Als Führer des BM wurde Colin Jordan 1974 von Michael McLaughlin abgelöst, einem ehemaligen Schifffahrtskaufmann aus Liverpool. Über den ehrgeizigen McLaughlin hieß es jedoch bald, er habe in seiner Zeit als Stellvertretender Vorsitzender schäbige Intrigen gesponnen, um möglichst rasch an die Spitze rücken zu können. Jordan reagierte degoutiert; in einer Partei, die solche Praktiken pflegte, mochte er nicht einmal mehr Mitglied sein. Er zog sich auf seine Farm in Greenhow Hill bei Harrogate/Yorkshire (Nordwestengland) zurück und widmete sich dem Schreiben. In den 70er-Jahren setzte das BM ohne Jordan den militanten Kampf gegen die Integration fort; man kooperierte mit der Untergrundrechten – wenn man nicht schon ein Teil von ihr war –, die Rassenkonflikte bis zur Eskalation anfachte, wo sie nur konnte. 1980 besaß das British Movement laut eigenen Angaben fünfundzwanzig Außenstellen und etwa viertausend Mitglieder; dabei dürften die Parteistatistiker aber großzügig etliche Skinheads, Fußball-Hooligans und andere der rechten Szene nur bedingt verbundene Gewohnheitsrandalierer in die Zählung aufgenommen haben. Während McLaughlins Führungszeit erlitt das BM herbe Rückschläge. So gelang es Anfang der 80er-Jahre den Leuten von Searchlight, McLaughlins Stellvertreter Roy Hill »umzudrehen« und so Informationen aus erster Hand über geplante BM-Aktionen zu erhalten – mit dem Effekt, dass kaum noch welche stattfanden. Polizeiliche Durchsuchungen und parteiinterne Fehden waren weitere Folgen der Hill’schen Maulwurfstätigkeit. Als Hill sich 1982 outete und zusätzliche Interna preisgab, demoralisierte dies die Bewegung noch mehr. Die Unbändigkeit und schwere Lenkbarkeit der rekrutierten »Straßenkämpfer« bildeten ein Problem für sich. Aus diesem undisziplinierten Haufen, musste McLaughlin bald erkennen, ließ sich keine einsatzfähige Organisation formen. Also legte er den Vorsitz nieder und schloss Ende 1983 die BM-Zentralstelle im nordwalisischen Shotten.
Andere mochten die Auflösung nicht hinnehmen und gruppierten die Reste im Rahmen einer Generalversammlung 1985 zu einer neuen Partei, die sie nun British National Socialist Movement, kurz BNSM, nannten. Auch Colin Jordan, inzwischen so etwas wie der »Pate« des nazistischen Untergrunds, wollte sich wieder einmischen und das Seine tun, um den rechtsextremen Terror wiederzubeleben – und sei es vorerst nur mit dem Entwurf einer neuen Strategie. Sein Masterplan für die Zukunft des britischen Nationalsozialismus, deutlich inspiriert durch Pierces Turner Diaries und den militanten Aktionen von The Order in den USA, erschien Juni 1986 in der Hauszeitschrift des ultrarechten Bundes League of Saint George (»Sankt-Georg-Liga«). Dort legt Jordan dar, dass die augenblickliche Machtelite über das Fernsehen das Bewusstsein der Menschen kontrolliere und so manipuliere, dass bei Wahlen immer wieder die etablierten Parteien gewönnen und das System der bürgerlichen Demokratie als das einzig mögliche erscheine. Gegen diese Verhältnisse werde die radikale Rechte allein mit einer Partei konventionellen Zuschnitts nie etwas ausrichten. Für wirkliche Veränderung brauche man zweierlei: einen freikorpsähnlichen Kampfverband und eine Partei. Im Idealfall liefe die Sache so: Der Kampfverband entwickelt Qualitäten einer »Eliteeinheit«, einer »Speerspitze«, einer »Task force«, und ist in der Lage, buchstäblich »Krieg« zu führen. Als Vorbild sieht Jordan die Sondereinheiten des SS-Obersturmbannführers Otto Skorzeny, der während des Dritten Reiches mehrere riskante Kommandounternehmen befehligte (u.a. befreite er 1943 Benito Mussolini aus den Händen antifaschistischer Partisanen). Neben dieser bewaffneten Guerilla existiert eine Partei, die einen populistischen Rassismus vertritt, sich aber, obwohl aus dem gleichen Geist gebildet wie die geheime Task force, nach außen hin seriös geriert und sich durch geduldige Überzeugungsarbeit Respektabilität erwirbt. Wieder andere Aktivisten infiltrieren währenddessen die Mainstream-Parteien und öffentliche Körperschaften. Da die Illegalität jedoch häufig zu Verhaftungen und Gefängnisstrafen führt, müssen die »Maßnahmen mit offenem Visier unbedingt von anderen Personen vollzogen werden als die Operationen im Untergrund – eine lebenswichtige Aufgabentrennung«.19
Tatsächlich fanden sich ein paar Unentwegte, die Jordans Gedanken aufgriffen und in seinem Sinne tätig werden wollten. Sie wurden der harte Kern des BNSM. Zuerst ging man daran, systematisch frühere NSM- und BM-Mitglieder zu mobilisieren, die sich resigniert zurückgezogen hatten. Qualifiziertes Waffentraining war für die wieder- oder neu gewonnenen BNSM-Kämpfer unerlässlich, weshalb man sie landauf, landab in Schießsportclubs oder in Freiwilligenverbände der British Army steckte. Einige Waffenliebhaber aus den Reihen des BNSM beteiligten sich an der Initiative Defence Begins At Home (»Verteidigung beginnt zu Hause«), einer rechtsgerichteten, aber bürgerlich-seriös auftretenden Pressure Group, auch bekannt unter dem Namen Hedgehogs (»Stachelschweine«), die 1983-86 für privaten Waffenbesitz eintrat und Bürgerwehren forderte, der öffentlichen Sicherheit zuliebe. Selbstverständlich warb der BNSM auch um junge Leute, etwa im rechtsextremen Netzwerk Blood and Honour (»Blut und Ehre«), das sich der Verbreitung neonazistischen Rocks, sog. white power music, widmete und ca. 800 Skinheads umfasste – ein Pool für die Rekruteure des BNSM. Dann ein herber Rückschlag: das Massaker von Hungerford. Am 19. August 1987 lief der 27-jährige Waffennarr Michael Ryan in seiner südmittelenglischen Heimatstadt Hungerford/Berkshire Amok und erschoss sechzehn Menschen, darunter seine Mutter sowie mehrere Nachbarn und Polizeibeamte, bevor er schließlich Selbstmord beging. Das tragische Ereignis brachte offenbar sogar einige BNSM-Mitglieder ins Grübeln. Dies wurde kurze Zeit später den drei seinerzeitigen »Meisterschützen« des BNSM zum Verhängnis, dem Ex-Pfadfinderführer Jeff Carson und seinen Kameraden David Philips und John Sullivan, alle drei aus London und Umgebung. Als diese in den Wäldern von Hertfordshire (Südengland) mit Pumpguns Schießübungen veranstalteten, wurden sie aufgrund eines anonymen Hinweises verhaftet.20
Etwa um diese Zeit meinte die extreme Rechte ein neues Betätigungsfeld zu entdecken: den Nordirland-Konflikt. Mitte der 80er-Jahre schien es nicht sehr gut um die Sache der nordirischen Protestanten zu stehen – jedenfalls aus der Sicht ihrer eher radikalen Vertreter: der Unionisten, der Loyalisten, der Oranier. Was sollte aus ihrem »Ulster« werden, wie sie vergangenheitsverklärend ihre Heimat nannten (nach der alten königlich-britischen Provinz, mit der Nordirland territorial weitgehend identisch ist)? Man sah sich bedrängt. Auf der einen Seite terrorisierte der alte Erbfeind wie eh und je das Land: die Irish Republican Army, kurz IRA, der bewaffnete Arm der irischen Republikaner, jener radikalen Katholiken, die eine Vereinigung des bei der britischen Krone verbliebenen Nordirland mit der Republik Irland erzwingen wollten. Auf der anderen Seite machte die Regierung in London den Katholiken weitreichende Zugeständnisse. Im sog. Anglo-Irischen Abkommen von November 1985 akzeptierte die Republik Irland zwar (bedingt) die Zugehörigkeit Nordirlands zum United Kingdom; dafür sprach London Dublin das Recht zu, die Interessen der katholischen Nordiren mit zu vertreten. Die Frustration der nordirischen Protestanten wollten die britischen Neonazis nutzen. Die NF verstärkte ihre Propaganda