Im Schatten der Schwarzen Sonne. Nicholas Goodrick-Clarke. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nicholas Goodrick-Clarke
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783843801706
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(»Scheinwerfer«) beziffert die Zahl der in den 60er-Jahren vom NSM Mobilisierten jedoch auf etwa 1200; den Höchststand habe sie 1962 erreicht, als ihre Gefolgschaft knapp 700 betrug.18 Im Januar 1962 wanderte Colin Jordan zum zweiten Mal ins Gefängnis. Wegen seiner Hetzschrift The Coloured Invasion (»Die farbige Invasion«), die unverhüllt den Rassenkrieg predigte, wurde er aufgrund des erst 1965 erlassenen Race Relations Act (»Gesetz über die Beziehung der Rassen«) zu einer Strafe von achtzehn Monaten verurteilt. Kaum entlassen, versuchte er im Sommer 1968 das inzwischen verblichene NSM unter dem Namen British Movement (»Britische Bewegung«), kurz BM, wiederzubeleben. Im Gegensatz zur NF und ihren parlamentarischen Ambitionen setzte das BM mehr auf Randgruppen: Skinheads, Hooligans und Rowdys aus der städtischen Unterschicht sollten für die nationale Sache gewonnen und angeleitet werden, im Inneren der Metropolen gegen Linke und ethnische Minderheiten mittelamerikanischer oder asiatischer Herkunft vorzugehen. Die gewalttätige Strategie erinnerte – und sollte erinnern – an die »Prügelkommandos« der Imperial Fascist League des Arnold Leese und natürlich an die diversen Sturmtruppen der Nazis in den 20er-Jahren. Ihr Sinn und Zweck war pure Provokation: Man attackierte Nichtweiße, damit diese, rasend vor Zorn, Weiße attackierten, was wiederum, so das Kalkül, zu einem heftigen Gegenschlag der Weißen führen würde – und so weiter, bis die Feindseligkeiten schließlich zu einem Rassenkrieg eskalierten.

      Als Führer des BM wurde Colin Jordan 1974 von Michael McLaughlin abgelöst, einem ehemaligen Schifffahrtskaufmann aus Liverpool. Über den ehrgeizigen McLaughlin hieß es jedoch bald, er habe in seiner Zeit als Stellvertretender Vorsitzender schäbige Intrigen gesponnen, um möglichst rasch an die Spitze rücken zu können. Jordan reagierte degoutiert; in einer Partei, die solche Praktiken pflegte, mochte er nicht einmal mehr Mitglied sein. Er zog sich auf seine Farm in Greenhow Hill bei Harrogate/Yorkshire (Nordwestengland) zurück und widmete sich dem Schreiben. In den 70er-Jahren setzte das BM ohne Jordan den militanten Kampf gegen die Integration fort; man kooperierte mit der Untergrundrechten – wenn man nicht schon ein Teil von ihr war –, die Rassenkonflikte bis zur Eskalation anfachte, wo sie nur konnte. 1980 besaß das British Movement laut eigenen Angaben fünfundzwanzig Außenstellen und etwa viertausend Mitglieder; dabei dürften die Parteistatistiker aber großzügig etliche Skinheads, Fußball-Hooligans und andere der rechten Szene nur bedingt verbundene Gewohnheitsrandalierer in die Zählung aufgenommen haben. Während McLaughlins Führungszeit erlitt das BM herbe Rückschläge. So gelang es Anfang der 80er-Jahre den Leuten von Searchlight, McLaughlins Stellvertreter Roy Hill »umzudrehen« und so Informationen aus erster Hand über geplante BM-Aktionen zu erhalten – mit dem Effekt, dass kaum noch welche stattfanden. Polizeiliche Durchsuchungen und parteiinterne Fehden waren weitere Folgen der Hill’schen Maulwurfstätigkeit. Als Hill sich 1982 outete und zusätzliche Interna preisgab, demoralisierte dies die Bewegung noch mehr. Die Unbändigkeit und schwere Lenkbarkeit der rekrutierten »Straßenkämpfer« bildeten ein Problem für sich. Aus diesem undisziplinierten Haufen, musste McLaughlin bald erkennen, ließ sich keine einsatzfähige Organisation formen. Also legte er den Vorsitz nieder und schloss Ende 1983 die BM-Zentralstelle im nordwalisischen Shotten.