So fühlten sie sich auch, aber es tat ihnen doch leid, dass einer unter ihnen war, an dem das Glück vorübergegangen war. Und der gute Schorsch ahnte nicht, dass jetzt schon ein paar Menschen sich Gedanken darüber machten, dem Schicksal ein bisschen nachzuhelfen.
Daniel staunte nur, als Schorsch ganz beiläufig bemerkte, dass Dieter Behnisch ihn angerufen hatte, um ihn am Mittwoch zu einer Party einzuladen.
»In die Pension Rosengarten. Ich kenne die Leute gar nicht. Aber er sagte, dass ich unbedingt kommen müsse.«
»Bettina Herzog hat mich auch eingeladen!«, rief Isabel aus. »Was ist denn dort los?«
Daniel und Fee tauschten einen langen Blick. »Das werdet ihr schon sehen«, erwiderten sie wie aus einem Munde.
*
Der Mittwochabend war herangekommen. Im internen Familienkreis wusste man schon, dass Karl Herzog inzwischen eine lange Unterredung mit Dr. Behnisch geführt hatte. Das hatte er nicht aufschieben wollen, um das kleine Fest mit mehreren Überraschungen krönen zu können. So etwas liebte er.
Er hatte während der letzten Tage eine rege, fast hektische Betriebsamkeit entwickelt, über die Bettina nur immer wieder staunen konnte.
Für Karl Herzog war die Welt wieder in Ordnung. Seine Bettina war glücklich, er war glücklich, was wollte er mehr?
Annette hatte Zeit genug, sich um die Vorbereitungen für den Mittwochabend zu kümmern, alles andere nahm ihr der Herzog Karl, wie die Kinder ihn liebevoll nannten, ab. Der Name würde ihm wohl bleiben, und er hatte nichts dagegen, wenn er ab und zu mal damit geneckt wurde, denn für Cécile, Thomas und Alexander war er eigentlich doch schon der Daddy. Nur offiziell wollten sie ihn noch nicht so rufen. Alles musste schließlich seine Ordnung haben.
Einen offiziellen Verlauf nahm der Abend dann allerdings nicht. Schon die Begrüßung war freundschaftlich, als würden sich alle lange Zeit kennen. Nur Dr. Leitner wusste noch immer nicht so recht, was er in diesem Kreise zu suchen hatte, doch auch er sollte das bald erfahren.
Für Fee und Daniel war es schon keine Ahnung mehr. Sie waren von Dr. Behnisch vorbereitet worden, wenn sie sich auch nichts anmerken ließen.
Dr. Jenny Lenz sah in einem hübschen bunten Seidenkleid sehr weiblich aus, während Dieter Behnisch sich in seinem Abendanzug nicht so wohlzufühlen schien.
Isabel betrachtete Dr. Clermont erst einmal ganz genau. Du lieber Gott, was war das anfangs für eine Aufregung gewesen, dachte sie mit ihrem restlichen Berufsrealismus, und so schnell hatte sich alles in Wohlgefallen aufgelöst – und in welches Wohlgefallen.
Annette, um Jahre verjüngt, wie auch ihr Zukünftiger, war eine charmante Gastgeberin, Cécile in einem entzückenden Kleid eine vollendete junge Dame, und selbst ihre Brüder sahen recht würdevoll aus, wenngleich sie sich nur schweren Herzens einmal von ihren Jeans getrennt hatten. Aber da Herzog Karl gesagt hatte, dass dies auch künftig ab und zu mal sein würde, hatten sie keinen Protest erhoben. Für ihn hätten sie ohne zu murren alles getan.
Und wie er dann redete! Verklärt hingen ihre Augen an ihm.
»Zuerst wollen wir einen Toast auf unser Brautpaar ausbringen. In vierzehn Tagen findet die Hochzeit statt. Für die, die es noch nicht wissen sollten, die Flitterwochen werden auf der Insel der Hoffnung verlebt. Es ist doch alles in Ordnung, Herr Dr. Norden?«
»Selbstverständlich«, erwiderte Daniel leicht verblüfft, dass auch dies erörtert wurde.
André und Bettina blickten sich tief in die Augen. Für sie war mit dieser Sekunde die Welt versunken. Sie wusste in etwa allerdings auch schon, was noch folgen würde.
»Ich erlaube mir nun, meine ebenfalls bevorstehende Vermählung mit Frau Annette von Rosen bekanntzugeben. – Ei, wer kommt denn da mit so viel Verspätung?«, unterbrach er sich, denn ganz leise kamen Poldi und Ricky hereingeschlichen.
»Verzeihung, wir hatten eine Panne, das heißt, es war ein kleiner Unfall, aber wir waren nicht schuld daran«, erklärte Poldi.
»Wo kommt ihr denn her? Ich habe euch doch gar nicht erreichen können!«, rief Bettina aus.
»Aber ich«, warf ihr Vater ein.
»Wir waren bei meinen zukünftigen Schwiegereltern«, erwiderte Poldi mit einem verzeihungsheischenden Blick zu Bettina. »Ich meinte, es sei besser, erst ihr Einverständnis einzuholen, bevor ich mich mit Ricky verlobe.«
»Allmächtiger, das Heiratsfieber scheint ausgebrochen zu sein«, raunte Daniel seiner Fee zu.
»Deswegen braucht man wenigstens nicht in die Klinik«, gab sie schelmisch zurück.
»Setzt euch«, sagte Karl Herzog. »Wo war ich stehen geblieben?«
»Wir müssen erst ein paar Toasts ausbringen, Daddy«, erinnerte Cécile ihn leise.
»Danke, mein Herzchen«, raunte er zurück. Céciles Augen strahlten ihn an. Dann klangen die Gläser hell aneinander.
»Dem Glück ist nun genug Ehre getan, kommen wir zum Geschäft«, fuhr Karl Herzog dann fort. »Ich will mich ganz kurz fassen, weil ich Geschäfte augenblicklich gar nicht so wichtig finde. Also, ich bin mit Dr. Behnisch übereingekommen, ihm die Pension Rosengarten mit Einverständnis meiner Annette zu verkaufen. Er beabsichtigt, dort ein Entbindungsheim einzurichten.«
»Vorausgesetzt, dass mein Freund und Kollege Dr. Hans-Georg Leitner damit einverstanden ist, die Leitung selbstständig zu übernehmen«, warf Dieter Behnisch ein.
Schorsch, der bei so viel glücklichen Menschen um sich herum immer mehr zusammengeschrumpft war, richtete sich jäh auf.
»Was hast du gesagt?«, fragte er wie elektrisiert.
»Ich erkläre dir alles noch mal ganz genau, Schorsch«, erwiderte Dieter Behnisch schmunzelnd. »Hast du nicht immer gesagt, dass es dein Traum wäre, auch eine Privatklinik leiten zu können?«
»Ein Traum, nur ein Traum«, murmelte Schorsch.
Aber er würde sich erfüllen, wie alles andere, was die Menschen, die hier an diesem Abend versammelt waren, tief bewegte.
»Das ist eine Story«, sagte Isabel in freudiger Erregung. »Ein Jammer, dass ich darüber nichts schreiben darf.«
»Warum nicht?«, fragte Karl Herzog großmütig. »Nur der Herzog Karl muss aus dem Spiele bleiben.«
»Gibt es nicht, dann fehlt die Hauptperson«, sagte Cécile.
»Ach, richtig, das Wichtigste hätte ich noch vergessen«, sagte er da. »Die Leitung der Herzog-Werke wird künftig mein Schwiegersohn übernehmen, damit ich mich meiner Familie widmen kann.«
»Was hast du gesagt?«, fragte André.
»Daddy will sich seiner Familie widmen, und du sollst die Leitung der Werke übernehmen«, flüsterte ihm Bettina zu, die in diesem Punkt schon genau Bescheid wusste.
»Das geht doch nicht«, sagte André.
»Warum nicht? Gönnst du mir kein Familienleben?«, fragte Karl Herzog. »Aber die ganzen internen Angelegenheiten besprechen wir noch. Jetzt wird gefeiert.«
»War das ein Abend«, sagte Daniel seufzend, als er müde ins Bett sank.
»Ein wunderschöner Abend«, sagte Fee. »Unser Schorsch kann es immer noch nicht begreifen. Er war einfach rührend anzusehen.«
»Es hätte nicht viel gefehlt, dann hätte er geheult. Dieser Herzog Karl ist wirklich ein feiner Kerl. Wer spendet heute schon einen Operationssaal?«
»Ein sehr dankbarer Mensch«, sagte Fee leise. »Aber Dieter ist auch ein feiner Kerl. Du, ich glaube, er mag Jenny sehr.«
»Weiß ich schon lange.«
»Hast du mir aber noch nie gesagt.«
»Wir haben ja so selten