Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Серия: Dr. Norden Bestseller Paket
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740937553
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in den allerbesten Händen sein.«

      »Ich glaube, das alles hilft nicht viel, wenn ein Mensch nicht mehr leben will«, sagte Saskia leise.

      Fee kroch ein Frösteln über den Rücken. Sie ergriff Saskias Hand. »Ihre Mutter hat Sie«, sagte sie verhalten.

      »Zu kurz und zu spät«, sagte Saskia voller Trauer.

      Fee öffnete die Tür, die zur Dachterrasse führte. »Ich mache uns einen Tee«, sagte sie.

      Saskia trat durch die Tür hinaus ins Freie. »Über den Dächern einer großen Stadt«, sagte sie vor sich hin. Sie sang es fast, und Fee dachte an ein Lied, das so begann.

      Sie ging in die Küche und setzte Teewasser auf in dem kupfernen Samowar. Sie wusste selbst nicht, warum sie nicht Kaffee kochte. Irgendwie schien es ihr, als gehöre dieser Samowar oder ein ähnlicher auch zu ihrem Traum.

      Und als sie ihn dann auf dem Servierwagen hereinbrachte, stand Saskia in der Tür und sah den Samowar mit verschleierten Augen an.

      »Eigenartig«, sagte sie, »wie in der Heimat meines Vaters.« Vielleicht erwartete sie eine Frage, doch diese blieb aus.

      Fee war eingefangen in einen fremden Zauber, gefangen auch noch in einem Traum, von dem nur ein Teil in ihrer Erinnerung geblieben war, den sie jetzt aber von sich weisen wollte, weil sie sich einredete, dass ihr dieses Mädchen im Traum erschienen sei.

      »Mein Vater war ein persischer Fürst«, sagte Saskia geistesabwesend.

      Dann blickte sie rasch auf und fuhr sich über die Augen. »Mein Gott, Sie werden denken, ich erzähle Märchen.«

      »Nein, das denke ich nicht«, sagte Fee, und für sich dachte sie, dass Saskia wie eine orientalische Prinzessin aussähe und nicht einen Deut anders, auch jetzt noch in Hose und Pulli. Nur der Name Boerden wollte nicht dazu passen.

      »Sie werden jetzt ja doch alles erfahren«, fuhr Saskia fort. »Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie mich mitgenommen haben, gnädige Frau.«

      »Felicitas Norden«, sagte Fee lächelnd.

      »Meine Mutter war zweimal verheiratet«, sagte Saskia. »In erster Ehe mit dem Fürsten Edjali, doch die Ehe bestand nur ein Jahr, bis ich geboren wurde. Ich war nur ein Mädchen. Sie ging mit mir zurück in die Heimat. Die Scheidung war so schnell ausgesprochen wie die Eheschließung. Drei Jahre später heiratete meine Mutter Magnus Boerden. Er war mein eigentlicher Vater. Er adoptierte mich, und ich liebte ihn sehr. Er wurde ermordet, als ich zehn Jahre alt war. Es hieß, dass es ein Jagdunfall gewesen wäre, aber ich weiß, ebenso wie meine Mutter, dass er ermordet wurde. Sie hatte Angst um mein Leben und brachte mich nach Frankreich, in die Bretagne. Dort wuchs ich in einem Internat auf. Ich war acht Jahre dort und bin seit zwei Tagen hier. Ich hatte Sehnsucht nach meiner Mutter. Sie ist doch der einzige Mensch, der mir nahesteht. Und dann fand ich diesen Mann im Hause vor, einen Mann, vor dem meine Mutter sich stets fürchtete, allein schon vor seinem Namen. Und er wohnte im selben Haus wie sie. Das ist mir noch immer ein Rätsel. Ich erzähle Ihnen das, Felicitas Norden, damit es ein Mensch weiß, falls mir etwas zustoßen sollte.«

      Das sagte sie jetzt ganz ruhig. Fee hatte schon gespürt, dass sie mit jedem Wort ruhiger geworden war und war erleichtert gewesen, doch nach diesen letzten Worten erschrak sie zutiefst. Entsetzt sah sie das Mädchen an.

      »Saskia«, stammelte sie.

      »Sie denken, ich rede Unsinn. Sie meinen, dass ich verwirrt sei. O nein. In meinen Adern fließt auch orientalisches Blut, wenn es mir auch verhasst ist. Aber Orientalen haben einen anderen Instinkt als Europäer, sie haben manchmal auch so etwas wie einen sechsten Sinn. Meine Mutter hat sich gefürchtet in diesem Land, in dem sie kurze Zeit leben musste. Sie war sehr jung und sehr romantisch, als sie den Fürsten heiratete, und sie war sehr schön. Ich bin nur jung«, erklärte Saskia.

      Und wunderschön, dachte Fee, aber sie sprach es nicht aus, weil sie spürte, dass dieses seltsame Mädchen solche Worte nicht hören wollte.

      »Ihnen wird niemand etwas zuleide tun«, sagte sie impulsiv. Sie stehen unter unserem Schutz.«

      »Glauben Sie, dass ich Menschen in Gefahr bringen würde, die gut zu mir sind? O nein.« Saskia nippte an dem Tee. »Er ist köstlich. Sie sind eine vollkommene Frau«, sagte sie.

      »O nein«, widersprach nun auch Fee. »Welcher Mensch ist wohl vollkommen?«

      »Gute Menschen sind für mich vollkommen«, sie faltete die Hände, »meine Mutter ist ein armer verwirrter Mensch. Sie verschwendete ihre erste Liebe an einen Mann, für den sie ein Spielzeug war und dem sie einen Sohn gebären wollte. Sie heiratete einen zweiten, weil sie einen Beschützer brauchte und erkannte dann, dass er ihre große Liebe war. Er wurde ihr genommen. Sie lebt eigentlich schon lange nicht mehr.« Saskia blickte auf ihre Armbanduhr. »Ich weiß es seit einer Stunde«, fuhr sie sehr leise fort. »Ich habe große Schmerzen, sagte sie, aber gestorben bin ich schon vor neun Jahren. Ich möchte jetzt sehr gern bei meiner Mutter sein, Felicitas Norden.«

      »Wir fahren zur Klinik«, sagte sie.

      Der Hauch eines Lächelns legte sich um Saskias Mund. »Sie stellen keine Fragen. Es ist wunderbar. Ich habe noch niemals so mit einem Menschen sprechen können.«

      *

      »Da kann man nicht viel mehr tun als warten und hoffen, Daniel«, sagte Dr. Dieter Behnisch zu seinem Freund. »Es ist nicht das Herz allein.«

      »Was noch?«, fragte Daniel.

      »Knoten in der Brust. Sie brauchen nicht bösartig zu sein, aber wenn die Untersuchung es ergibt, könnte man sie nicht einmal mehr operieren. Eine Vollnarkose würde das schwache Herz nicht überstehen.

      »Und Akupunktur?«

      Dr. Behnisch zuckte die Schultern. »Das müsste ein anderer machen. Ich traue es mir nicht zu. Außerdem ist ihre Lebenserwartung auch dann so gering, dass man sie nicht quälen sollte. Ich kenne dich. Du wirst sagen, dass man sie doch nicht einfach sterben lassen kann, aber vielleicht will sie gar nicht mehr leben?«

      »Sie hat eine Tochter.«

      Und in diesem Augenblick kamen Fee und Saskia.

      Fast hörbar zog Dr. Behnisch die Luft ein.

      »Saskia möchte bei ihrer Mutter sein«, sagte Fee schlicht. Ihr Blick suchte Halt bei Daniel.

      »Dem steht wohl nichts im Wege, Dieter«, sagte er schnell.

      »Nein.«

      »Danke«, sagte Saskia höflich.

      Sie wurden von den beiden Ärzten zu einer Tür begleitet, die die Nummer neunzehn trug. Wieder fröstelte es Fee. Genauso alt war Saskia.

      Das Mädchen sah sie aus weit offenen Augen an. »Ich weiß, was Sie denken, Felicitas Norden. Haben Sie tausend Dank.«

      »Sie werden zu uns kommen, Saskia«, sagte Fee.

      »Ich muss meinen Weg gehen«, erwiderte das Mädchen. Dann beugte sie sich vor und küsste Fee auf die Wange. Kurz darauf schloss sich die Tür des Krankenzimmers hinter ihr.

      »Wache oder träume ich?«, fragte Dieter Behnisch.

      »Vor allem scherze nicht, Dieter«, sagte Fee. »Mir ist nämlich zum Weinen zumute.«

      Daniel legte den Arm um sie und zog sie an sich.

      Dieter starrte zu Boden.

      »So war das nicht gemeint, Fee«, sagte er. »Sie scheint einem Märchen aus Tausendundeiner Nacht entstiegen zu sein.«

      »Ist sie auch in gewissem Sinne. Das ungewöhnlichste Mädchen, das mir je begegnet ist. Es darf niemand an sie heran, Dieter. Sie ist in Gefahr. Sie fühlt es, und ich fühle es auch. Ich werde euch alles erzählen.«

      »Eine Viertelstunde habe ich noch Zeit«, sagte Dieter Behnisch.

      »Für uns beginnt der Tag auch bald richtig«, warf Daniel ein.

      »Ich