Schriften in deutscher Übersetzung. Plotin. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Plotin
Издательство: Bookwire
Серия: Philosophische Bibliothek
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783787339341
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man bei der Bezeichnung Eins denken; sondern diese Dinge sind jenen höheren immer nur ähnlich im Sinne von Analogien in Bezug auf ihre Einfachkeit und ihr Freisein von Vielheit und Teilbarkeit. [6]Aber in welchem Sinne nennen wir es denn Eines, und wie läßt es sich für das Denken erfaßbar machen? Nun, es muß als eine Einheit in vollerem Sinn angesetzt werden als es die Einheit der Zahl 1 oder des Punktes ist. Denn bei diesen gelangt die Seele, indem sie Größe und die in der Zahl liegende Vielheit fortdenkt, schließlich zu einem Allerkleinsten, das, worauf sie dabei das Denken richtet, ist zwar unteilbar, war aber im Teilbaren und ist noch jetzt in einem andern; Jenes aber ist nicht in einem andern, nicht im Teilbaren noch auch unteilbar im Sinne wie das Allerkleinste, denn es ist das Größte von allem, nicht der realen Größe, aber dem Vermögen nach; so ist es auch das Unteilbare dem Vermögen nach, ist doch auch das was auf es folgt, dem Vermögen nach, nicht der Masse nach unteilbar und ungeteilt.

      So muß man Ihn auch als unendlich ansehen nicht weil er an Größe oder Zahl unabschreitbar wäre, sondern weil die Fülle seines inneren Vermögens unumfaßbar ist. Denn wenn du Ihn denkst wie Geist oder Gott, so ist er mehr; und wenn du ihn dir als Eines denkst, so ist er auch dann mehr Eines als … (?) du es dir vorstelltest: er ist einheitlicher als dein Denkvermögen; denn er ist bei sich und ohne jede zufällige Bestimmtheit.

      An seiner Selbstgenugsamkeit ferner kann man wohl seine Einheit begreifen. Da es das Zureichendste und Selbstgenügendste von allem ist, so muß es auch das Unbedürftigste sein. Alles Viele und Nichteine aber ist bedürftig, da es erst aus Vielem ein Eines geworden ist; es bedarf also sein Wesen des Einsseins. Jenes aber bedarf seiner selbst nicht, denn es ist es selbst. Was ferner vieles ist, bedarf so vieler Dinge als es ist; weiter existiert jedes der Dinge in ihm mit den andern verbunden und steht nicht auf sich selbst weil es der andern bedürftig ist, und dadurch wird ein solches Wesen sowohl in seinen Einzelbestandteilen wie als Ganzes bedürftig. So wahr es nun ein völlig selbstgenugsames Wesen geben muß, so muß es das Eine geben, denn es allein ist so beschaffen, daß es weder gegen sich selbst noch gegen ein anderes bedürftig ist. Denn ihm fehlt nichts damit es sein (a), noch damit es wohlbeschaffen sein kann (b), noch auch daß es sich darauf gründe (c). Denn da es für die andern Dinge Ursache ist, erhält es nicht von andern was es ist. Und was für eine Wohlbeschaffenheit könnte es für es geben außerhalb seiner selbst? So ist denn die Wohlbeschaffenheit für es nichts zufällig Hinzutretendes, denn es ist sie ja selbst. Auch gibt es für es keinen Ort; denn es braucht sich auf keine Grundlage zu stützen als könnte es sich nicht selber tragen (während das was eine Grundlage braucht, unbeseelt ist, Masse die fällt wenn sie sich nicht irgendwo gründen darf), vielmehr sind nur vermöge seiner die andern Dinge gegründet, von seinetwegen sind sie zur Existenz gelangt und haben zugleich den Ort erhalten auf dem sie eingeordnet sind. (Bedürftig ist nämlich auch das, dem der Ort fehlt.) Der Urgrund aber ist nicht bedürftig der Dinge die nach ihm sind, sondern der Urgrund aller Dinge ist aller Dinge unbedürftig. Denn was da bedürftig ist, ist bedürftig als nach seinem Urgrund strebendes; wenn aber das Eine irgendeines Dinges bedürftig ist, so kann es offenbar nur suchen nicht eines zu sein; somit müßte es seines eigenen Zerstörers bedürftig sein: aber alles von dem man sagen kann daß es bedürftig sei, ist vielmehr des Guten, also eines Erhalters bedürftig.

      Mithin gibt es auch für das Eine kein Gutes, folglich auch keinen Willen nach irgendeinem Guten, sondern es ist das Übergute, welches nicht für sich selbst, sondern für die andern Dinge gut ist, die etwa an ihm teilzuhaben vermögen. Auch ist es kein Denken, sonst wäre Andersheit in ihm; noch auch Bewegung; denn es ist vor der Bewegung und vor dem Denken. Was sollte es denn auch denken? Sich selbst? Dann müßte es vor dem Denken seiner selbst nichtwissend sein und des Denkens bedürfen damit es sich kennenlerne, es das doch unbedürftig, sich selbst genug ist. Indessen kann es nur deshalb weil es sich nicht erkennt und denkt, kein Nichtwissen in ihm geben, denn Nichtwissen findet nur statt wo ein zweites da ist, wenn eines das andere nicht weiß. Jenes aber da es allein ist, erkennt nichts, anderseits hat es aber nichts in sich das es nicht wüßte, sondern da es eines ist und bei sich selber, bedarf es nicht des Denkens seiner selbst. Eigentlich darf man ihm auch das Beisichselbersein nicht zuschreiben um die Einheit rein zu wahren, sondern man muß Denken wie Beisichsein ausschließen, auch das Denken seiner selbst wie das der andern Dinge. Man darf es nicht in eine Reihe stellen mit dem denkenden Subjekt, sondern eher mit dem Denkinhalt; dieser aber denkt nicht sondern ist einem andern Ursache, daß es denkt; die Ursache aber ist nicht identisch mit dem Verursachten. Die Ursache aller Dinge ist ferner selbst keines von ihnen. Man darf es also auch nicht das Gute nennen, da es den andern das Gute darbietet, sondern höchstens in einem besonderen Sinne das Gute über alle Güter.

      [7]Wenn du aber deswegen, weil es nichts von diesen Dingen ist, mit deinem Erkennen ins Unbestimmte gerätst, so nimm deinen Standort eben in den genannten Dingen und von da aus schau. Beim Schauen vergeude aber deine Gedanken nicht in der Richtung nach außen; denn es liegt ja nicht irgendwo und läßt die übrigen Dinge seiner beraubt sein, sondern für den der es greifen kann ist es … gegenwärtig, wer aber zu schwach dazu ist, für den ist es nicht gegenwärtig. Wie man nun bei den übrigen Dingen nichts denken kann, wenn man an etwas anderes denkt und auf dies andere achtet, vielmehr nichts anderes zu dem Gegenstand des Denkens hinzunehmen darf, damit er auch wirklich und allein das Gedachte werde, so muß man auch hier wissen, daß es unmöglich ist, während man den Eindruck, die Prägung von etwas anderem in der Seele hat, das Eine zu denken, solange diese Prägung wirksam ist; daß die Seele während sie noch von andern Dingen eingenommen und festgehalten ist, nicht die Prägung des Gegenteils in sich aufnehmen kann; sondern wie es von der Materie heißt daß sie frei von jeder Qualität sein muß wenn sie die Prägungen aller Dinge soll aufnehmen können, so und noch viel mehr muß auch die Seele ohne Form und Gestalt werden, wenn nichts, was in ihr festsitzt, ihr hinderlich werden soll sich zu erfüllen und zu erleuchten mit der Ersten Wesenheit. Ist dem so, dann muß man von allem was außen ist sich zurückziehen und sich völlig in das Innere wenden, man darf keinem Äußeren mehr geneigt sein, sondern muß das Wissen von all dem auslöschend, schon vorher in seiner eigenen Haltung, jetzt aber auch in den Gestalten des Denkens, auch das Wissen von sich selbst auslöschend in die Schau Jenes eintreten; und ist man so mit Jenem vereint und hat genug gleichsam Umgang mit ihm gepflogen, so möge man wiederkehren und wenn mans vermag auch andern von der Vereinigung mit Jenem Kunde geben; in solcher Vereinigung stand vielleicht auch Minos, weshalb er in der Sage als ‘des Zeus vertrauter Genosse’ galt, und dieser Gemeinschaft gedenkend gab er als ihr Abbild seine Gesetze, durch die Berührung des Göttlichen befruchtet zur Gesetzgebung; oder man möge, hält man das Politische seiner nicht für würdig, oben verweilen wenn man will (?) – und das wird dessen Haltung sein der viel geschaut hat.

      Jener, heißt es, ist für keinen draußen, sondern ist bei allen ohne daß sie es wissen. Sie selbst sind es die aus ihm herausfliehen, oder richtiger, aus sich selbst herausfliehen; dann können sie nicht erfassen den sie geflohen sind, und da sie sich selbst verloren haben, nicht nach irgend einem andern suchen; sowenig ein Sohn wenn er im Wahnwitz außer sich selbst ist den Vater kennen wird; wer aber sich selbst kennt, der weiß auch woher er stammt.

      [8]Wenn nun eine Seele sonst um sich selber weiß, weiß aber auch, daß ihre Bewegung nur dann eine gerade ist, wenn sich ihre Richtung bricht, daß dagegen ihre wesenseigene Bewegung wie die Kreisbewegung nicht um ein Äußeres kreist, sondern um den Mittelpunkt, der Mittelpunkt aber dasjenige ist aus dem der Kreis herstammt, dann wird sie sich um das bewegen von dem sie herstammt, und sich an dieses hängen und sich in die Gemeinschaft mit eben dem begeben zu dem sich alle hinbewegen müßten, es tun das aber dauernd nur die Seelen der Götter, welche eben indem sie sich zu ihm hinbewegen, Götter sind; denn Gott ist das was mit Jenem verbunden ist, was aber weit von ihm absteht, ist Durchschnittsmensch und Tier.

      Ist nun dieser ‘Mittelpunkt’ der Seele etwa das Gesuchte? Oder ist nicht vielmehr anzunehmen daß es noch etwas anderes sei und zwar etwas worin alle ‘Mittelpunkte’ zusammenfallen und das dem Mittelpunkt eines irdischen Kreises nur analogisch entspricht? Denn die Seele ist ja nicht in dem Sinne Kreis wie die geometrische Figur, sondern (es ist so) daß in ihr und um sie das ‘früheste Wesen’ ist (die Materie) … daß sie fern von derartig Niederem noch weit mehr (?) … daß die Seelen in der Abtrennung Ganze sind … Jetzt aber, wo ein Teil von uns vom Leib überdeckt ist, so als wenn man die Beine im Wasser