Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
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Zuversicht und hoffe, das alte Wort wird wieder wahr werden:

      ›Austria est imperatura ordi universo!‹«

      »Ad majorem dei Gloriam!« fügte der Graf mit leiser Stimme hinzu.

      Der Kaiser neigte das Haupt und rief dem Grafen, welcher sich mit dem Staatsrath Klindworth zurückzog und in der Thür sich noch einmal verneigte, zu:

      »Auf Wiedersehen!«

      Dann setzte er sich an seinen Schreibtisch und schrieb mit fliegender Hand zwei Billets, die er mit seinem Handsiegel verschloß.

      Er klingelte dem Kammerdiener und ließ den Flügeladjutanten rufen.

      Fürst Liechtenstein trat ein.

      »Lieber Fürst,« sagte der Kaiser heiter, »lassen Sie diese Billets sogleich an Crenneville und Mensdorff abgeben!«

      Der Fürst nahm die Briefe und entfernte sich schweigend.

      »Jetzt,« rief der Kaiser, indem er aufstand und den strahlenden Blick emporhob — »ist die Unschlüssigkeit vorbei — Gott schütze Oesterreich!«

      Neuntes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Eine freundliche Nachmittagssonne schien auf das stille Pfarrhaus zu Blechow. Die Rosen blühten in den von Buchsbaum umrahmten Beeten des sorgfältig gepflegten Gartens, dessen weißgestrichene Lauben sich zu beranken begannen.

      Die geräumige Vorflur, deren Thüren weit offen standen, war mit Sand bestreut und mit kurzen Tannenreisern umlegt.

      In dem großen Wohnzimmer des Pfarrhauses, dessen einfache Einrichtung den guten Geschmack bewies, welcher hier waltete, dessen schneeweiße Fenstergardinen zugleich Zeugniß ablegten von der Sauberkeit und Ordnung des Haushalts, saß um den mit blendendem Leintuch bedeckten Kaffeetisch der Pastor Berger, seine Tochter und der Kandidat Behrmann.

      Helene Berger war beschäftigt, auf einer hübschen Maschine von weißem Porzellan das braune Getränk der Levante zu bereiten, dessen duftiges Aroma das Zimmer erfüllte, — und keine Dame in den Salons der ersten Gesellschaft hätte mit mehr natürlicher Anmuth die kleinen komplizirten Operationen dieses wichtigen Geschäfts vornehmen können.

      In einem großen, bequemen Lehnstuhl ihr gegenüber saß der Pastor Berger in seiner gewöhnlichen schwarzen Tracht, welche er nach der Sitte der guten alten Zeit auch zu Hause niemals mit einem Schlafrock vertauschte. Die einzige Bequemlichkeit, die er sich erlaubte, war ein kleines, schwarzes Sammtkäppchen, das er auf dem Haupte trug und das seiner Erscheinung den Stempel häuslicher Behaglichkeit aufdrückte.

      Zwischen ihnen saß der junge Kandidat, ebenfalls schwarz gekleidet, ebenfalls in weißem Halstuch, aber sein Rock hatte nicht den alten Schnitt, wie der seines Oheims, und seine Erscheinung war, obgleich in den Farben der des alten Herrn vollkommen ähnlich, dennoch eine durchaus verschiedene.

      Der Pastor hatte sich behaglich in die Tiefe seines Lehnstuhls zurückgelegt und die Hände ineinander gefaltet.

      Er sprach, — wie das seit seiner letzten Anwesenheit in Hannover im Pfarrhause so oft geschah — von seiner Begegnung mit dem Könige.

      »Es ist doch etwas Herrliches,« sagte er mit bewegter Stimme, »um so einen gottgesalbten Herrn, der mit einem Wort so glücklich machen kann und der es so gern thut, wie unser allergnädigster König. Die Unterthanen seines Königreiches sind für ihn keine Steuerzahler, sie sind fühlende Wesen, schlagende Herzen, — und wo sein königliches Herz dem Menschen begegnet, sein Leid und seine Freude fühlt, da antwortet es mit menschlichem Verständniß. — O wie anders ist das in den Republiken,« fuhr er fort, »da herrscht das Gesetz, der todte Buchstabe, die kalte Majorität, der Zufall! — Auch in den großen Monarchien steht der Herrscher so fern auf unnahbarer einsamer Höhe — aber hier bei uns in dem schönen, reichen, stillen und einfachen Hannoverland, — da wissen wir, daß der König, wenn er auch mit freiem Blick von der Höhe weit hinaus das Allgemeine umfaßt, — doch im menschlichen Herzen menschlich mit uns fühlt.«

      Helene hatte den Kaffee kunstgerecht vollendet und brachte ihrem Vater die große Tasse mit der von Rosenguirlanden gebildeten Inschrift: »Dem lieben Vater.«

      Der alte Herr nahm sie und that einen kurzen Schluck daraus, wobei seine Mienen die Zufriedenheit mit der Kunstfertigkeit seiner Tochter ausdrückten.

      »Ich bitte um etwas Wasser in meine Tasse,« sprach der Kandidat mit ruhiger, salbungsvoller Stimme, — »ich kann den starken Kaffee nicht vertragen.«

      »Was diese jetzige Generation Alles nicht vertragen kann — und wie sie das Wasser liebt!« rief der Pastor eifrig. »Wasser ist gewiß eine sehr gute Gottesgabe, aber da wo es hingehört, — ein ordentlicher Kaffee muß stark sein, wenn er das Herz erfreuen soll — gießt ihr doch jetzt auch gar Wasser in den edlen Wein — dafür hört man aber auch so viel wässerige Worte! Ich hoffe, mein lieber Hermann, Deine Predigt am nächsten Sonntage wird durch kein Wasser verdünnt sein, denn unsere Bauern sind an ein kräftiges, unverblümtes Wort gewöhnt — wie unser großer Reformator es erschallen ließ zum Schrecken der Heuchler, zur Freude der Gerechten.«

      Helene hatte inzwischen des Vaters großen Meerschaumkopf mit dem auf zinnernem Teller geschnittenen Rollentabak gefüllt und brachte denselben mit einem angezündeten Fidibus.

      »Du wirst wohl die alte ehrliche Pfeife nicht mehr zu rauchen verstehen,« sagte der alte Herr zu seinem Neffen, indem er mit großem Behagen auf seinen regelrecht angerauchten Kopf, den Gefährten mancher Jahre, herabblickte und mit besonderem Wohlbehagen die ersten Wolken in die Luft blies, — »dort stehen vortreffliche Cigarren, die ich mit dem Oberamtmann aus Hamburg kommen ließ.«

      »Ich danke,« sagte der Kandidat abwehrend, — »ich rauche gar nicht.«

      »Gar nicht?« sagte der alte Herr erstaunt, — »nun freilich, das paßt zum Wasser; doch,« fuhr er ernster fort, »jede Zeit hat ihre Sitten, und ich fürchte, sie werden nicht besser. — Hat man Dir,« fragte er, »Deine Bestellung zum Adjunkten ausgefertigt und mitgegeben?«

      »Nein,« erwiederte der Kandidat, »man hat mir versprochen, sie so bald als möglich nachzusenden; — ich mochte nicht darauf warten, da es mich drängte, meinen Wirkungskreis so bald als möglich kennen zu lernen und im Kreise meiner lieben Verwandten mich einzurichten.«

      Sein Blick streifte nach der Tochter des Pfarrherrn hinüber, welche sich mit einer weißen Nähterei an einem kleinen Tisch vor dem Fenster niedergelassen hatte.

      »Die Herren Konsistorialräthe waren übrigens, wie es mir schien, nicht sehr erbaut über den Kabinetsbefehl Seiner Majestät, der mich hier zum Adjunkten mit der Aussicht auf die Nachfolge im Pfarramts bestimmte,« bemerkte der junge Geistliche.

      »Kann mir's denken,« sagte der alte Herr, — »Jeder will gern selbst der Höchstregierende sein und ärgert sich, wenn er die höhere Autorität fühlt, — vor Allem, wenn der tiefer Stehende es erfährt, — das stört den Nimbus. — Hatten sie an Deiner Qualifikation etwas auszusetzen?« fragte er weiter.

      »Nicht das Mindeste,« erwiederte der Kandidat, — »das wäre auch kaum möglich,« fügte er mit zufriedenem Lächeln hinzu, — »meine Zeugnisse sind in der besten Ordnung!«

      »Nun, dann mögen sich die Herren beruhigen und Seiner Majestät das schöne Recht nicht bemängeln, glücklich zu machen und eines alten treuen Dieners Herz zu erfreuen, wenn ja doch Niemandem Unrecht geschieht und Niemand zurückgesetzt wird. — Gott gebe nur, daß diese schweren Zeiten glücklich überstanden wären und daß diese Kriegswetter vorüberziehen! Wie viel Blut wird es kosten, wenn wirklich der Kampf entbrennt!«

      Helene ließ ihre Arbeit in den Schooß sinken und blickte sinnend durch das offene Fenster über die blühenden Rosen hinweg in die lachende Landschaft.

      Ein hastiger Schritt näherte sich dem Pfarrhause.