Butler Parker Paket 1 – Kriminalroman. Günter Dönges. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Günter Dönges
Издательство: Bookwire
Серия: Butler Parker
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740943073
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der Polizei in Verbindung gesetzt. Dort hatte sie den bewußten Brief abgeliefert und um polizeilichen Schutz gebeten.

      Zu der Stunde, als Josuah Parker Quartier für einen gewissen Mr. Ben Zalakoff machte, wurde auch sie angerufen. Sie meldete sich mit kühler, beherrschter Stimme.

      »Wir schrieben Ihnen einen Brief«, sagte eine höflich klingende Stimme. »Leider haben Sie bisher versäumt, die kleine Schutzgebühr von einhundert Dollar auf den Sitz Ihres Wagens zu legen, Miss Lockhart.«

      »Ich habe es nicht vergessen.« Helen Lockhart kam nicht einen Moment aus der Fassung. »Ich habe das Geld absichtlich nicht gezahlt. Damit Sie es genau wissen, ich lasse mich nicht einschüchtern! Holen Sie sich Ihr Geld, wo immer Sie wollen, nur nicht bei mir!«

      »Ob Ihr Verhalten sehr klug ist?«

      »Das wird sich erweisen.«

      »Ob es auch klug war, sich an die Polizei zu wenden?«

      »Sie sind gut informiert.« Helens Stimme klang ironisch.

      »Wir werden leider ein Exempel statuieren müssen«, entgegnete die freundliche Stimme. »Es tut mir besonders leid, da Sie eine sehr schöne Frau sind.«

      »Vielen Dank für die Blumen«, meint Helen mokant. »War sonst noch etwas, Mr. Unbekannt?«

      »Im Augenblick nicht, Miss Lockhart. Schade um Ihre Musterkoffer, schade, wirklich, sehr schade …!«

      Bevor Helen Lockhart antworten konnte, klickte es in der Leitung. Die junge Frau legte den Hörer zurück. Jetzt, nachdem sie diese Stimme gehört hatte, kamen ihr doch einige Bedenken. Sie schalt sich nachträglich eine Närrin, die einhundert Dollar nicht gezahlt zu haben. Sie konnte dieses Geld doch sehr gut verschmerzen.

      Unruhig geworden, verließ sie das Apartment und fuhr mit dem Lift hinunter in die Tiefgarage. Während der Fahrt fiel ihr ein, daß sie vergessen hatte, die Polizei zu benachrichtigen. Aber dazu war es jetzt zu spät.

      In der Tiefgarage angekommen, schritt sie energisch und ohne jedes Angstgefühl auf die Garagenbox zu, in der ihr Caravan stand. Ein kleiner, untersetzter Garagenwart kam ihr entgegen. Seine Beine waren unwahrscheinlich gebogen und krumm. Sie bildeten fast ein O.

      »Ich glaube, an Ihrem Wagen stimmt was nicht«, sagte der Wart hastig. »Er raucht …«

      »Kommen Sie!« Helen kümmerte sich nicht weiter um den Krummbeinigen. Sie verzichtete auf alle Selbstbeherrschung und lief auf ihren Caravan zu. Sie sah gelb-weiße Rauchschwaden, die aus den geöffneten Seitenfenstern quollen. Hastig riß Helen die hintere Tür des Wagens auf.

      Sie schluchzte vor Empörung.

      Die Schrankkoffer mit den Verkaufsmustern waren geöffnet. Die Verkaufsmuster: einteilige Badeanzüge, Bermuda-Shorts, Freizeithemden und Strandhosen, lösten sich in ihre Bestandteile auf. Eine starke Säure zerfraß die Latexstoffe. In einigen Koffern hatte sich bereits ein trüber Brei gebildet, der sich nun daran machte, auch die Kofferwände anzunagen.

      Helen drängte die Tränen zurück.

      Sie drehte sich nach dem Garagenwart um und rief nach ihm. Doch der Mann mit den unwahrscheinlich krummen Beinen war verschwunden. Erst jetzt fiel Helen Lockhart auf, daß sie diesen Mann hier unten in der Tiefgarage noch nie gesehen hatte. Nun wunderte sie sich nicht mehr darüber, daß dieser Mann sie und ihren Wagen gekannt hatte. Der Krummbeinige mußte die Säure in die Schrankkoffer geschüttet haben.

      Helen wich vor den Schwaden zurück.

      Warum habe ich die hundert Dollar nicht gezahlt, fragte sie sich jetzt. Ich mußte natürlich wieder grundsätzlich werden. Das hier ist die Quittung dafür …

      *

      »Hoffentlich haben Sie nicht übertrieben, Parker.«

      Mike Rander, der junge, sympathische Strafverteidiger aus Chikago, schüttelte lächelnd den Kopf. »Als ich unten in der Hotelhalle war, trat schlagartig Stille ein. Man hat mich angestaunt wie ein Weltwunder.«

      »Das ist verständlich, Sir, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf. Sie sind Mr. Ben Zalakoff, der Ölkönig aus dem Mittleren Osten.«

      »Die Hotelrechnungen werden dementsprechend ausfallen, Parker.«

      »Darf ich Sie darauf aufmerksam machen, Sir, daß diese Rechnungen als Spesen beglichen werden sollen? Der Verband der Hoteliers hat einen Blankoscheck ausgestellt. Er wird jede Summe zahlen, wenn es Ihnen und meiner bescheidenen Wenigkeit gelingen sollte, die ›Strandhaie‹ zu überführen.«

      »Was haben Sie bisher herausgefunden, Parker?« Mike Rander ließ sich in einem Sessel nieder und griff nach einer Zigarette. Als er sie anzünden wollte, war Josuah Parker natürlich schneller. Der Butler ließ seinen jungen Herrn niemals aus den Augen. Zuerst hatte Rander das als äußerst störend und peinlich empfunden, stets umhegt und umsorgt zu werden. Inzwischen hatte er sich daran gewöhnt. Parker dachte nicht daran, auf seine Gewohnheiten zu verzichten. Als original englischer Butler, der in den besten Häusern der Insel gedient hatte, wußte er, was sich als Butler gehörte.

      »Wenn ich die Lage kurz umreißen darf, Sir.« Parker räusperte sich diskret und blieb vor seinem jungen Herrn stehen. »Miami-Beach wird seit fast drei Wochen von einer eigentümlichen Erpresserbande bedroht, die sich kurz und treffend die ›Strandhaie‹ nennt. Überraschend an der Arbeitsweise dieser Haie ist die Tatsache, daß ausschließlich Besucher und Touristen dieser Stadt angesprochen werden. Gegen an sich lächerliche Zahlungen, die sich in den Größenordnungen zwischen einhundert bis dreihundert Dollar bewegen, verspricht man den Belästigten, sie in Ruhe zu lassen. Kommt man diesen seltsamen Zahlungsaufforderungen jedoch nicht nach, explodieren Jachten, werden Autos in Brand gesetzt, Kinder bedroht oder die Garderobe der Betreffenden zerstört.«

      »Was hat die Polizei bisher ermitteln können?«

      »Wenig, Sir, zumal die meisten Gäste sich wohl nicht melden, sondern stillschweigend zahlen. Alle Spuren sind im Sande verlaufen. Die Polizei konnte es bisher nicht verhindern, daß die Gäste scharenweise Miami-Beach verlassen.«

      »Wer vom Hotelverband weiß, in welcher Rolle wir hier auftreten, Parker?«

      »Ich nahm mir die Freiheit, Sir, unser Erscheinen erst für die kommende Woche anzukündigen. Ich hoffe, daß Sie und meine Wenigkeit ungestört ermitteln können.«

      »Ich soll die ›Strandhaie‹ anlocken, wie?«

      »So dachte ich es mir, und ich hoffe, Sir, daß Sie mit meinen Vorbereitungen einverstanden sind. Mr. Ben Zalakoff wird nicht unbelästigt bleiben. Die ›Strandhaie‹ werden sich solch eine Möglichkeit nicht entgehen lassen. Während Sie, Sir, die Gangster beschäftigen, werde ich den bescheidenen Versuch unternehmen, mich an die ›Strandhaie‹ heranzuarbeiten.«

      »Hört sich gut an, Parker. Hoffentlich gehen die Gangster darauf ein.«

      »Man sollte ihnen eine ehrliche Chance geben, in die Falle zu laufen, Sir.«

      »Komischer Verein, diese ›Strandhaie‹«, sagte Mike Rander nachdenklich. »Warum begnügen diese Gangster sich mit diesen lächerlich geringen Summen? Sie könnten doch in viel größerem Stil abräumen.«

      »Wenn ich dazu etwas sagen darf, Sir, so würde ich die Meinung vertreten, daß die Gangster absichtlich nur geringe Forderungen stellen. Jeder Besucher von Miami-Beach wird in der Lage sein, zwischen einhundert und dreihundert Dollar abzuzweigen. Den Betroffenen tut es also nicht sonderlich weh, wenn sie auf die Wünsche der Gangster eingehen. Sie zahlen und dürfen all ihren Ärger vergessen. Es dürfte sich aus der Sicht der ›Strandhaie‹ heraus gesehen um ein Dauergeschäft handeln. Zudem muß unterstellt werden, Sir, daß diese ›Strandhaie‹ wahrscheinlich sehr viele Touristen ansprechen und dementsprechend auch kassieren.«

      »Also schön, Parker, machen wir uns an die Arbeit. Ich bin gespannt, ob die ›Strandhaie‹ auch uns anschreiben werden.«

      »Oh, in dieser Beziehung, Sir, kann ich Sie beruhigen.«

      »Wie