Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
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Kürassiere. Die vordersten Reihen stürzten und in schräger Richtung traf der Choc nur die eine Flanke des Quarrés, das ungebrochen stehen blieb.

      Der Major von Hammerstein war zurückgeritten und »zur Attake, Marsch, Marsch!« ertönte das Kommando durch die Reihen der Dragoner.

      In rasendem Ritt stürmte die zweite Schwadron gegen das Quarré vor.

      Eine furchtbare Salve empfing sie, — der Rittmeister sank fast unmittelbar vor dem Quarré zu Boden, — da sprengte mit gewaltigem Satz seines Pferdes der Lieutenant von Stolzenberg hervor, eine Sekunde hielt er fast dicht vor den Spitzen der feindlichen Bajonnette, dann drückte er die Sporen tief in die Weichen seines Pferdes, das sich hoch aufbäumte, und in mächtigem Sprung, mit geschwungenem Säbel und lautem Hurrah setzte der junge Offizier in das Quarré, sofort zusammenstürzend mit dem von Bajonetten durchstoßenen Pferde.

      Aber sein Sturz hatte eine tiefe Lücke gerissen und ihm nach drang die Schwadron.

      »Das war brav, alter Freund!« rief Herr von Wendenstein — und in demselben Augenblick sank er nieder neben seinem Kameraden und über ihn hin brausten die Dragoner.

      Das Quarré war gesprengt, die Trümmer eilten über das Feld hin.

      Aber als die Schwadron der Dragoner sich sammelte, — da war kein Offizier vorhanden und ein Drittel der Mannschaft fehlte.

      Die Gardekürassiere hatten sich inzwischen raillirt und kamen an die Stätte dieses glänzenden Kampfes.

      Bei der ersten Schwadron ritt ein junger Soldat in einem alten Uniformsrock, der augenscheinlich nicht für ihn gemacht war, seine einfachen grauen Hosen steckten in den Stiefeln. Auf dem Kopfe trug er eine Mütze, unter welcher er eine Stirnwunde mit einem weißen Tuche leicht verbunden hatte.

      »Wo ist der Lieutenant von Wendenstein?« fragte er einen Dragoner, als die Reste der zweiten Schwadron herankamen.

      »Dort liegen alle unsere Offiziere!« antwortete der Dragoner, indem er auf den Knäuel von Menschen und Pferden deutete, welcher die Stelle bezeichnete, auf welcher das feindliche Quarré gestanden hatte.

      »Todt?!« rief der Kürassier, — »da kann ich ihn nicht liegen lassen, ich habe versprochen, für ihn zu sorgen, — und man soll nicht sagen, daß Fritz Deyke sein Wort nicht hält. — Mein armer Lieutenant!«

      Rasch entschlossen ritt er aus dem Glied an seinen Offizier heran.

      »Herr Lieutenant!« sagte er, dienstlich salutirend, — »ich bin in Langensalza zur Armee gekommen und den Kürassieren zugetheilt worden, ich hoffe, der Herr Lieutenant können mir bezeugen, daß ich meine Schuldigkeit gethan habe?«

      »Du hast Dich brav gehalten,« sagte der Offizier.

      »Nun, Herr Lieutenant,« fuhr der junge Mensch fort, »heute scheint's doch zu Ende zu sein und eine Schmarre habe ich ohnedieß über der Stirn, aus der mir das Blut in die Augen fließt, da möchte ich wohl um Urlaub für heute bitten.«

      Der Offizier sah ihn erstaunt an.

      Eine dunkle Röthe flog über das Gesicht des Kürassiers.

      »Herr Lieutenant!« rief er, — »ich bin aufgewachsen in Blechow mit dem Sohn unseres Amtmanns, dem Lieutenant von Wendenstein von den Cambridge-Dragonern, — und als ich aufbrach, um die Armee zu suchen, da hat seine Mutter zu mir gesagt: ›Fritz — sorge für meinen Sohn, so gut Du kannst,‹ und das hab' ich versprochen, Herr Lieutenant, — und nun,— da liegt der junge Herr unter den Leichen, — soll ich ihn da liegen lassen?«

      Der Offizier sah ihn freundlich an.

      »Geh' hin, mein braver Junge,« sagte er, »und melde Dich wieder, wenn der Lieutenant Deiner nicht mehr bedarf!«

      »Ich danke, Herr Lieutenant!« rief Fritz, und das Kürassierregiment rückte vor zur Verfolgung des Feindes.

      Inzwischen war auch das andere Quarré durch einen erneuten Choc der Gardes du Corps gesprengt, — die Kavallerie verließ den Platz und binnen Kurzem war auf der Stätte aller dieser Kämpfe, alles dieses Lärms nur ein wüst durcheinander liegender Haufen von Leichen in einer tiefen Blutlache, Menschen und Pferde, Freund und Feind durcheinander.

      Fritz Deyke war allein auf dieser Stelle des Entsetzens.

      Er stieg ab, nahm den Zügel seines Pferdes in die Hand und näherte sich dem Platz, auf welchem die Dragoner in das Quarré gesprengt waren.

      Das Pferd sträubte sich und riß mit dem Kopf mächtig rückwärts am Zügel.

      Er führte es zurück und band es an den Stamm eines der Bäume, welche die nahe vorüberführende Chaussee einfaßten.

      Dann ging er wieder gegen den Haufen von Gefallenen vor.

      Einige Verwundete richteten sich ächzend empor und baten um einen Tropfen Wasser.

      Ein Schauer lief durch die Glieder des jungen Menschen.

      »Ich kann nicht Allen helfen, aber verschmachten sollt ihr nicht!« sagte er.

      Er blickte umher. Neben der Chaussee lief ein Graben, — er konnte Wasser enthalten.

      Schnell ergriff er zwei am Boden liegende Helme und eilte dem Graben zu. Es war wirklich Wasser darin, — aber wenig und trübe, — die anhaltende Hitze hatte überall die Feuchtigkeit aufgesogen.

      Mühsam füllte er die Helme mit der trüben, lauwarmen Flüssigkeit und sie wie zwei Eimer an den Sturmriemen tragend, kehrte er zu den Verwundeten zurück, deren brennende Blicke mit dem Ausdruck unaussprechlicher Sehnsucht ihm entgegenstarrten. Er zog seine Feldflasche hervor, that in jeden der Helme etwas von ihrem Inhalt und tränkte mit dieser Flüssigkeit die Verschmachtenden, — unparteiisch seine Liebesgabe zwischen Hannoveranern und Preußen vertheilend.

      »So — jetzt habt ein wenig Geduld!« sagte er freundlich, — »den ersten Krankenwagen, den ich sehe, werde ich herschicken!«

      Und er begann den Leichenhaufen zu durchsuchen.

      Da lagen sie übereinander, die tapfern Dragoner und die braven preußischen Infanteristen, theils ruhigen, friedlichen Ausdruck in den Gesichtern, theils in starren Verzerrungen, manche so furchtbar zerrissen von Kugeln und Stichen, daß dem braven Kürassier das Herz bebte und er einen Augenblick die Augen schließen mußte, um neue Kraft zu sammeln zu seinem grauenvollen Geschäft.

      Aber unverdrossen suchte er weiter, die todten Körper bei Seite legend, die Pferde mit mühsamer Kraftanstrengung fortwälzend.

      »Da ist Herr von Stolzenberg!« rief er, den von Blut überschwemmten Körper des jungen Offiziers, der mit dem Gesicht am Boden lag, umwendend, — »der schöne, brave Herr — und so früh zu sterben! — An dem ist Alles verloren!« — sagte er traurig, — eine Kugel hatte einen Theil des Schädels fortgerissen und aus unzähligen Stichwunden strömte noch das allmälig erstarrende Blut.

      Fritz Deyke beugte sich über die Leiche, faltete die Hände und betete ein stilles Vaterunser.

      »Aber hier!« rief er dann, »liegt ja der arme Roland, mausetodt, das treue, gute Thier, — und darunter — wahrhaftig, da ist mein Lieutenant!«

      Er wälzte das todte Pferd zur Seite.

      Unter demselben lag der Lieutenant von Wendenstein, starr und bleich, die linke Hand auf die Brust gedrückt, in der rechten den Säbel, die Augen weit geöffnet und gläsern gen Himmel starrend.

      »Todt!« rief Fritz Deyke mit schmerzlichem Aufschrei, »er ist wirklich todt!« Und er beugte sich schmerzlich auf den Körper des gefallenen Offiziers nieder.

      »Aber mitnehmen muß ich ihn!« rief er entschlossen, — »hier darf er nicht bleiben, — wenigstens will ich den alten Herrn und die arme Frau Mutter an sein Grab führen können. — Wie fürchterlich die schönen, freundlichen Augen starren!« sagte er schauernd, — »aber wo ist er verwundet? — der Kopf ist ganz heil, — ah hier in der Brust, er hat die Hand darauf gedrückt, — da sickert noch das Blut hervor!