Schriften in deutscher Übersetzung. Plotin. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Plotin
Издательство: Bookwire
Серия: Philosophische Bibliothek
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783787339341
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was etwa nach ihm entsteht, muß notwendig entstanden sein indem Jenes unverwandt auf sich selbst gerichtet war; ganz ausschließen müssen wir dabei die Entstehung in der Zeit, da wir es zu tun haben mit dem ewig Seienden; sondern wir legen ihnen nur dem Ausdruck nach Entstehung bei, um damit dem Verhältnis von Ursache und Wirkung und ihrer Rangordnung gerecht zu werden, und müssen also sagen, daß das was in diesem Sinne aus dem Ersten entsteht, entsteht indem Jenes sich nicht bewegt. Denn wenn es sich bewegte während etwas entsteht, so würde das Entstehende erst nach der Bewegung als ein Drittes eintreten und nicht gleich als Zweites. Wenn also etwas Zweites, unmittelbar nach Jenem seiendes dasein muß, so muß es in die Existenz getreten sein, während Jenes unbewegt war, sich nicht zu ihm neigte oder einen Entschluß faßte oder überhaupt sich irgend bewegte.

      Aber wie kommt das zustande und als was muß man es sich denken? Es umgibt Jenes, ist ein rings aus ihm strahlender Glanz, aus ihm wobei Es aber beharrt; so wie der Glanz der Sonne der sie gleichsam umspielt der ständig aus ihr geboren wird wobei sie aber beharrt. Alle seienden Dinge lassen so, solange sie Bestand haben, aus ihrem Wesen notwendig ein Existentes zur Wirklichkeit werden, welches außen um sie liegt und abhängt von der Gegenwart ihrer Kraft, als ein Abbild gleichsam der Urbilder aus denen es hervorwuchs: das Feuer die von ihm ausstrahlende Wärme; auch der Schnee verschließt die Kälte nicht nur in seinem Innern; vorzüglich bezeugen das alle wohlriechenden Stoffe, denn solange sie da sind, strömt ein Etwas ringsum aus ihnen hervor, und daher gewährt ihre Existenz allem Benachbarten Genuß. Ferner aber: alles was soweit gelangt ist daß es reif ist, zeugt; das nun was ewig reif und vollendet ist, zeugt ewig und ein Ewiges, zeugt aber ebenfalls etwas das geringer ist als es. Was muß man also von dem Allervollkommensten und Reifsten erwarten? Nichts kann aus Ihm hervorgehen als das Größte nach ihm; das Größte aber nach ihm ist der Geist und folgt ihm sogleich als Zweites. Sieht doch der Geist Jenen und bedarf allein seiner, während er des Geistes in keiner Hinsicht bedarf. Auch muß das was aus einem Höheren als der Geist erzeugt wird, Geist sein; der Geist ist höher als alle andern Dinge, denn die sind nach ihm, wie denn auch die Seele der Gedanke des Geistes und sozusagen seine Wirksamkeit ist, so wie der Geist die des Einen. Nun ist der Gedanke in der Seele nur ein dunkler, denn er ist gleichsam nur ein Nachbild des Geistes, und darum muß sie auf den Geist blicken; der Geist aber gleichermaßen auf Jenen, damit er Geist sei. Er sieht Ihn aber nicht als von ihm getrennter, sondern weil er unmittelbar nach Jenem ist und nichts dazwischensteht, wie auch nichts zwischen Seele und Geist. Es verlangt ja ein jegliches nach seinem Erzeuger und liebt ihn, und ganz besonders wenn Erzeuger und Erzeugtes allein sind; ist aber der Erzeuger auch noch das höchste Gut, so ist das Erzeugte mit Notwendigkeit bei ihm, so daß es allein durch die Andersheit von ihm geschieden ist.

      [7]Wir nennen aber, denn wir müssen uns deutlicher ausdrükken, den Geist ein Abbild von Jenem erstlich darum, weil das Erzeugte in gewissem Sinne ein ‘Jenes’ sein, vieles von Ihm bewahren und Ähnlichkeit mit ihm haben muß, wie sie auch das Licht mit der Sonne hat. Aber doch ist Jenes nicht Geist; wie kann es da den Geist erzeugen? Nun, in dem Gerichtetsein auf sich selbst erblickte es sich selbst, und dies Erblicken ist der Geist (Denken). Denn das was dies Auffassen tätigt, ist etwas anderes als Wahrnehmung oder Geist … Die Wahrnehmung als Linie und so weiter … Aber der Kreis ist doch seiner Beschaffenheit nach teilbar, während das Eine sich nicht so bewegt. Nun, es gilt auch hier, daß es Eines ist, aber dies Eine ist Vermögen und Möglichkeit aller Dinge; die Dinge also deren Vermögen es ist, erblickt das Denken das sich gleichsam abspaltet von diesem Vermögen; denn sonst wäre es nicht Geist. Hat doch das Eine schon von sich selbst aus eine Art Selbstgewahren von seinem Vermögen, davon, daß es die Substanz hervorzubringen vermag. Bestimmt doch auch der Geist durch sich das Sein für sich vermittels des Vermögens das vom Einen ausgeht, und weil das Sein sozusagen ein Teil der Dinge ist die Jenem gehören und aus Jenem kommt, erhält es von Jenem seine Kraft und wird zum Sein vollendet von Jenem und aus Jenem. Mit sich selbst nun als einem das gleichsam abgeteilt ist aus sich, dem dabei doch Ungeteilten, sieht Es das Leben, das Denken und alle Dinge, weil Jenes nichts von allen Dingen ist; denn deshalb können ja alle Dinge von Jenem stammen, weil Jenes durch keinerlei Form eingenommen ist. Denn Jenes ist nur Eines; wäre es alles, so gehörte es zu den seienden Dingen; deshalb ist es nichts von den Dingen die im Geiste sind, sondern diese stammen aus ihm. Sie sind daher auch Wesenheiten; denn sie sind bereits bestimmt und ein jedes hat sozusagen seine Form. Denn dem Seienden kommt es nicht zu im Unbestimmten gleichsam hin- und herzuschweben, sondern durch Bestimmung und Begrenzung befestigt zu sein, durch Ständigkeit; Ständigkeit (Status) aber ist für die geistigen Dinge Begrenzung (Bestimmung) und Form, und durch sie kommen sie überhaupt zur Existenz.

      ‘Dies fürwahr ist die Sippschaft’ aus welcher der Geist von dem wir handeln stammt; denn es ist des Geistes als des Allerreinsten würdig, aus keinem andern Ursprung als aus dem ersten Urgrund zu erwachsen, und indem er in die Entstehung tritt nunmehr alles Seiende mit sich selbst zugleich zu erzeugen, die Ideen in all ihrer Schönheit und alle die geistigen Götter. Indem er aber erfüllt ist mit dem was er zeugte da er es gleichsam wieder verschlingt, damit er es in sich behalte und es nicht aus ihm herausstürze in die Materie, nicht großgezogen werde bei der Rhea, wie die Geheimkulte und die Göttersagen es versteckt andeuten wenn sie lehren Saturn, der weiseste Gott vor der Entstehung des Zeus, trage wieder in sich was er erzeuge, weshalb er auch erfüllt ist und Geist in Sattheit; dann aber erzeuge er Zeus, welcher dann die Sattheit (der Sohn) selbst ist: denn der Geist erzeugt die Seele da er Geist in voller Reife ist. Da er nämlich in voller Reife steht, mußte er zeugen, da er eine so große Kraft war, konnte er nicht zeugungsunfähig sein. Aber auch hier konnte das Erzeugte nicht besser sein, sondern es mußte geringer, mußte eine Nachbildung von ihm sein, ebenfalls unbestimmt, aber seine Bestimmtheit erhaltend und gleichsam zur Gestalt gemacht von seinem Erzeuger. Das Erzeugnis aber des Geistes ist irgendwie Gedanke und Existenz, nämlich das Organ welches nachdenkt; dieses ist es das sich um den Geist herumbewegt, ist das vom Geist ausstrahlende Licht, ein Nachklang, fest an ihn gebunden, nach der einen Seite hin von ihm bewirtet und so sich ersättigend, genießend, Teil an ihm nehmend und ihn denkend, nach der anderen Seite hin aber sich befassend mit den Dingen die nach ihm selbst sind, vielmehr auch seinerseits diese Dinge erzeugend, die notwendig geringer sind als die Seele; von ihnen aber ist später zu handeln.

      [8]Aus diesem Grunde lehrt auch Plato drei Stufen: ‘Alles’, das heißt das Erste, ‘ist um den König aller Dinge’, sagt er, ‘und das Zweite um das Zweite und um das Dritte das Dritte’. Auch sagt er daß ‘das Ursächliche einen Vater’ habe, und zwar meint er mit dem Ursächlichen den Geist; denn der Geist ist für ihn der Weltschöpfer, von ihm sagt er daß er die Seele schafft in jenem ‘Mischkrug’; Vater nun dieses Ursächlichen welches der Geist ist, nennt er das Gute, das jenseits des Geistes und jenseits des Seins Stehende. Weiter nennt er an vielen Stellen das Seiende und den Geist Idee. Somit hat Plato gewußt, daß aus dem Guten der Geist und aus dem Geist die Seele hervorgeht. Diese Lehren sind also nicht neu, nicht jetzt erst, sondern schon längst, wenn auch nicht klar und ausdrücklich, gesagt, und unsere jetzigen Lehren stellen sich nur dar als Auslegung jener alten, und die Tatsache daß diese Lehren alt sind, erhärten sie aus dem Zeugnis von Platos eigenen Schriften.

      Angerührt hat ja schon vorher Parmenides eine derartige Auffassung, insofern er Seiendes und Geist zusammenfallen ließ und das Seiende damit nicht unter die Sinnendinge setzte: ‘denn dasselbe ist Denken wie Sein’ sagt er; er bezeichnet dies Seiende auch als unbeweglich, obgleich er ihm das Denken beilegt, er schließt nämlich jede körperliche Bewegung von ihm aus damit es sich gleich bleibe, und vergleicht es einer Kugelmasse, weil es alles umschließend in sich hat und weil sein Denken nicht außen ist sondern in ihm selbst. Indem er es aber in seinen Schriften Eines nannte, konnte man ihm den Vorwurf machen daß dieses Eine ja als Vielheit angetroffen wird. Da spricht der Parmenides bei Plato genauer, er scheidet voneinander das erste Eine, das im eigentlichen Sinne ‘Eine’, das Zweite, welches er ‘Eines Vieles’ nennt, und das Dritte, ‘Eines und Vieles’; so stimmt er ebenfalls überein mit der Lehre von den drei Wesenheiten. Anaxagoras [9]ferner, indem er den Geist rein und unvermischt nennt, setzt ebenfalls das Erste als ein Einfaches und das Eine als abgetrennt (transzendent); doch hat er Genaueres zu geben infolge seiner Altertümlichkeit unterlassen. Auch Heraklit hat gewußt daß das Eine ewig und geistig ist, denn er wußte daß die Körper immer im Werden und Fließen sind. Und für Empedokles scheidet der Streit, die