Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Серия: Dr. Norden Bestseller Paket
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740937553
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ich mir jetzt seltsamerweise sehr gut vorstellen, doch noch einmal zu heiraten. Wenn Bettina mich dann auch im Stich lässt, würde es sehr einsam um mich. Sie können es sich ja mal überlegen. Es braucht nicht heute und morgen zu sein.«

      Fassungslos sah ihn Annette an. »Was soll ich mir überlegen?«, fragte sie.

      »Ob Sie sich vorstellen könnten, mich zu heiraten. Ich bin zwar ein Mann schneller Entschlüsse, aber keiner unüberlegten. Ich gestehe auch offen, dass ich selbst überrascht bin, auf meine alten Tage noch auf diesen Gedanken zu kommen, aber es sind sehr angenehme Gedanken«, bekannte er lächelnd.

      »Sie und alt!«, sagte Annette verwirrt. »Ein Mann, für den eine Siebzehnjährige schwärmt. Cécile hat gesagt, dass sie sich in Sie verlieben könnte.« Sie errötete, weil ihr das herausgerutscht war.

      »Das finde ich reizend, aber an sich wäre es mir lieber, Céciles Mama würde ähnliche Gedanken hegen. Bin ich zu direkt? Das ist leider eine meiner schlechten Eigenschaften.«

      »Ich finde, dass es eine liebenswerte Eigenschaft ist«, sagte Annette. »Sie haben mich in Verlegenheit gebracht, Herr Herzog. Wirklich.« Sie wirkte hilflos wie ein junges Mädchen.

      Er ergriff ihre Hand und zog sie an die Lippen. »Sie werden es sich durch den Kopf gehen lassen, darum bitte ich Sie. Sie würden mich glücklich machen.« Und dann sagte er ihr gute Nacht und zog sich in sein Zimmer zurück.

      Wie eine Träumende ging Annette in ihres. Müde war sie von einem langen Arbeitstag, aber seit Karl Herzog im Hause war, verspürte sie nicht mehr die Resignation, der Verantwortung doch nicht gewachsen zu sein. Was es doch ausmachte, wenn ein Mensch da war, der Verständnis hatte, der ihr liebe Worte sagte. Die Kinder waren zu jung, um ganz zu begreifen, was der Alltag von ihr forderte, wieviel Kraft sie brauchte, um allen Anforderungen gerecht zu werden. Sie liebte ihre Kinder. Sie war bereit, alles für sie zu tun, aber es war so gut, wenn man sich an eine starke Schulter anlehnen konnte. Es erging ihr genauso wie Isabel Guntram oder wie Ricky, und unter den Dächern dieser großen Stadt mochten auch viele andere die gleiche Sehnsucht haben.

      Sie konnte es sich gut vorstellen, an der Seite dieses Mannes zu leben, der ihr so direkt und doch so liebevoll seine Gedanken verraten hatte. Nur der Gedanke schreckte sie, dass jemand meinen könnte, sie suche materielle Sicherheit.

      Plötzlich huschte Cécile zur Tür herein. Sie hatte ihr Zimmer neben ihr. Manchmal, wenn Annette abends nicht zu müde war, plauderte sie noch mit ihrer vernünftigen Großen, die sich so sehr bemühte, ihr zu helfen, aber heute war es doch schon sehr spät.

      »Mami, ich würde dich gern was fragen«, flüsterte Cécile.

      »Was denn, Kind?«

      »Magst du ihn? Ich habe es zufällig gehört. Das war doch ein Heiratsantrag.«

      »Nicht so direkt, Cécile.«

      »Er war sehr direkt. Und er war einfach himmlisch. Warum hast du nicht ja gesagt, Mami? Was meinst du, wie närrisch die Buben wären. Und ich würde mich auch schrecklich freuen. So was passiert einem doch nur einmal im Leben.«

      Annette erschrak fast. Dachte Cécile denn gar nicht mehr an ihren Vater?

      Nur einmal im Leben. Es kann einem auch zweimal passieren, ging es ihr durch den Sinn. Und es ist ein Geschenk des Himmels, wenn man zum zweiten Mal der Liebe begegnen darf.

      »Zu bieten hast du doch auch schließlich was«, meinte Cécile realistisch, als könne sie ihre Gedanken erraten. »Weißt du, ein Mann wie Herzog Karl weiß, was er will. Ich würde sofort ja sagen, wenn er mir einen Heiratsantrag machen würde.«

      »Cécile!«, rief Annette aus.

      »Lieber Gott, wäre ich doch nur zwanzig Jahre älter«, seufzte Cécile. »Natürlich würde ich ihn viel lieber als Daddy haben, aber wenn er wieder ganz aus unserem Leben verschwinden würde, wäre ich sehr traurig und meine Brüder auch.«

      Und ich auch, dachte Annette.

      »Bettina hätte bestimmt nichts dagegen«, sagte Cécile. »Ich glaube sogar, dass es ihr sehr recht wäre, wenn ihr Daddy nicht allein ist. Sie wird ja nun bald heiraten.«

      »Was du alles weißt«, meinte Annette kopfschüttelnd.

      »Ich habe halt Augen und Ohren offen, Mami. Du hast doch gesagt, dass es so sein muss, wenn man im Leben weiterkommen will.«

      Dazu gab es nichts zu sagen. Cécile war ein selbständiges Persönchen. Viel selbständiger und auch selbstsicherer, als sie es selbst in diesem Alter gewesen war. Und das war gut so. Aber auch Cécile hatte den Wunsch nach einem richtigen Familienleben, das war Annette heute deutlich geworden.

      Ja, Karl Herzog hatte es ihr bewusst gemacht, dass sie ihre Familie so nicht zusammenhalten konnte. Die Buben wuchsen ihr über den Kopf, daran konnte auch Cécile nichts ändern. Sie wurde mit den beiden Burschen auch nicht fertig. Aber bei Karl Herzog genügten schon ein paar Worte. Wie gut er mit diesen Kindern umzugehen wusste!

      Annette spürte noch den besonders zärtlichen Kuss von Cécile auf der Wange, als sie einschlief, und Karl Herzogs gütiger Blick begleitete sie in ihre Träume.

      *

      Dr. Behnisch war tief bestürzt, als am nächsten Morgen schon gegen neun Uhr zwei Herren von der Kriminalpolizei in der Klinik erschienen und Dr. Clermont zu sprechen wünschten.

      »Das ist unmöglich«, sagte er. »Dr. Clermont ist schwer krank.«

      »Wir brauchen dringendst eine Zeugenaussage von ihm«, erklärte der Größere von beiden. »Wahrscheinlich lässt sich dann seine schwere Krankheit erklären.«

      »Sie glauben zu wissen, wodurch sie hervorgerufen wurde?«, fragte Dr. Behnisch.

      »Es besteht die Wahrscheinlichkeit. Allerdings müssen wir dazu erst Dr. Clermont anhören.«

      Dr. Behnisch atmete auf. Er hatte schon gefürchtet, dass eine Anzeige gegen seinen Patienten vorliegen würde, und das hätte das ganze Bild, das er sich über ihn gemacht hatte, zerstört.

      »Darf ich fragen, was mit Frau Clermont geschehen ist?«, fragte er.

      Die beiden Beamten tauschten einen langen Blick. »Sie befindet sich in Haft«, wurde ihm dann geantwortet. »Es ist jedoch an ihrer Zurechnungsfähigkeit zu zweifeln.«

      Mehr erfuhr Dr. Behnisch nicht. Es war nicht viel, aber irgendwie beruhigend in Bezug auf André Clermont. Er wollte sich aber doch erst überzeugen, wie das Befinden seines Patienten an diesem Morgen war. Überraschend gut, wie er dann feststellen konnte. André war fast fieberfrei.

      »Es wäre Besuch für Sie da, Herr Clermont«, sagte Dr. Behnisch vorsichtig.

      »Immer herein damit«, erwiderte André froh, »wenn ich so früh auch nicht damit gerechnet habe.«

      »Es ist kein privater Besuch«, fuhr Dr. Behnisch fort.

      »Wer dann?«, fragte André.

      »Zwei Herren von der Kriminalpolizei, die eine Aussage von Ihnen haben möchte. Es betrifft wohl Ihre rätselhafte Erkrankung.« Hoffentlich hatte er sich diplomatisch genug ausgedrückt.

      »Haben Sie die Polizei eingeschaltet?«, fragte André nachdenklich.

      »Nein, ich nicht, obgleich wir auch noch nicht sicher sind, was die eigentliche Ursache ist.«

      »Ich kann es mir auch nicht erklären«, sagte André. »Ich überlege fortgesetzt, aber …« Dann unterbrach er sich plötzlich und starrte vor sich hin.

      »Nun, dann werde ich mir wohl anhören müssen, was die Herren von mir wollen, aber wenn privater Besuch kommen sollte, halten Sie ihn bitte zurück.«

      »Selbstverständlich, Herr Clermont. Und wenn es Ihnen zu viel oder zu unbehaglich werden sollte, läuten Sie. Hier habe ich mehr zu sagen als die Polizei.«

      »Sie sind nett«, sagte André lächelnd. »Ich habe ein reines Gewissen. Aber jetzt bin ich neugierig.«