Er geht! durchzuckte es ihn. Wo ich ihn endlich vor mir hatte.
Aber es war nur der Bluff, der ganz große Bluff – auf den er hereinfiel.
Holliday schob seinen Stuhl an den Tisch und deutete eine Verbeugung an.
Meredith sah, daß Laura Higgins blaß vor Ärger geworden war. Auch sie war auf den Bluff hereingefallen.
Doc Holliday nahm sein Zigarettenetui aus der Tasche, nahm eine seiner langen russischen Zigaretten heraus und schob sie zwischen die Lippen.
Einer der Männer reichte ihm Feuer.
Der kleine Blomendaal kam zu spät mit seinem Zündholz, starrte den Doktor fasziniert an und stieß einen spitzen Schrei aus, da ihm das Zündholz die Daumenkuppe angesengt hatte.
Genau in dem Augenblick, als es genauso aussah, als ob Holliday gehen wollte, fing Meredith wieder einen Blick der Frau auf.
Da erhob er sich. »Doc!«
Der Georgier blickte ihn über die rechte Schulter an. »Ja?«
»Ich hatte mich gefreut, bis hierher gekommen zu sein…«
»Ich verstehe Sie nicht«, quälte ihn der Spieler, der sehr gut verstand.
»Ein Spiel. Ich wollte Sie um ein kleines Spiel bitten. Bei uns daheim gibt es ein paar Leute, die behaupten, Sie einmal gesehen zu haben. Ich… könnte dann sagen, daß ich mit Ihnen gespielt habe.«
»Aha«, entgegnete Holliday uninteressiert und zog seine Uhr.
Da griff Laura Higgins ein.
»Auf so eine gentlemanlike vorgetragene Bitte können Sie doch nicht nein sagen, Mister Holliday.«
Der Spieler schickte ihr einen kurzen, verwunderten Blick zu.
In diesem Augenblick war ihm alles klar:
Die Frau hatte wieder einen Mann für sich gewonnen, den sie gegen ihn vorschicken wollte.
Er schüttelte leicht den Kopf und zog dann den Stuhl wieder zurück.
Meredith schluckte, als er in die eisblauen Augen des Spielpartners sah, den er sich da mit dem Mut der Verzweiflung gesucht hatte. Seine Selbstsicherheit, die so rasch kam und wieder ging, war auf den Nullpunkt gesunken.
Er riß sich von Hollidays Blick los und suchte die Augen der Frau.
Er erschauerte unter ihrem aufmunternden Lächeln und rief:
»Salooner! Brandy!«
Er trank nie Brandy, aber er hatte ihn im Glas des Georgiers gesehen.
»Vielleicht finden wir noch zwei Gentlemen«, sagte er, als er einen kräftigen Schluck genommen hatte.
Es fanden sich jedoch keine
Gentlemen.
Und zwar deswegen, weil Holliday niemanden dazu mit einem Blick aufforderte. Er sah auf Meredith.
Und der erfaßte nicht, daß er damit zum Double Poker verurteilt war.
»Zwei Gentlemen«, rief er und sah sich um.
Aber er sah nur abweisende Gesichter.
Immerhin waren die Männer stehengeblieben, denn es gab doch sicher etwas zu sehen.
War es doch der Tex, der gestern Urb Kelly an den Bettelstab gebracht hatte. Er würde gegen Holliday zwar keinen solchen Erfolg erzielen, aber es mußte ein Pokerfight werden, der sehenswert war.
Das allerdings wurde es nicht.
Meredith schluckte wieder und sah seinen Spielpartner an.
Wie Bergkristalle blitzten ihn die Augen Doc Hollidays an; es war ein funkelnder, kalter Glanz. Und dennoch schien der Georgier völlig teilnahmslos dreinzublicken.
Der blaue Rauch seiner Zigarette stieg kerzengerade zur Lampe hinauf, die über dem Tisch hing.
»Also…«, krächzte Meredith.
Aber der Georgier half ihm nicht, er tat ihm keinen Gefallen.
Und plötzlich traf es den Texaner wie ein Peitschenschlag: Er will den Double Poker!
Nein, um keinen Preis! Da war ja sein Geld in Gefahr.
Er blickte auf, sah aber nur mitleidlose Augen.
Und Holliday rührte sich nicht. Wie aus Bronze gegossen saß er da.
»Dann wird’s also leider nichts«, suchte er sich herauszuretten.
Da öffneten sich die Lippen des Spielers. »Weshalb nicht?«
»Aber… wir haben doch keine Leute…«
»Wir beide sind doch da. Und Sie wollten doch ein Spiel. Also?«
Dieses »also« nagelte ihn auf den Platz.
Er nickte müde.
Dann begann das Spiel.
Meredith verlor sofort.
Holliday fragte: »Wieviel Gänge?«
»Ich weiß nicht.«
»Sieben?«
»Meinetwegen.«
»Sie müssen nicht.« Der Georgier nahm die Zigarette aus dem Mund und streifte die Asche in der silbernen Schale ab.
Flammende Zornesröte hatte das Gesicht der Frau überzogen. Da hatte er ihn also überrumpelt, der Doc, hatte ihn auf ein Gleis gezwängt, auf dem der Texaner verloren war.
»Vielleicht ist Mister Meredith an diesem Spiel nicht interessiert«, wagte sie einzuwerfen.
Holliday hob den Kopf und sah sie an.
»Vielleicht braucht Mister Meredith Ihre Hilfe, Madam?«
Da wandte sie sich ab und ging.
Meredith war grau geworden. »Ich spiele.«
»Sie wollten es doch«, entgegnete Holliday. »Wir können es auch lassen.«
Lassen? Nein, dann war er unmöglich hier! Außerdem mußte er ja annehmen, wenn er Holliday nicht verstimmen wollte.
»Selbstverständlich spielen wir«, sagte er rauh und mühte dann ein Lächeln in sein Gesicht.
»Wieviel Gänge?«
»Ist mir einerlei. Drei meinetwegen.«
»Drei ist die schlechteste Zahl. Da kann man verlieren, gewinnen und wieder verlieren.«
»Allerdings. Man kann natürlich auch dreimal gewinnen«, überlegte der Texaner.
»Und dreimal verlieren«, fügte Holliday hinzu.
»Also sieben Gänge!«
Der Georgier nickte zustimmend.
Meredith verlor den ersten Gang.
Und den zweiten. Die Leute um den Tisch herum verstummten.
Irgend jemand stellte das Gehämmer des Orchestrions ab.
Unbemerkt war Laura Higgins zurückgekommen.
Der dritte Gang ging ebenfalls an Holliday.
Im vierten hatte Meredith unschlagbare Karten – und fiel doch auf den eiskalten Bluff Hollidays herein.
Er wurde graugrün im Gesicht, als Holliday die Spielsumme nannte, die zum viertenmal verdoppelte Summe.
Welch eine Summe bereits! Wenn die sich noch dreimal verdoppelte, war er ruiniert.
Sie verdoppelte sich noch dreimal.
Meredith war wie taub und blind.
Er saß da und starrte auf das Geld.
Holliday