PURPURUMHANG. Tartana Baqué. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tartana Baqué
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783347164758
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heiß, und ich bin froh, dass ich meine Kleidung wechseln kann. Gerade als ich das Wasser der Dusche aufdrehe, klopft es an meiner Zimmertüre. Schnell streife ich mir den Bademantel über. Vor meiner Türe steht ein Page.

      „Disculpe la molesta”, entschuldigt er sich, ohne mich anzuschauen und neigt leicht seinen Kopf. Ich ziehe den Bademantel noch fester zusammen.

      „Aqui una carta para la Señora Julia Bergheimer.”

      „Soy yo“, antworte ich und bin froh, dass ich damals in der Schule Spanisch als zweite Fremdsprache gewählt hatte und nicht wie meine Freundin, Französisch. Er überreicht mir einen großen beigen Umschlag mit einem goldenen Wappen in der rechten Ecke. Ich schließe die Türe und reiße den Brief mit einem Ruck auf. Vorsichtig ziehe ich eine cremefarbige Klappkarte aus feinstem Büttenpapier heraus und lese:

       Es un honor para nosotros

       Señora Julia Bergheimer

       invitar a nuestro evento de

       CLUB ONE

       Miercoles de 12. Junio 2019, a las 11 horas

       En el Suite de Presente de

       Los Almendros Golf & Spa Hotel.

      Ich setze mich auf den Schreibtischstuhl und lese noch einmal die spanischen Zeilen. Man hat mich zu einem Meeting des CLUB ONE eingeladen.

      Komisch, ich kenne doch hier niemanden.

      Ich lege die Karte auf den Schreibtisch und steige erst mal unter die Dusche. Die Temperatur des Wassers drehe ich langsam runter. Die Kühle beruhigt meine Gedanken.

      Habe ich schon mal von diesem Club gehört? Wieso lädt man mich gerade ein? Wer könnte dahinterstecken? Was wollen diese Leute von mir?

      Nachdem ich mich trockengerubbelt habe, entscheide ich mich, im Restaurant zu frühstücken und bei der Rezeption vorbeizugehen. Vielleicht ist es eine Veranstaltung vom Hotel, zu der alle neuen Gäste eingeladen werden.

      Unten im Frühstücksraum ist es schon recht leer, und man weist mir einen kleinen Tisch am Fenster zu. Geschäftig decken die Keller die freien Tische für das Mittagessen ein.

      Während ich das Rührei vorsichtig auf meine Gabel schaufle, schaue ich in meinem Handy nach, ob ich irgendwelche Informationen über einen CLUB ONE im Internet finde. Allerdings gibt es so viele Anzeigen und Hinweise über Clubs oder Discotheken die ONE heißen, dass ich meine Nachforschungen aufgebe.

      Die junge Spanierin am Empfang bestätigt mir, dass meine Einladung korrekt ist, denn der Verein tagt einmal im Jahr im Hotel. Warum ich diese Karte bekommen habe, kann sie mir allerdings nicht sagen. Auf meine Frage nach Señora Sirina Meriska, teilt sie mir mit, dass sie heute schon sehr früh abgereist sei.

      Es ist schon recht heiß, aber ich will mir die Garten- und Poolanlage des Hotels anschauen. Doch schon nach einer Stunde bin ich außer Atem, und mein Kleid klebt mir an meinem Rücken. Ich gehe hoch auf mein Zimmer und schlafe gleich nach dem Duschen im Bett tief ein.

      Als ich aufwache, stelle ich fest, dass ich sechs Stunden geschlafen habe. Die Wetterumstellung und die letzten stressigen Ereignisse in Köln sind nicht spurlos an mir vorübergegangen.

      Ich ziehe mich an und gehe langsam die Treppen zum Los Olivos hinunter. Diesmal stolpere ich nicht, und keine starke Hand fängt mich auf. Unauffällig schaue ich mich im Restaurant nach einem großen Mann um.

      Ein Kellner kommt zu mir: „Buenas tardes, Señora, möchten Sie Ihren alten Platz haben?“

      „Si, gracias“, antworte ich und folge ihm auf die Terrasse.

      Ich wähle das Menü De La Noche, denn ich habe richtig Hunger. Als Getränk nehme ich nur ein Glas Wein mit einer Flasche Wasser, die im Menüpreis enthalten sind. Während ich Melone mit Schinken genieße, überlege ich das Pro und Contra, die Einladung des CLUB ONE anzunehmen.

      Langsam wird es dunkel, und die Lichter der Poollandschaft verwandeln den Garten in eine Märchenlandschaft. Hinter der La Concha, taucht groß und strahlend die runde Mondscheibe auf und überzieht den Garten mit einem silbrigen Glanz. Ich lausche dem nicht enden wollenden Gezirpe der Grillen. Ganz allmählich fällt die Anspannung der letzten Wochen von mir ab.

      Nur mit einem dünnen Laken bedeckt lege ich mich schlafen. Die Balkontüre ist weit offen. Der Wind bewegt die dünnen Fenstervorhänge am Fenster hin und her, im Gleichklang mit meinen Gedanken.

      Endlich entscheide ich mich, bevor ich einschlafe: Ich werde die Einladung annehmen.

      Was habe ich zu verlieren? Nichts!

      Nächsten Mittwoch ist das Meeting. Ich muss mir auf alle Fälle etwas Neues kaufen. Mit den beiden alten Kleidern aus Köln kann ich mich nicht sehen lassen. Vor allem, weil ich mit meinem BMI von neunundzwanzig weiß, dass ich zu dick bin. Wenn ich schon nicht gut aussehe, dann muss ich mich wenigstens vorteilhaft kleiden. Ich weiß, dass ich abnehmen muss. Erklärungen wie Hormonschwankungen, zu viel Stress oder Kummer sind letztendlich nur Ausreden.

      Vor meinem Spiegelbild im Bad bleibe ich stehen und sage beschwörend zu mir: „Ich bin für mein Verhalten verantwortlich! Ich bin wichtig! Hier in Marbella fängt für mich eine neue Zeit an – jetzt.“

      Am nächsten Tag gehe ich direkt nach dem Golftraining zur Rezeption.

      „Wo kann ich in Marbella qualitativ gute Garderobe kaufen?“, frage ich Maria, die Rezeptionistin, die heute Morgen wieder Dienst hat.

      „Am besten gehen Sie ins Corte Inglés in Puerto Banus. Dort sind alle angesagten Mode-Label von Escada bis Prada vertreten, aber auch preiswertere Marken wie Esprit, New Yorker, Betty Barkley und weitere. Sie werden bestimmt etwas Passendes für jede Gelegenheit finden, Madame“, erklärt sie mir mit einem Lächeln.

      „Gibt es einen Bus, den ich von hier nehmen kann?“, frage ich. „Ich habe noch keinen Leihwagen gemietet, weil ich mich erst einmal ganz dem Golfspiel widmen will.“

      „Nein, von hier können Sie keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen. Ich könnte Ihnen ein Taxi bestellen.“

      In diesem Moment gibt eine ältere Frau neben mir ihren Schlüssel ab.

      „Frau von Ebersbach, könnten Sie vielleicht Frau Bergheimer mit in die Stadt nehmen? Sie möchte ins Corte und hat noch keinen Leihwagen“, fragt Maria sie spontan.

      „Aber gerne. Ich wollte heute sowieso ins Corte zum Shoppen. Der indirekte Ausverkauf bei den teuren Marken hat angefangen.“ Frau von Ebersbach lächelt mich an und nickt mir aufmunternd zu. „Kommen Sie, ich freue mich, nicht alleine einkaufen zu müssen. Mein Mann hasst Shoppen.“

      „Danke, gerne nehme ich Ihre Einladung an“, antworte ich und atme erleichtert auf.

      Während der Fahrt redet meine Fahrerin wie ein Wasserfall und informiert mich über alles, was ich hören und nicht hören möchte. Bevor sie in die Tiefgarage des Kaufhauses hineinfährt, klingelt ihr Handy. Sie bleibt im Kreisverkehr an der Seite stehen. Nach einem kurzen Gespräch schaut sie mich mit ihren wasserblauen Augen an, wobei sie nervös an ihrem Autoschlüssel fingert.

      „Sorry, meine Liebe. Ich habe meine Freundinnen im Club vergessen.“ Sie hüstelt verlegen. „Wir waren im Golfclub Los Naranjos heute zum Lunch verabredet. Kommen Sie doch mit.“

      „Lieben Dank“, antworte ich und löse meinen Sicherheitsgurt. „Gerne komme ich später einmal mit. Aber heute habe ich sehr wenig Zeit. Auch spiele ich nicht so gut Golf.“

      „Das macht nichts. Ich auch nicht. Ich weiß noch nicht einmal, welches Handicap ich habe.“

      Dabei blinzelt sie mir mit einem Auge zu, und die Lachfältchen in ihren Augenwinkeln lassen ihre Augen fast verschwinden.

      „Sie sind mir nicht böse, dass sie nun alleine shoppen müssen?“

      „Nein, nein“, beruhige ich