Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Серия: Dr. Norden Bestseller Paket
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740937553
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nach Mitternacht war es auch, als Jürgen Isabel zu ihrer Wohnung begleitete. Er wollte sich verabschieden.

      »Sei doch nicht so empfindlich, Jürgen«, sagte Isabel. »Wozu willst du ein teures Hotelzimmer bezahlen? Mein Gästezimmer ist frei. Und solltest du auf meinen guten Ruf bedacht sein, so kannst du ihn vergessen.«

      »Deinen guten Ruf?«

      »Bah, was interessieren mich die Nachbarn. Die trauen mir sowieso viel mehr zu, als dahinter ist. Wir hatten noch kaum Zeit füreinander. Ich bin glücklich, dass du bei mir bist«, fügte sie dann zärtlich hinzu. »Oder wolltest du mir sagen, dass du dich anderweitig entschieden hast?«

      »Red nicht solchen Unsinn. Ganz im Gegenteil. Ich wollte dir sagen, dass ich es blödsinnig finde, wenn wir noch mit der Hochzeit warten.«

      »Und das vor der Wohnungstür?«, fragte sie. »Herein mit dir! Das ist ein Wort.«

      Und kaum hatte sie die Tür geschlossen, fiel sie ihm um den Hals.

      So hatte er sie noch nie erlebt, und er war fast ein wenig erschrocken. Auch darüber, dass er so leidenschaftlicher Empfindungen fähig war.

      »Ich möchte doch Kinder haben«, flüsterte Isabel. »Oder soll ich wirklich fremde Kinder adoptieren müssen?«

      »Wenn schon, dann wir gemeinsam«, sagte Jürgen leise. »Aber nur, wenn wir keine eigenen Kinder bekommen.«

      »Traust du mir das nicht zu?«, fragte Isabel lächelnd, aber doch schwang ein wenig Angst in ihrer Stimme.

      »Man kann es nie voraussagen, Isabel«, sagte Jürgen, »aber ich will dich nicht heiraten, damit du Mutter unserer Kinder wirst, sondern weil ich dich als meine Frau haben möchte. Nur als meine Frau.«

      *

      In André Clermonts Zustand schien tatsächlich wieder eine Verschlechterung eingetreten zu sein. Aus einem gemütlichen Beisammensein zwischen Dr. Behnisch und Jenny wurde nichts, aber gemeinsam verbrachten sie die Nacht in der Klinik. Ein ergiebiges Gespräch wollte sich nicht anbahnen. Jenny grübelte unentwegt über André nach, und Dieter Behnisch ließ sich von ihren sorgenvollen Betrachtungen anstecken.

      »Die Nadel«, sagte sie wieder sinnend. »Immerzu spricht er von der Nadel. Was mag das für eine Nadel gewesen sein?«

      »Und diese Laila? Ist das etwa eine moderne Lucrezia Borgia?«

      »Sie brauchen nicht zu spotten. Es ist nicht von der Hand zu weisen. Diese Laila muss ein Trauma für ihn sein. Wenn er nur nicht so verworren reden würde. Und warum hat er sich wegen des Hotelzimmers so aufgeregt?«

      »Also nicht nur ein schwieriger, sondern auch ein geheimnisumwitterter Patient, Jenny. Tragen wir es mit Fassung, und vergessen wir darüber nicht, dass wir auch noch andere Patienten haben.«

      Sie geriet sofort in Verlegenheit. »Ich vernachlässige meine Pflichten nicht«, sagte sie rasch.

      »Das weiß ich«, erwiderte er voller Wärme. »Sie machen auch Dienst rund um die Uhr, aber ich habe die Verantwortung. Nicht nur für die Patienten, sondern auch für meine Mitarbeiter. Sie werden jetzt wenigstens ein paar Stunden schlafen.«

      »Und Sie?«

      »Ich auch, Schwester Petra weckt mich dann schon, wenn ich gebraucht werde.«

      Aber so schnell schlief er noch nicht ein. Er ging noch einmal in das Ärztezimmer, ganz leise, um sie nicht zu wecken.

      Sie war schnell eingeschlafen. Ihr Gesicht war entspannt, und sie atmete ruhig. Es war kein schönes Gesicht im landläufigem Sinne, aber ein ausgesprochen liebes Gesicht, wie er feststellte.

      Sie war ein scheuer, vom Glück wenig begünstigter Mensch, aber ungemein tüchtig und zuverlässig, dass er einfach nicht begriff, warum sie bisher nicht anerkannt worden war von den männlichen Kollegen. Vielleicht, weil sie zu tüchtig war?

      Ihm nötigte das nur Achtung ab. Seit sie an seiner Klinik war, gab es kaum noch Schwierigkeiten. Alles lief wie am Schnürchen, und dabei drängte sie sich gewiss nicht in den Vordergrund. Sie war immer gegenwärtig, und man spürte sie doch kaum.

      Aber sie war doch eine Frau, und ihr Interesse an André Clermont war ungewöhnlich groß. War es mehr, als ein berufliches Interesse?

      Einen solchen Gedanken schob Dr. Behnisch unwillig von sich, aber er beschäftigte ihn dann doch und ließ ihn nicht zur Ruhe kommen.

      Er muss schleunigst gesund werden und wieder verschwinden, dachte er dann zornig. Und dann ging es ihm durch den Sinn, ob nicht ein anderer ihn aus dem Weg räumen wollte, nicht nur wegen einer lächerlichen Eifersucht, sondern aus Hass.

      *

      Poldi Steiger sollte an diesem Abend auch auf seine Kosten kommen. Er hatte in manchen Dingen den sechsten Sinn. Im Allgemeinen ein geduldiger und zielstrebiger Mensch, wurde er öfter einmal von einer inneren Stimme getrieben.

      Was Frauen anbetraf, war er nie ein Kostverächter gewesen, wenn auch gewisse Vorstellungen nicht wegzudenken waren. Die einzige Frau, der er jedoch tiefe Gefühle entgegenbrachte, war unerreichbar für ihn. Es war Bettina Herzog. Sie wusste es nicht und sollte es nie erfahren, aber Poldi hätte sich für sie in Stücke reißen lassen.

      Es war reine Intuition bei ihm gewesen, Andrés Sachen aus der Pension zu holen. Er hatte sie auch sofort und ohne sie näher zu untersuchen, in die Klinik gebracht. André war sein Freund. Das war auch so geblieben, obwohl dieser sich ganz zurückgezogen hatte. Freundschaft hing nicht davon ab, dass man in ständiger Verbindung war. Für Poldi war sie etwas Unantastbares, und wenn jetzt jemand Zweifel an ihm hegte, tat er ihm bitter Unrecht.

      Die zweite Intuition kam, als er an seinem Schreibtisch saß und an einem Artikel herumdokterte. Er erinnerte sich, dass der Ober seines Stammlokals ihm beim Mittagessen gesagt hatte, dass eine Dame nach ihm gefragt hätte. Eine sehr elegante, schicke Dame.

      Was war eigentlich mit seinem Telefon los? Warum rief Bettina ihn nicht einmal an? Dieser Gedanke war ihm auch wie ein Blitz gekommen, nachdem er stundenlang auf ihren Anruf gewartet hatte.

      Er selber wollte sie nicht anrufen. Sie wollte nicht mit ihm in Verbindung gebracht werden, und er hielt sich an diese Abmachung.

      Er nahm den Hörer ab. Die Leitung war tot. Konsterniert starrte er das Telefon an, zog an der Schnur und hielt sie in der Hand.

      Das war nicht nur merkwürdig, sondern ein Alarmsignal. So deutete er es jedenfalls, aber so viel er auch suchte, konnte er doch nicht feststellen, dass etwas in seiner Wohnung verändert war oder darauf hindeuten würde, dass ein Fremder hier gewesen wäre. Er konnte es also nur so deuten, dass seine Putzfrau versehentlich den Stecker herausgerissen hatte. Er war auf diesen Gedanken gar nicht gekommen, weil er selbst nicht telefoniert hatte. Aber vielleicht hatte Bettina versucht, ihn zu erreichen, und sie war es dann gewesen, die in seinem Stammlokal nach ihm gefragt hatte.

      Poldi war manchmal sehr schnell entschlossen, und so zog er seine Lederjacke an und begab sich außer Haus, auf direktem Wege zu dem Lokal, das gleich an der Ecke lag. Er kannte die Bedienung gut, ein sehr nettes Mädchen, das sich mit diesem gewiss nicht leichten Job sein Studium verdiente. Er konnte sie veranlassen, Bettina anzurufen, ohne selbst dabei in Verdacht zu geraten.

      Es sollte alles einen anderen Verlauf nehmen, als er es sich gedacht hatte, denn an der Bar saß ein schickes, sehr elegantes weibliches Wesen, das ihm wohlbekannt war seit zwei Tagen. Sein Vorteil lag allerdings darin, dass sie nicht wusste, dass er sie kannte. Es war Laila Clifford oder Clermont, oder wie sie sich sonst noch nennen mochte. Heute trug sie eine blonde Perücke, die ihr zugegebenermaßen sehr gut zu Gesicht stand. Sie wirkte irgendwie ätherisch, und das war auch ganz ihre Absicht.

      Poldi erkannte sie sofort, obgleich er sie vor zwei Tagen noch rothaarig vor der Behnisch-Klinik gesehen hatte, und er ahnte auch sogleich, dass sie diejenige gewesen war, die sich nach ihm erkundigte, wenngleich er nicht wusste, woher ihr seine Freundschaft mit André bekannt sein könnte.

      Er ging an ihr vorbei und setzte sich an