete Aurelia und achtete auf Lucas’ Gesicht.
“Das hab’ ich auch, aber keiner der beiden weiß davon. Ihre Ankunft wird allerdings einiges hier ändern und so, wie es jetzt aussieht, sind wir bei Weitem keine stabile Einheit. Ich wollte sichergehen, dass wir das vor ihrer Ankunft besprechen und dass wir beide unsere Wünsche zum Ausdruck bringen.”
“O-kay …” Aurelia war nicht sicher, was sie sagen sollte. Am besten wäre wohl, wenn erstmal er seine Absichten zum Ausdruck brachte. Als er auf dem bewaldeten Pfad Halt machte und sie einmal mehr an sich heranzog, fing ihr Herz schmerzhaft zu hämmern an.
“Du bist meine Wahl, Aurelia,” begann er. “Ich habe dich über ein Jahr lang beobachtet. Ich habe dich aufgespürt, dich in mein Haus geholt. Dich zum ersten Weibchen in meinem Harem gemacht.”
Sie nickte, schluckte einmal und blickte zu ihm auf. Dann wurde er leiser und sie stand wie angewurzelt da.
“Ich möchte dich kennenlernen, alles über dich erfahren. Ich möchte mir Zeit mit dir lassen, aber das ist schwierig. Ich spüre einen starken sozialen Druck, eine Verlobung bekannt zugeben. Mein Wolf will, dass ich aktiv werde und dich erobere, bevor mir ein anderer zuvorkommt. Würde ich auf meinen Instinkt hören, dann würde ich jetzt meine Zähne in deinen Hals schlagen und dich markieren, ich würde dich auf den Boden werfen und dich ficken, bis du mir versprichst, dass du mir gehörst und ich würde dich hierbehalten, bis du mein Kind im Schoße trägst,” flüsterte er.
Aurelia stieß einen hissenden Atemzug aus, sie war überrascht. Ein Teil von ihr war begeistert, ein anderer Teil war skeptisch. Es war zu früh für ihn, um ihr eine solche Ankündigung zu machen!
“Ich möchte es und ich hoffe, du möchtest es auch. Aber ich bezweifle, dass wir schon bereit