Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Серия: Dr. Norden Bestseller Paket
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740937553
Скачать книгу
und hätte einen schweren Migräneanfall.

      Nun ja, das könnte der Doktor wohl schon mal einschieben, dachte Molly, die wie hypnotisiert war von dem Blick der Katzenaugen. Sie hätte später nicht mehr sagen können, warum sie zu einer Ausnahme bereit gewesen war.

      Dr. Norden selbst allerdings auch nicht.

      Tatjana Anatol nannte sich die Fremde, und sie wusste auch, welches Mittel sie verschrieben haben wollte. Sie zeigte Dr. Norden die Packung.

      »Ein sehr starkes Mittel«, stellte er fest. »Dafür bin ich nicht sosehr, wenn man unterwegs ist. Ans Steuer dürfen Sie sich nicht setzen.«

      »Ich habe meinen Chauffeur«, erwiderte sie liebenswürdig.

      Dr. Norden registrierte im Unterbewusstsein, dass diese Liebenswürdigkeit nicht zum Ausdruck ihrer Augen passte, aber was sollte er sich Gedanken machen? Er würde sie kaum wiedersehen. Dem Rauschgiftgesetz unterlagen diese Kapseln nicht, also hatte er auch da nichts zu fürchten.

      »Eine starke Migräne hat immer eine tiefere Ursache«, sagte er jedoch. »Ich würde diese an Ihrer Stelle ergründen lassen.«

      »Es ist noch kein Arzt darauf gekommen«, erwiderte sie, »aber wenn ich wieder hierherkomme, werde ich mich in Ihre Behandlung begeben. Vielleicht gehören Sie zu den seltenen Ausnahmen, die eine richtige Diagnose stellen können.«

      »Eine kleine Untersuchung müssen Sie sich aber doch gefallen lassen«, sagte Dr. Norden. »Wenn Sie nämlich herzkrank sind, kann ich Ihnen diese Tabletten guten Gewissens nicht verschreiben.«

      »Nein, herzkrank bin ich nicht«, erwiderte sie mit einem eigentümlichen Auflachen, an das er sich später erinnerte. Davon war auch nichts festzustellen. Migräne war ebenfalls schwer zu diagnostizieren. Er schrieb ihr das Rezept aus, und sie bestand darauf, die Beratung sofort zu bezahlen. In einer Versicherung sei sie sowieso nicht.

      Tatjana Anatol verabschiedete sich wieder. Dr. Norden wandte sich seinen anderen Patientinnen zu.

      Fee sah die Fremde, als sie aus dem Lift stieg, in den diese nun einstieg, nachdem Fee ihn verlassen hatte.

      »Eine neue Patientin?«, fragte sie Molly, als sie die Praxis betrat.

      »Nur auf der Durchreise«, erwiderte Molly. »Sie wollte nur ein Rezept.«

      Eigentlich hätte Fee nun nicht weiter darüber nachdenken müssen, aber dann sah sie die Karte, die Molly gewissenhaft ausgefüllt hatte, denn selbst dann, wenn jemand nur ein Rezept haben wollte, musste ein Beleg über den Besuch vorhanden sein. Da gab es gar nichts.

      Molly war überaus korrekt.

      »Anatol«, sagte Fee gedankenvoll. »Wie seltsam!«

      *

      Edwin Pichler hatte sich auf den Weg zur Villa Boerden gemacht. Da er Anatol von Reyken nie persönlich begegnet war, konnte er das ruhig wagen.

      Er läutete und musste sich nun einige Zeit gedulden. Dann jedoch öffnete ihm van Reyken selbst die Tür.

      Eine Fotografie hatte Edwin Pichler schon von ihm gesehen. Er erkannte ihn sofort als den Mann, über den er bereits Auskünfte eingezogen hatte, die allerdings mit dem Namen Boerden nicht in Zusammenhang gestanden hatten.

      »Sie wünschen?«, fragte van Reyken.

      »Stiebel ist mein Name«, sagte Edwin Pichler. »Ich möchte zu Frau Boerden.«

      »Frau Boerden ist erkrankt. In welcher Angelegenheit kommen Sie?«

      Lauernd musterten ihn die zusammengekniffenen Augen.

      »In einer geschäftlichen«, erwiderte Edwin Pichler. »Tut mir leid, dass Frau Boerden erkrankt ist. Schwer?«

      »Ziemlich. Sie liegt in der Klinik.«

      »In welcher?«

      »Wenn Sie mir sagen, worum es sich handelt, werde ich Ihnen sagen, in welcher Klinik sie liegt«, erwiderte van Reyken sarkastisch.

      »Tut mir leid, einer dritten Person kann ich keine Auskünfte geben. Frau Boerdens Tochter ist auch nicht zu Hause?«

      Van Reyken starrte ihn an. »Woher wissen Sie von Frau Boerdens Tochter?«, fragte er erregt.

      »Dürfte ich es nicht wissen?«, fragte Edwin Pichler ironisch. Dann drehte er sich um, aber Reyken packte ihn am Arm.

      »Vielleicht zeigen Sie mir mal Ihren Ausweis«, stieß er hervor.

      »Sind Sie von der Polizei?«, fragte Edwin Pichler grinsend. »Wer sind denn Sie überhaupt?«

      Reyken ließ ihn los, schob ihn hinaus und schlug die Tür zur.

      Edwin Pichler machte das nichts aus. Erst einmal hatte er genug erfahren. Reyken war derjenige, den er vermutet hatte. Er wohnte hier, obgleich ein anderer ihn in in Wien vermutete. Das war äußerst interessant. Durch Zufall hatte er da eine seltsame Verbindung gefunden, über die er sich Gedanken machen musste. Er beschloss, seinen früheren Auftraggeber aufzusuchen, der ihm wohlbekannt war und so überaus seriös, dass man ihm keine unreellen Geschäfte zutrauen konnte.

      Sicher lohnte es sich, diesen Reyken zu beobachten, aber das sollte Kurti übernehmen. Edwin Pichler nannte seinen Kompagnon auch Kurti.

      Immerhin aber wäre es für ihn sehr interessant gewesen, Reyken gleich beobachten zu lassen, denn er verließ eine halbe Stunde später das Haus und fuhr mit seinem amerikanischen Straßenkreuzer in die Stadt, wo er sich mit jener Frau treffen wollte, die sich bei Dr. Norden Tatjana Anatol genannt hatte.

      *

      Saskia rührte sich nicht vom Bett ihrer Mutter. Schwester Doris, ein freundliches junges Mädchen, hatte ihr Kaffee gebracht und Gebäck, aber Saskia hatte beides noch nicht angerührt.

      Sie wartete sehnsüchtig, dass ihre Mutter die Augen aufschlagen würde, mit der Angst in ihrem jungen Herzen, dass dies nie mehr sein könnte. Doch ihr stilles Flehen wurde erhört.

      Gegen Mittag kam Evelyn Boerden zu sich.

      Zärtlich streichelte Saskia ihre Hände. »Mutter, liebste Mutter«, flüsterte sie.

      »Aimée«, hauchte Evelyn Boerden. Es war ihr Kosename für ihr Kind. Ihre durchscheinenden Augenlider flatterten, und als sie sich dann endlich hoben, blickte Saskia in fiebrig glänzende Augen.

      »Wo bin ich?«, fragte Evelyn.

      »In der Behnisch-Klinik. Dr. Norden hat dich hergebracht. Du hattest einen schlimmen Herzanfall.«

      »Es ist nach den Tabletten noch schlimmer geworden«, sagte Evelyn geistesabwesend. »Ich wollte dich nicht erschrecken. Früher haben sie immer geholfen.«

      Saskia wusste nicht, wovon ihre Mutter sprach, aber sie merkte sich alles.

      Sie wollte mit Dr. Behnisch und Dr. Norden über diese Tabletten sprechen.

      »Es wird dir bald wieder bessergehen«, sagte sie tröstend.

      »Kind, mein Liebes, ich habe nicht mehr viel Zeit. Ich muss dir noch manches sagen, aber ich bin so müde. Wende dich an Dr. Camphausen, wenn ich keine Kraft mehr habe. Sprich mit Reyken kein Wort.«

      »Warum wohnt er in deinem Haus, Mutter?«, fragte Saskia flehend.

      »Ich weiß es nicht.«

      Saskia glaubte nicht richtig zu hören. »Du weißt es nicht?«, fragte sie.

      »Nein, ich weiß es nicht«, erwiderte ihre Mutter monoton. Und die wenigen Worte, die sie gesprochen hatte, schienen schon wieder zu viel für sie gewesen zu sein.

      Angsterfüllt drückte Saskia auf die Glocke, und gleich kam Dr. Jenny Lenz. Sie fragte nicht viel, sondern verabreichte der Kranken erneut eine Injektion.

      »Meine Mutter war bei Bewusstsein«, erklärte Saskia. »Wir konnten einige Worte miteinander sprechen. Sie sagte etwas von Tabletten, die ihr sonst geholfen hätten, aber diesmal sei es noch schlimmer geworden.«