Al Capone Staffel 1 – Kriminalroman. Al Cann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Al Cann
Издательство: Bookwire
Серия: Al Capone Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783863775209
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hatten. Es war ein größerer, vierschrötiger Mensch mit blondem Haar und eingeschlagener Sattelnase. Er hatte ein Gesicht wie ein ehemaliger Boxer. Das verformte »Blumenkohlohr« verriet den ehemaligen Fighter.

      »Los, da lang«, gebot er mit knarrender Stimme und deutete mit seinem gewaltigen Kinn den Gang hinunter.

      Als die Gittertür hinter Baster lag, atmete er auf. Aber seine Hoffnung sank gleich wieder, als er das Gesicht des Kommissars sah, der brütend hinterm Schreibtisch hockte.

      »Buster, wir wollen die Sache kurz machen, wir haben es beide nicht nötig, uns etwas vorzumachen. Sie wissen, was Sie wissen, und ich weiß, was ich weiß. Und ich weiß, daß Sie die Frau gekillt haben.«

      Buster zog die Brauen zusammen:

      »Das ist doch nicht Ihr Ernst!«

      »Es ist mein Ernst, und jetzt geben Sie das Theater auf.«

      »Schluß jetzt! Sie geben zu, daß Sie da im Parkweg gesteckt haben, um dem Girl aufzulauern. Kann mir denken, was Sie mit dem Mädchen vorhatten. War ja auch eine ganz ansehnliche Puppe, nicht wahr?«

      »Herr Kommissar!« Wie ein Schrei standen die beiden Worte im Raum.

      Da sprang Barger hoch und hieb mit der rechten Faust auf die Tischplatte, daß die Bleistifte tanzten und die Kaffeetasse zu wackeln begann.

      »Jetzt bin ich’s aber leid! Was glauben Sie eigentlich, wen Sie hier vor sich haben, Mann! Die Sache ist glasklar, und Sie bilden sich ein, mir hier noch etwas vormachen zu können. Jetzt gehen Sie sofort da rüber und unterschreiben das Protokoll, das ich diktiere.«

      Kommissar Barger diktierte ein Protokoll. Es besagte, daß der Busfahrer Joseph Buster, zweiundvierzig Jahre alt, die neunundzwanzigjährige Büroangestellte Ireen Moreland erdrosselt hatte.

      Der Busfahrer hatte das Gefühl, von einem Keulenschlag getroffen worden zu sein.

      Da trat Hings an ihn heran und legte ihm seine schwere rechte Hand auf die Schulter.

      »Ja, Junge, das hätten Sie sich nicht träumen lassen, daß die Sache so schnell rollt, was? Aber Sie können beruhigt sein, so was geht immer ziemlich schnell bei uns. Es ist bis jetzt nur wenigen gelungen, so eine Sache glatt abzuwickeln. Also los, gehen Sie rüber und unterschreiben Sie.«

      Buster blickte in Hings’ Gesicht und hatte plötzlich das Gefühl, daß er weglaufen müßte. Er wandte sich um, verhielt aber sofort wieder den Schritt. Drüben an der Tür stand mit finsterem Bullbeißergesicht der Polizist mit der eingeschlagenen Boxernase.

      »Also, was sollen die Fisematenten, Buster, rüber jetzt und unterschreiben! Wir sind schließlich auch müde. Oder glauben Sie, wir wollen uns hier Ihretwegen die ganze Nacht um die Ohren schlagen!«

      Noch um zwei standen sie im Arbeitszimmer des Kommissars und um halb drei auch noch. Zehn Minuten vor drei schließlich lehnte sich Harold Barger auf seinen Stuhl zurück und stützte den Kopf in die Hände. Hings bellte den Festgenommenen an:

      »Wenn Sie jetzt nicht das Maul aufmachen, dann öffne ich Ihnen die Zähne, verstehen Sie?«

      Auch Godefrey und Bill Luchtens waren wieder hereingekommen. Zweifellos aber war der gipsgesichtige Gehilfe Rattler der Übelste von allen. Er war elegant gekleidet, trug einen Anzug nach englischem Muster, rauchte eine Zigarette nach der anderen, hatte einen kurzen militärischen Haarschnitt und warf sich unentwegt in seine Hühnerbrust, um sich in Positur zu stellen.

      »Jetzt hören Sie genau zu, Buster, was ich Ihnen sage; Sie kennen uns noch nicht. Ich werde Hings jetzt den Auftrag geben, Sie etwas geständnisfreudiger zu machen; Sie bilden sich wohl ein, daß wir hier einen Kindergarten haben, der sich mit Burschen Ihres Schlages bis tief in die Nacht hinein abzugeben hat. Los, Hings, machen Sie ihn mal ein bißchen munter.«

      Hings stieß dem Busfahrer plötzlich den rechten Ellbogen in die Rippen.

      Buster keuchte auf und rang nach Atem.

      »Na, wollen Sie endlich die Zähne aufmachen?« krächzte ihn Rattler rostig an, während er den Kopf weit über den Schreibtisch nach vorn stieß. Der Kommissar hatte den Kopf angehoben und blickte den Festgenommenen jetzt ebenfalls erwartungsvoll an.

      Aber der schwieg.

      Da fauchte Rattler:

      »Los, Hings, machen Sie ihn munter!«

      Da holte Hings wieder aus und stieß den Häftling mit einem scharfen Ellbogenstoß in den Leib.

      Da ballte der Busfahrer die Faust und schlug in plötzlich aufwallendem Zorn zu – mitten in das widerlich grinsende Gesicht von Hings. Der torkelte zurück, und als er die Hand vom Gesicht nahm, sah Buster einen Blutfaden aus seiner Nase ziehen.

      »He«, meinte Rattler, »was war denn das? Jetzt reicht’s mir! Hings, machen Sie diesen…«

      Da hob Barger beide Hände. »Schluß für heute. Abführen!«

      Der Polizist mit dem Boxergesicht öffnete die Tür und deutete mit dem Daumen hinaus auf den Gang. Joseph Buster ging mit schwerem, schleppendem Schritt hinaus.

      *

      Schon in der Frühe des nächsten Vormittags wurde der Busfahrer Joseph Buster dem Untersuchungsrichter vorgeführt. Länger als zwölf Stunden durfte nach dem Gesetz des Staates Illinois kein Festgenommener ohne richterlichen Beschluß in Haft gehalten werden. Der Untersuchungsrichter war ein hagerer Mensch mit einem uninteressierten kühlen Gesicht und einer Stahlrandbrille. Er hatte dünnes, gescheiteltes aschblondes Haar, und zwischen seinen schmalen Brauen stand eine scharfe Falte, die bis in die Mitte seiner Stirn ging. Unter der Nase saß ein winziger dünner Schnurrbart, der absolut nicht in dieses Gesicht passen wollte.

      Der Richter schien es eilig zu haben, denn er blätterte die Akten auf und zog sich die Krawatte zurecht. Noch ehe die beiden Männer neben ihm Platz genommen hatten, begann er:

      »Also fangen wir an!«

      Der Mann, der vorm Richtertisch stand, bekam plötzlich weite Augen. Ganz deutlich konnte er da in Blockbuchstaben einen Namen auf einer Liste, die vor dem Richter lag, stehen sehen, der ihm das Blut in den Adern stocken ließ.

      Es war der Name Emy Lofterson.

      Buster hatte das Gefühl, von einem Keulenschlag getroffen worden zu sein. War das ein Zufall, oder stand der Name da wirklich auf dem Papier?

      Mehr als neunzehn Jahre lag es zurück. Er wohnte damals drüben im Stadtteil Stickney. Eines Morgens fand die Polizei seine dreißigjährige Hauswirtin Emy Lofterson ermordet in ihrer Behausung auf. Sie war erwürgt worden. Später stellte sich heraus, daß sie kurz vor ihrem Tod eine kleine Erbschaft gemacht hatte. Die Polizei verhaftete die drei Bewohner des kleinen Miethauses. Auch der junge Busfahrer Joseph Buster wurde festgenommen. Wochenlang saß er genau wie seine Nachbarn Harry Derksen und der alte James Cornfield in Untersuchungshaft. Schließlich wurde Derksen entlassen. Buster und Cornfield saßen noch zwei weitere Wochen, und dann entdeckte man im Leben des alten James Cornfield einen dunklen Punkt.

      Glaubten sie, diesen dunklen Punkt jetzt bei ihm, Buster, entdeckt zu haben? Man hatte Cornfield damals nichts nachweisen können und ihn ebenso wie Buster mangels Beweisen wieder auf freien Fuß setzen müssen. Cornfield war zwei Jahre später gestorben, und das Verbrechen in Stickney blieb ungesühnt.

      Wie waren sie hier so schnell darauf gekommen?

      Der Richter hob den Kopf.

      »Ihr Name ist Joseph Teodore Buster. Sie sind zweiundvierzig Jahre alt und verheiratet, drei Kinder, von Beruf Busfahrer, gesund – und leben in erträglichen Verhältnissen. Ihre Frau ist einundvierzig Jahre alt und eine geborene Elizabeth Norton…« Der Richter leierte das Ganze wie eine Litanei herunter. Er sprach fast fünf Minuten lang. Dann machte er eine Pause, blickte auf seine knochigen Finger, nahm dann die Akte heran, auf der das angeheftete Blatt mit dem Namen der ermordeten Barfrau Emy Lofterson lag. Plötzlich flog sein Kopf hoch, und er sagte, ohne die Zähne auseinanderzunehmen:

      »Es