»Die Ehrenchance? Mit verdoppelter Summe?«
Der Georgier nickte.
Aber Gilbert Meredith besaß nichts mehr, um diese Summe zu verdoppeln, um an die sogenannte Ehrenchance zu gelangen, die er auf jeden Fall »nützen« wollte.
Holliday zündete sich eine Zigarette an und nippte an seinem Glas.
»Sie haben doch Urb Kellys Schuldschein.«
Meredith erschrak förmlich. »Urb Kellys Schuldschein… Ja, akzeptieren Sie so was denn?«
»Weshalb nicht?«
Meredith zerrte ihn aus der Tasche und warf ihn auf den Tisch.
Den gab er gern – den Wisch. Er ersparte ihm den Kampf mit dem Mayor und dem Marshal. Und außerdem, er würde ihn ja zurückgewinnen, mit all dem Geld, das da lag.
Er hatte gute Karten – und wurde so geblufft, daß er das Spiel verloren sah.
Jetzt! Jetzt mußte er es riskieren.
Er hüstelte und streckte die Linke vor, als wollte er etwas sagen.
Da geschah es!
Das Kreuz-As war plötzlich in seiner Rechten.
Holliday hatte die gleiche Karte blitzschnell in der umgedrehten Linken.
Eine einzelne Karte, die er vor aller Augen in diesem Moment von dem Kartenstoß genommen hatte.
Gil Meredith wurde leichenblaß.
Dann sprang er hoch.
Drüben stand die Frau, die den Kopf schüttelte.
Aber blind vor Wut, schrie der Texaner: »Das war…«
Seine Stimme brach ab. Seine Augen waren auf einen Mann gefallen, der in einer Lücke hinter dem Stuhl Doc Hollidays aufgetaucht war.
Wyatt Earp!
»Sprechen Sie nur weiter, Meredith«, sagte der Marshal. »Was wollten Sie eben sagen?«
Holliday erhob sich und maß ihn verächtlich.
»Das war das Ende eines Falschspielers, Gil Meredith.«
Wie Hammerschläge dröhnte es an sein Ohr.
Wyatt Earp trat an den Tisch.
»Er ist ein Betrüger. Jeder hat seinen Betrug gesehen. Zwar nicht die geschickt mit der Unterhand hochgespielte Trumpfkarte, aber Doc Holliday hat ihn dennoch entlarvt. Er hat seine Karte vom Stoß genommen, wo sie eingemischt lag. Und Meredith hat sie im Rockärmel gehabt. Gil Meredith, Sie sind wegen Falschspiel festgenommen. Alle Ihre Spiele in dieser Stadt sind ungültig.«
Holliday nahm seinen Einsatz heraus und schob dann das gewonnene Geld zur Seite.
»Es ist Kellys Geld.«
Der Marshal nickte und winkte einen älteren Mann zu sich heran.
»Hier, Bing, das ist das Geld deines Vetters. Bring es ihm und auch den Schuldschein. Sag ihm, daß Doc Holliday es zurückgeholt hätte…«
Holliday blickte den Banditen an. »Ein schlechtes Spiel, Meredith. Fast so schlecht wie der Rat, sich an mich zu wenden.«
Damit schickte er Laura Higgins einen Blick voller Verachtung zu.
Die Frau trat an ihn heran.
»Doc, ich flehe Sie an«, flüsterte sie, »geben Sie ihm eine letzte Chance, er ist in mich verliebt, der arme Teufel. Bitten Sie den Marshal um seine Freiheit. Ich… werde die Stadt für immer verlassen.«
Holliday blickte in ihre Augen.
»Sie haben mir noch nichts versprochen, Madam – aber ich werde es annehmen.«
Er wandte sich an den Missourier.
»Ich verzichte auf die Bestrafung dieses Mannes, Marshal. Und Urb wird kaum jetzt noch rachsüchtig genug sein, den Tex ins Straflager schicken zu wollen.«
»Der Mann ist unberechenbar. Er gehört zu Laura Higgins…«
»Sie will die Stadt verlassen.«
»Wann?« Wyatt hatte es laut gefragt.
»Heute abend noch, mit dem Zug, der in einer Stunde fährt. – Vielen Dank, Doc.«
Sie schickte dem Gambler einen undeutbaren Blick zu und sah dann Gil Meredith an.
»Sie sind frei, Mister Meredith. Der Marshal Earp ist nicht nur hart, er ist auch großherzig und gerecht.«
»Ob es gerecht ist, diesen Mann gehen zu lassen, Madam, bezweifle ich. Aber er soll gehen. Und zwar auch in dieser Stunde noch.«
Wie von Furien gepeitscht rannte Gilbert Meredith hinaus, stolperte auf die Straße, stahl sich in den Stall des Dodge House Hotels und sattelte im Dunkeln sein Pferd.
Als er es über den Hof zu der kleinen Pforte führte, um auf die dunkle Nebengasse zu kommen, zuckte er plötzlich zusammen.
Eine Frauenhand hatte seinen Arm ergriffen. »Gil…«
Der Mann hatte einen pulvertrockenen Gaumen.
»Lassen Sie mich, Madam!« keuchte er. »Ich muß weg. Ich habe kein Geld mehr, die Zeche hier zu zahlen…«
»Die werden andere zahlen«, hörte er die dunkle, zornbebende Stimme der Frau. »Sie werden sich und mich rächen, Gil. Hören Sie genau zu. Ich nehme den Zug und warte in Syra-cuse auf Sie. Vergessen Sie es nicht. Da drüben in dem Schuppen, da steht Petroleum. Hier ist der Schlüssel. Es ist nicht schwer, einen Kanister herauszunehmen und hier auf das Holz zu schütten. Warten Sie ab, bis er im Hause ist…«
»Wer?«
»Doc Holliday!«
»Und dann?«
»Zünden Sie das Petroleum an. Stellen Sie vorher noch zwei offene Blechkanister mit Petroleum in den Bereich des verschütteten Öls. Dann zünden Sie es an und fliehen. Das Pferd lassen Sie gesattelt hier stehen.«
*
Laura Higgins verließ die Stadt mit dem Zug.
Wyatt Earp hatte es beobachtet. Ehe die Frau auf die Bahn zuging, kam sie zu ihm und sagte:
»Lassen Sie ihn nicht verfolgen, Mister Earp. Er ist im Grunde ein harmloser Bursche. Wie ein Irrer ist er davongeritten.«
»Ich habe ihn nicht wegreiten sehen.«
»Aber ich – Kid Kay war auch dabei.«
Das war eine Lüge. Sie konnte sie leicht aussprechen, da sie Kid Kay hatte aus der Stadt reiten sehen, als sie zur Station ging.
Eine knappe halbe Stunde später brannte es im Hof des Dodge House Hotels.
Und eine Stunde später hatte sich der Brand vom Wind getrieben über sieben benachbarte Häuser gewälzt, unaufhaltsam fraßen sich die Flammen, vom Ostwind getrieben, in die Holzwände und Giebel, sprangen von Dach zu Dach und zernagten den Ostrand der Stadt.
Es war das Werk eines Verblendeten gewesen.
Er hatte Doc Holliday nicht getroffen, der war gar nicht im Hotel gewesen. Er hatte drüben im Office bei dem Marshal gestanden und die Bedenken des Marshals zu zerstreuen gesucht.
Dabei hatte er selbst kein gutes Gewissen bei der Sache gehabt. Hatte er doch der Bitte der Frau nachgegeben, weil er glaubte, sie ihr nicht abschlagen zu können. War es doch ihr Vater gewesen, den seine Kugel damals tödlich getroffen hatte…
Jetzt brannte die Stadt.
Wyatt Earp und Doc Holliday halfen sofort bei den Löscharbeiten im Hotelhof.
Der Brandstifter hatte die Nerven verloren und das Zündholz an das feuchte Schuppenholz gelegt, obgleich er den Georgier nicht im Hause wußte.
Er