Gesammelte Werke. Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027232819
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in dem ein paar Regimenter Platz zum Wohnen hätten, he? Ich liebe Monrepos jedes Jahr mehr und sehe schon den Moment kommen, wenn ich es ganz bewohnen und die Regierung niederlegen werde –«

      »Um Gottes willen, Papa –!« rief der Erbprinz erschrocken, aber Prinzeß Alexandra lächelte.

      »O, es ist nicht so ernst gemeint,« sagte sie, indes Prinzeß Lolo mit weit vor Erstaunen offnen Augen dastand.

      »So, woher will das meine Hausfrau so genau wissen?« meinte der Herzog freundlich. »Kinder, ich sage euch, die Natur hat sich geirrt, indem sie mich zum Herrscher machte – ich bin Landwirt, das heißt Gärtner mit Leib und Seele! Aber Scherz beiseite, Emil, du mußt anfangen, dich mehr mit Regierungsgeschäften vertraut zu machen – es ist mein Wille, mein Wunsch!«

      Der Erbprinz verbeugte sich.

      »Wie Eure Hoheit befehlen!«

      »Nun, nun,« meinte der Herzog, seinen Sohn auf die Schulter klopfend, »ich spreche nicht als Herzog, sondern als Vater, und ich will nicht, daß du im geeigneten Momente als Ignorant auftrittst, sondern selbständig zu handeln weißt mit Würde und Takt, denn wir Fürsten kleiner Staaten haben heutzutage einen schwierigen Stand, und du sollst die Souveränität unseres Hauses so lange als möglich bewahren.«

      »Hoffentlich bist du noch recht lange dazu berufen, lieber Vater,« entgegnete Prinz Emil herzlich, aber der alte Herr zuckte mit den Achseln.

      »Chi lo sa!« meinte er. »Ich verspüre längst Abdikationsgelüste, und je schöner die Sonne scheint, und je schöner die Rosen blühen, desto lieber vertauschte ich die Krone mit einem Gärtnerhute. Sieh' nicht so perplex aus, Emil, einmal mußt du doch dran!«

      »Cela s'arrangera plus tard!« rief Prinzeß Alexandra, ihre Überraschung mit den sich daran knüpfenden Sorgen unter einem heitern Ton verbergend, denn so bestimmt hatte der Herzog noch nie dieses Thema verfolgt. »Einstweilen wollen wir hier recht vergnügt sein und uns der schönen, freien Sommertage freuen!«

      »Ich wollte, sie wären vergangen,« trällerte Prinzeß Lolo.

      Jetzt sah der Herzog ernst auf.

      »Wenn dir der Aufenthalt hier unangenehm ist, so will ich dich zu meiner Schwester, der Fürstin Äbtissin ins Stift schicken,« sagte er, »da hast du fünfzig Stiftsdamen zur Unterhaltung!«

      Die kleine Prinzeß wurde ganz blaß vor Schreck.

      »Um des Himmels willen, Papa, das wäre entsetzlich,« rief sie halb weinend. »Die ernste, alte Tante und die uralten Damen alle! – Nein, nein, da wäre es schöner, allein in der Lüneburger Haide zu wohnen –!«

      »Du hast die Wahl zwischen Monrepos und dem Stift,« entgegnete der Herzog trocken.

      »Ich wähle Monrepos,« rief das Prinzeßchen, wieder lachend, »es lebe Monrepos! Ach, Sascha, ich beneide dich nicht um die glänzende Aussicht, Äbtissin zu Tannenburg zu werden!«

      »Und wenn Sascha sich vermählt, und du nicht, so wirst du's,« warf der Erbprinz ein, aber Lolo schüttelte indigniert das blonde Köpfchen.

      »Ich mich nicht vermählen! Daran ist doch gar nicht zu denken,« meinte sie.

      »Es ist nur gut, daß du deiner Sache so sicher bist,« erwiderte der Erbprinz sarkastisch.

      »Ich weiß nicht, was du gegen Monrepos hast,« nahm der Herzog das vorige Thema wieder auf. »Daß es einsam ist, macht es mir und Sascha und Emil gerade wert! Warum suchst du keine Beschäftigung, wie wir? Du hast so viel Anlage für Musik, aber wenn du ein paar Bravourstücke auf dem Flügel heruntergerast hast, bist du schon fertig. Warum machst du dich nicht mit den klassischen Meistern vertraut?« Prinzeß Lolo verzog das Mäulchen.

      »Ah, die sind so langweilig, Papa!«

      »Kind, du mußt versuchen, weniger oberflächlich zu sein,« sagte der Herzog ernst. »Studiere und übe die Musik, sie wird dir in allen Lebenslagen die treueste Freundin sein und bleiben. Denke, wie öde und einsam dein Leben mitten im Strudel der Geselligkeit sein würde, hättest du nichts, was deine stillen Stunden verschönte!«

      »Ja, aber ich kann doch nicht den ganzen Tag üben, Papa!« rief Prinzeß Lolo weinerlich wie ein Kind.

      »Nein, das sollst du auch nicht, du magst dann spazieren gehen – apropos, Sascha, möchten wir nicht bei der Baronin Falkner anfragen wegen der Benutzung des Parkes? Die Erlaubnis des verstorbenen Besitzers können wir doch nicht stillschweigend weiter in Kraft lassen!«

      »Nein, Papa, ich werde es arrangieren!« entgegnete Prinzeß Alexandra. »Aber ich denke, wir unterlassen es vorläufig noch, in Verkehr mit der Baronin zu treten, bis wir wissen, ob derselbe für uns paßt!«

      »Hm, wird sich wohl, da Falkner uns besucht und seine Mutter im Falkenhof wohnt, kaum vermeiden lassen,« meinte der Herzog.

      »Vielleicht ist die neue Schloßherrin selbst so taktvoll, auf diesen Verkehr zu renoncieren,« rief Lolo altklug.

      »Jedenfalls muß ja eine Aufforderung dazu von uns ausgehen,« entschied Alexandra, »Falkner ist vernünftig und wird es uns nicht verübeln, wenn wir ihm vertraulich sagen, was uns vom Falkenhof scheidet, das heißt von seiner jetzigen Herrin.«

      »Nun gut,« warf der Erbprinz ein, »dann aber müssen wir nicht um die Erlaubnis bitten, in ihrem Park spazieren gehen zu dürfen. Eins oder das andere, Sascha!«

      »Emil hat recht,« sagte der Herzog, »es wäre taktlos, die Besitzerin zu ignorieren, wenn wir ihren Park benutzen wollen. Stehen wir also davon ab!«

      »Wie schade,« rief Lolo schmollend. »Monrepos ist nichts ohne den Falkenhofer Park!«

      »Es wäre freilich schade, wenn er uns verschlossen bliebe,« meinte der Erbprinz, »aber ich denke, es ließe sich trefflich arrangieren, wenn z. B. Sascha eines ihrer kleinen netten Briefchen an die Baronin schriebe, sie aufforderte uns zu besuchen etc. etc. –«

      »Wo denkst du hin, Emil,« rief die kleine Prinzeß entsetzt, »eine Komödiantin – –«

      »Die Baronin Falkner ist eine große Künstlerin,« erwiderte der Erbprinz sehr ruhig, »der Unterschied zwischen dir und ihr ist der, daß sie Prinzessinnen mit hoher Würde spielt, während du dir für die glatten Bretter des Hofparketts, die ja auch die Welt bedeuten, die Rolle des naiven Backfisches gewählt hast.«

      »Das ist bei uns so Sitte,

       Chacun à son goût,«

      trällerte Prinzeß Lolo und warf ihrem Bruder eine Hand voll Blumen ins Gesicht.

      »Deine Beweise sind sehr – treffend,« sagte er schneidend. »Ich glaube nun auch, daß du auf musikalischem Gebiet mit Baronin Falkner keine Rivalität zu fürchten brauchst, denn sie singt die leichtgeschürzten Weisen der ›Fledermaus‹ nicht!«

      Jetzt hielt sich der Herzog beide Ohren zu.

      »Kinder, sagt euch keine Sottisen,« rief er kläglich, »das fehlte mir noch – ich will Ruhe haben.« Er raffte seine Briefe zusammen und steckte sie in seine Rocktasche. »Macht was ihr wollt, in betreff des Parkes – das Passendste wäre, wenn Emil der Baronin einen Besuch machte, in meinem und unserer aller Namen, und zwar ehe Falkner kommt. Das wäre eine Höflichkeit gegen unseren Gast und zugleich die, welche wir unseren Nachbarn schuldig sind. Das ist meine Ansicht, aber wie gesagt, macht was ihr wollt, Kinder!«

      Mit diesen Worten entfernte sich Se. Hoheit schleunigst.

      Auf Prinzeß Alexandras Bitten verzögerte aber der Erbprinz noch den vorgeschlagenen Besuch – sie wünschte erst eine persönliche Zusammenkunft am dritten Orte mit der Herrin des Falkenhofes, und dieser Wunsch wurde schließlich respektiert.

      Noch am selben Vormittage stellten sich der Graf und die Gräfin Schinga zum schuldigen Besuch ihrer hohen Nachbarn auf Monrepos ein – man sprach die Falkenhofer Angelegenheit noch einmal durch und hielt Arnsdorf für eine erste Begegnung für den passendsten Ort, sobald die Baronin Falkner daselbst ihren Besuch