Fee lächelte in sich hinein. Flitterwochen auf der Insel der Hoffnung, das hatten sie noch nicht gehabt.
»Wenn Dr. Clermont damit einverstanden ist, wird es bestimmt möglich zu machen sein«, erwiderte sie. »Ich freue mich sehr für Sie, Bettina, dass nun doch alles gut wird.«
»Und ich danke Ihnen tausendmal für Ihre Hilfe und Ihren Beistand.«
»So viel haben wir doch gar nicht dazu getan. Wir sind sehr froh, dass sich alles so schnell geklärt hat.«
Aber im Nachhinein dachte sie dann doch daran, dass die drei bitteren Jahre Bettina endlos erschienen sein mochten. Ein langes banges Warten, viele Stunden der Angst und Hoffnungslosigkeit lagen hinter ihr, auch hinter André. Aber Bettinas Liebe war nicht zu erschüttern gewesen. Darüber war André unendlich froh, dafür war er dankbar.
Ganz schonend hatte Dr. Behnisch Bettina die ganze Wahrheit über Laila beigebracht, da André dazu doch nicht in der Lage gewesen wäre. Noch einmal erfüllte sie Angst und Entsetzen und dann auch tiefe Dankbarkeit, dass dieser schreckliche Plan missglückt war.
So skrupellos konnte eine Frau sein, eine schöne intelligente Frau, der man solches niemals zugetraut hätte. Sie war süchtig gewesen nach Geld und Macht, süchtig aber auch nach Rauschgift, wie sich dann herausstellte. Laila Clermont starb sieben Tage nach ihrer Verhaftung, geistig verwirrt, körperlich verfallen.
»Und keiner weint ihr nach«, sagte Karl Herzog zu Annette von Rosen.
»Was wird nun mit der großartigen Erfindung, um die du betrogen wurdest?«, fragte sie.
Das Du kam ihr jetzt schon leicht über die Lippen. Ein paar Tage hatte sie gebraucht, um mit sich ins Reine zu kommen, aber die Entscheidung hatte Karl Herzog ihr schließlich doch leicht gemacht. Wenn hier alles geregelt war, würde aus Annette von Rosen eine Annette Herzog werden, und ihre Kinder hatten mit Begeisterung zugestimmt.
Nun, diese Erfindung, die so viel Unheil heraufbeschworen hatte, konnte auch vollendet werden. Bob Clermont hatte die maßgebliche Formel seinem Bruder hinterlassen. Dass sie erst so spät in Andrés Besitz gelangt waren, war die Schuld einer unglücklichen Mutter, die nicht begreifen wollte, dass ihr geliebter Sohn vom geraden Wege abgewichen war, und die nicht bedacht hatte, dass ihr zweiter Sohn dadurch um Jahre seines Lebens betrogen wurde.
All dies gehörte der Vergangenheit an. Aus dem Gedächtnis zu streichen war diese nicht, aber die Bitterkeit musste dem Glück weichen, das so viel stärker war, der Liebe, die André und Bettina nun ein ganzes Leben verbinden sollte.
Karl Herzog mit seinem ungebrochenen Optimismus und seinem lebensbejahenden Humor meinte, dass für ihn das Beste dabei herausgekommen war, was er sich nur wünschen und wahrhaftig gar nicht erwarten konnte.
Niemals hätte er Annette kennengelernt, wenn Bettina nicht so beharrlich an André und ihre Liebe geglaubt hätte. Ihr dankte er sein neues Glück, wenn sie nun an Andrés Seite ein neues Leben beginnen würde. Er bekam nicht nur eine Frau, die zu ihm passte wie keine andere, er bekam drei Kinder dazu, die Freude in seinen Lebensabend bringen würden, den er genießen wollte, denn einige Überraschungen hatte er sich noch vorbehalten. Zuerst sollte André ganz gesund werden.
*
Dr. Norden und seine Frau hatten eine anstrengende Zeit hinter sich. Molly fehlte ihnen wirklich an allen Ecken und Enden, denn mit den Schreibarbeiten kannte sie sich halt weit besser aus als Fee.
Sie hatten keine Stunde abzweigen können für ihre Freunde, mit denen sie sonst doch wenigstens ab und zu beisammensaßen. Isabel beschwerte sich schon, denn Jürgen Schoeller war längst wieder auf der Insel der Hoffnung, und sie hatte ihren besten Freunden noch nicht einmal die Neuigkeiten berichten können, die sich bei ihr ergeben hatten.
Es kam so, dass Fee die wichtigste von Molly erfuhr, als sie ihr am Tage vor ihrer Entlassung noch einen Besuch in der Klinik machte.
»Was sagen Sie denn dazu, dass Frau Guntram gekündigt hat?«, fragte Molly.
»Gekündigt?«, rief Fee. »Das ist mir ganz neu.«
»Dann will ich nichts gesagt haben«, murmelte Molly verlegen. »Sabine hat es mir gestern erzählt.«
»Das gibt es doch nicht«, sagte auch Daniel, als Fee ihm die Nachricht weitergab. »Wir erfahren nichts davon. Das ist stark.«
»Isabel hat ein paarmal angerufen«, sagte Fee. »Sicher wollte sie es uns persönlich sagen, aber wir hatten ja nie Zeit. Ob sie sich mit Jürgen verkracht hat und nun von hier fortgehen will?«
»So sah Jürgen aber nicht aus, als er sich von uns verabschiedete«, meinte Daniel.
»Das ging ja auch ruckzuck, und er zeigt nie, was er fühlt. Es würde mir schrecklich leid tun für ihn, denn ich glaube, dass er Isabel sehr liebt.«
»Bei ihr ist ja kein Ding unmöglich«, brummte Daniel, »aber des Menschen Wille ist sein Himmelreich, und wir sollten uns nicht die Köpfe zerbrechen, bevor wir die Gründe wissen. Schorsch wollte mich übrigens auch dringend sprechen. Er hat anscheinend auch wieder mal Weltuntergangsstimmung.«
Dr. Hans-Georg Leitner, Frauenarzt und Studienfreund von Daniel, gehörte zu ihrem engsten Freundeskreis. Ihn mussten sie ab und zu tüchtig aufmuntern. Er hatte seine glücklose Liebe zu einer verheirateten Frau, die sich dann doch für die Fortsetzung ihrer Ehe entschlossen hatte, noch immer nicht überwunden.
»Laden wir beide doch für morgen ein«, schlug Fee vor. »Dieses Wochenende werden wir doch wohl mal wieder ruhig verbringen können.«
»Du bist natürlich schrecklich neugierig, was Isabel zu erzählen hat«, neckte er sie.
»Du doch auch«, gab Fee lachend zurück, aber gleich wurde ihr Gesicht wieder nachdenklich. »Es würde mir wirklich leid tun, wenn diese schöne Freundschaft in die Brüche gehen würde.«
Zuerst war sie immer eifersüchtig auf diese Freundschaft zwischen Daniel und Isabel gewesen, aber dann war sie darin einbezogen worden,
Isabel war wirklich eine großartige Frau, die solcher Freundschaft fähig war.
»Sie geht nicht in die Brüche«, erklärte Daniel. »Darüber brauchst du dir wirklich keine Gedanken zu machen. Isabel würde nie im Streit mit Jürgen auseinandergehen. Wenn schon, dann nur in Übereinstimmung. Bei den beiden wusste man doch nie, wer wem nicht Hemmschuh sein will.«
In der Mittagspause nahm Fee sich die Zeit, Isabel und auch Dr. Leitner anzurufen, und beide sagten zu. Aber auch bei diesem Gespräch ließ Isabel kein Wort von ihrer Kündigung verlauten.
»Ich bin wirklich sehr gespannt, was Isabel uns erzählen wird«, sagte Fee nachdenklich.
»Jesses, es gibt ja noch eine Neuigkeit«, sagte Daniel. »Fast hätte ich es vergessen, Frau von Rosen wird ihre Pension aufgeben.«
»Warum? Sie ging doch recht gut«, sagte Fee überrascht. »Oder wirft sie doch nichts ab?«
»Es wird ihr wohl zu viel, und sie hat eine erfreulichere Aufgabe gefunden.«
»Was für eine?«, fragte die nichtsahnende Fee.
»Sie wird Herrn Herzog heiraten.«
»Und das erzählst du so nebenbei?«
»Männer sind halt nicht so sensationslüstern«, spöttelte Daniel.
»Ich finde es einfach schön, wenn aus Unglück so viel Glück erwächst«, sagte Fee gedankenvoll.
»Ist auch schön, Liebling. Ich gönne es ihr von Herzen. Eigentlich wäre das Haus sehr gut für eine Privatklinik geeignet, findest du nicht?«
»Liebe Güte, hast du solche Ambitionen? Dazu haben wir doch gar kein Geld, und außerdem wartet die Insel eines Tages doch auf uns.«
»Ich dachte dabei auch nicht an mich. Was soll ein Allgemeinmediziner mit einer Klinik?