»Was?« schrillte der Texaner. »Was nehmen Sie sich denn heraus? Ich habe mit diesem Mann da oben etwas zu besprechen! Er schuldet mir eine Menge Geld! Bilden Sie sich etwa ein, daß ich aus lauter Rücksicht darauf verzichten sollte?«
»Nein, das bilde ich mir nicht ein, Mister. Aber ich bilde mir sehr wohl ein, Ihnen sagen zu können, daß das kein Benehmen ist, was Sie sich da anmaßen.«
Da zuckte der Revolver des Texaners hoch, und krachend sauste der schwere Lauf auf Hellmers Schädel nieder.
Der Mann brach sofort neben der Treppe zusammen.
»Was haben Sie getan«, keuchte die Frau. »Er ist einarmig, seit dem Krieg! Sie sind ein…«
Meredith fuhr herum.
»Was bin ich? He? Reden Sie nur, Mrs. Kelly. Es wird Ihnen noch vergehen. Wissen Sie, daß dieses Haus nur einen Teil der Schulden deckt, die Ihr Mann bei mir hat? Hinausfegen werde ich euch. Und ihn bringe ich dahin, wohin er gehört: ins Jail! Er ist ein Betrüger! Ein Bandit! – So, und jetzt leuchten Sie, sonst werde ich mir selbst leuchten.«
Er stieg die Treppe wieder hinauf und öffnete oben die Tür des Kranken.
Ein Stöhnen drang ihm entgegen.
Meredith blieb voller Unbehagen stehen. Eine stickige Luft schlug ihm entgegen.
»Licht«, brüllte er über die Schulter.
Die Frau kam heran.
Als der Lichtschein den Kranken erfaßte, zog Meredith die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen.
»Kelly, damit wir uns verstehen: Ich hole mir mein Eigentum. Alles hole ich mir. Und Sie verschwinden morgen hier mit Ihrer Brut.«
»Nein«, keuchte der Mann, »ich muß erst gesund werden. Ich muß das Geld ja verdienen können, irgendwie…«
Der Texaner lachte rauh auf.
»Nein, darauf warte ich nicht. Ihr zieht hier aus, der Mayor kann euch ja aufnehmen.«
Urban Kelly blickte den Mann aus stieren, flimmernden Augen an.
»Gehen Sie hinaus!« keuchte er. »Verlassen Sie das Haus. Noch gehört es mir! Hinaus!«
Da trat der Texaner mit einem zynischen Lächeln um den Mund an das Bett des Kranken heran.
»Du reißt das Maul weit auf, Kelly! Wo stehst du denn, oder vielmehr, wo liegst du? Am Rand des Grabes.«
Da zuckte der Kranke hoch und zischte:
»Gehen Sie. Ich habe einen Revolver unter der Bettdecke in meiner linken Hand. Gehen Sie, Meredith, ehe ich vergesse…«
Da schlug der gefühllose Mann aus Texas zu.
Hart traf der gefühllose Mann aus Texas zu.
Kelly stöhnte auf.
Ein gellender Schrei brach von den Lippen der Frau.
Sie brach an der Tür zusammen.
Die Lampe fiel zu Boden, zerbrach – und wie ein Blitz lief der Feuerstrahl über das rinnende Kerosin.
»Feuer!« rief Kelly völlig benommen und wollte sich aus dem Bett stürzen.
Da waren unten Schritte im Haus. Wie Donnerschläge dröhnten sie über die Treppe.
Die Tür flog auf.
Es war der Marshal!
»Wyatt!« schrie Urban Kelly erstickt, »das Kerosin…«
Der Marshal hatte eine alte Decke vom Bettende gerissen und warf sie auf die Flammenfinger.
In wenigen Sekunden waren die Feuerzungen gelöscht.
Wyatt Earp griff im Dunkeln nach Meredith.
So hart spannte sich seine Rechte um den Arm des Texaners, daß der einen Schmerzenslaut nicht zu unterdrücken vermochte.
»Kommen Sie, Meredith!«
Der Texaner klammerte sich an dem Türgriff fest.
»Was haben Sie vor? Ich will nicht. Ich bin hierhergekommen, weil ich mit Kelly zu reden habe.«
Die Frau hatte sich ächzend aufgerichtet. Noch halb benommen, tastete sie sich zum Tisch nach der Lampe, die da stand, und zündete den Docht an.
»Der Marshal!« entfuhr es ihr.
»Kommen Sie mit, Meredith!«
»Nein! Was fällt Ihnen ein? Ich…«
Da zerrte ihn der Missourier durch die Tür zur Treppe. Wie einen Sack zog er ihn hinter sich her ins Untergeschoß.
Da lag der Invalide.
Das Licht, das die Frau in den Hausgang hielt, traf den Betäubten.
»Was ist mit Hellmers?«
»Er hat ihn niedergeschlagen.«
Gilbert Meredith riß sich los.
»Niedergeschlagen? Der Mann hat mich bedroht, Marshal. Vielleicht nehmen Sie das zur Kenntnis! Ich lasse mich nicht von jedermann hier bedrohen. Und Sie haben mich auch nicht so rüde anzufassen. Was bilden Sie sich eigentlich ein? Wer sind Sie denn schon! Sie sind ein Sternschlepper und ein Revolverschütze und glauben, weil Sie ein schneller Bursche sind, sich herausnehmen zu können…«
Es war nur eine Ohrfeige. Aber sie war so gesalzen, daß sie den Texaner zweimal um seine eigene Achse wirbelte.
An die Hoftür gelehnt, stand der Falschspieler da und starrte den Marshal an.
»Was haben Sie gewagt?« krächzte er.
»Gewagt? Noch ein Wort, das mir nicht paßt, Boy, und es kommt ein Gewitter! Und jetzt raus hier, Mann!«
Meredith stieß sich von der Tür ab und ging geduckt an dem Marshal und dem immer noch reglos am Boden liegenden Hellmers vorbei zur vorderen Haustür.
Da blieb er stehen. »Sie haben das nicht umsonst getan, Earp.«
»Sicher nicht. Aber trotzdem war es noch kostenlos. Und wenn Sie nicht sehr schnell sehen, daß Sie weiterkommen, gibt es noch eine Gratisportion dazu.«
»Ich gehe. Aber Sie hören noch von mir. Und Urb Kelly kommt ins Jail. Ich breche ihm das Genick, diesem Banditen.«
Hellmers kam zu sich, rieb sich über den schmerzenden Schädel und stand ächzend auf.
»Da ist er ja noch, dieser Würger.«
»Auch mit dem Krüppel rechne ich ab!«
Da dröhnten die Schritte des Marshals durch den Korridor. Er erreichte Meredith, ehe der sich absetzen konnte, packte ihn am Arm und zerrte ihn auf die Straße, wo er ihn so derb vorwärts schleuderte, daß Meredith stolperte und hinfiel.
Er hatte sich auf einem scharfen Stein ein Hosenbein aufgerissen.
»Das gibt eine Antwort, Wyatt Earp! Sie haben kein Recht, so mit einem ehrbaren…«
»Nehmen Sie dieses Wort nicht in Ihren ungewaschenen Mund, Meredith. Wie ehrbar Sie sind, weiß ich. Ein Mann, der einen Schwerverletzten derart quält, kann nicht den Anspruch auf Ehrbarkeit erheben. Und nun hören Sie zu, Meredith. Meine Geduld ist ziemlich groß, aber sie ist erschöpft, was Sie betrifft. Sie laufen hier gegen die Wand. Wenn ich Ihnen wieder auf diesen Wegen begegne, gibt’s Prügel.«
»Prügel?« stotterte der Texaner heiser. »Sie würden es wagen, mich zu schlagen?«
»Wagen? Pah, Sie hätten jetzt bereits die Jacke voll verdient. Aber das wird nicht weglaufen. Ich bin dessen sicher. Sie scheinen mir direkt danach zu schreien, Sie verdammter Wicht! Und jetzt scheren Sie sich davon, denn es juckt mich schon in den Fäusten.«
Die Stimme des Marshals war mit den letzten Worten so drohend geworden, daß Gil Meredith es vorzog, die Flucht