Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
Скачать книгу
Kaiser war betroffen über die Zuversichtlichkeit dieser Antwort.

      »Wenn ich Sieger in Deutschland wäre — würde Deutschland einen Römerzug machen?« fragte der Kaiser, — »ich zweifle daran.«

      »Das wird gar nicht nöthig sein,« erwiederte Klindworth, »man hat so oft gehört: Italia fara da se — eh bien, lassen wir die Italiener machen.«

      Und mit leichtem Lachen rieb er sich die Hände.

      »Was kann Italien machen?« fragte der Kaiser dringend, »wissen Sie etwas davon?«

      »Es ist ein wenig mein Metier, Alles zu wissen,« sagte der Staatsrath, — »erlauben kaiserliche Majestät mir einige kurze Bemerkungen. — Italien ist dem Hause Savoyen und der Demagogie verfallen, — weil Oesterreich bei Solferino besiegt war —«

      »Nicht von Italien!« rief der Kaiser.

      »Nicht von Italien, — gewiß,« — fuhr der Staatsrath fort, — »indeß, es war besiegt und die Revolution war allmächtig, — die Vertheidiger des Rechts muthlos und vor Allem nicht geeinigt. — Seit jener Zeit ist viel geschehen — man hat von den Gegnern gelernt, ein festes, unsichtbares Band umzieht Alle, welche dem Recht und der Religion dienen und dafür kämpfen wollen — und der apostolische Segen ruht auf diesem Bande. Was die Carbonari der Revolution geschaffen, werden die Carbonari des Rechts wieder herstellen. — Aber wie jenen der äußere Anstoß zum Siege half, so warten auch diese darauf, daß das Schwert Oesterreichs die erste Bresche in jenen Bau des Frevels und des Unrechtes schlage. — Ein Sieg Oesterreichs über die Truppen der gekrönten Revolution — und Italien wird in Flammen stehen, der Kreuzzug gegen das Werk Ca-vour's wird beginnen und — siegen.«

      In mächtiger Erregung hatte der Kaiser zugehört.

      Er trat dicht vor den Staatsrath hin, der in seiner ruhigen Haltung blieb.

      »Sprechen Sie von Träumen Ihrer Phantasie?« rief Franz Joseph, — »oder von Thatsachen?«

      »Von Thatsachen, kaiserliche Majestät, die ich beweisen kann.«

      »Wann, wo?« rief der Kaiser.

      »In fünf Minuten, hier in Eurer Majestät Kabinet!«

      »So führen Sie den Beweis.«

      »Dann bitte ich Eure kaiserliche Majestät um die allergnädigste Erlaubniß, eine Person einführen zu dürfen, welche über Alles unterrichtet ist, welche ich — in der Muthmaßung, daß auch dieser Gegenstand hier zur Sprache kommen würde, mitgebracht habe, und welche unten wartet.«

      Der Kaiser sah ihn erstaunt an.

      »Wer ist diese Person?« fragte er gespannt.

      »Der Graf von Rivero, kaiserliche Majestät!«

      Der Kaiser sann nach und schien seine Erinnerung nach diesem Namen zu durchforschen.

      »Wer ist das?« fragte er nach einer Pause. — »Ah, ich erinnere mich, — wurde nicht im vorigen Jahre ein römischer Graf Rivero durch den Nuntius am Hofe vorgestellt?«

      »Ganz recht, Majestät,« sagte der Staatsrath, — »er ist Römer und der Nuntius sein Vertreter, — indeß der Graf Rivero, welcher in den strahlenden Sälen der Hofburg hin und her ging, geht mich nichts an, — mein Graf Rivero ist ein unermüdlicher Kämpfer für das Recht und die Kirche, der in dunkler Stille die große Erhebung vorbereitet hat, welche das Werk des Unheils wieder zerstören soll, — ein mächtiger Führer aller jener Elemente, welche durch verborgene Fäden verbunden zum gemeinsamen Kampf bereit sind.«

      »Und wodurch legitimirt er sich?« fragte der Kaiser mit einem Ton, der zwischen Neugier und Mißtrauen schwankte.

      Der Staatsrath zog aus seiner Tasche einen verschlossenen Brief und überreichte ihn dem Kaiser.

      »Für den Fall,« sagte er, »daß es für kaiserliche Majestät von Interesse sein könnte, ihn zu sehen, hat er mir seine Legitimation anvertraut.«

      Der Kaiser ergriff hastig den Brief.

      »Aus dem Palaste Farnese,« rief er, — »von meiner Schwägerin!«

      Er erbrach den Brief und durchflog den kurzen Inhalt.

      »Führen Sie den Grafen herein!« sprach er dann.

      Der Staatsrath entfernte sich mit tiefer Verneigung. —

      »Ein Glück, daß ich diesen Mann gerufen, — welch' ein neuer Blick öffnet sich mir mit einem Male!« rief der Kaiser, — »wäre es möglich, daß die alte Größe meines Hauses nach allen Seiten wieder erstehen könnte?« —

      Er trat sinnend zum Fenster und blickte gen Himmel, — langsam mit seinem Auge dem Zuge der Wolken folgend.

      Nach kurzer Zeit meldete der Kammerdiener den Staatsrath Klindworth, und auf den Wink des Kaisers trat dieser ein.

      Ihm folgte der Graf Rivero in derselben ruhigen, vornehm gemessenen Haltung, in welcher er das Boudoir der Frau Balzer betreten, und der Kugel des Herrn von Stielow sich gegenübergestellt hatte.

      Er trug einen schwarzen Salonanzug von tadelloser Einfachheit und vollendetem Schnitt.

      Mit jener Sicherheit, jenem leisen und festen Schritt, welchen die Gewohnheit der Höfe bezeugt, trat er einige Schritte dem Kaiser entgegen, verneigte sich tief und erwartete dann mit klar und ruhig aufgeschlagenem Auge die Anrede des Monarchen.

      Der Kaiser maß ihn mit forschendem Blick und sagte:

      »Ich erinnere mich, Sie im vorigen Jahre am Hofe gesehen zu haben, Herr Graf.«

      »Es ist sehr gnädig, daß Eure kaiserliche Majestät sich dessen erinnern,« sagte der Graf mit seiner weichen, melodischen und eindringenden Stimme.

      »Sie kommen von Rom?« fragte der Kaiser.

      »Aus dem Palaste Farnese, kaiserliche Majestät.«

      »Und was führt Sie hieher?«

      »Der Wunsch, Eurer Majestät meine Dienste anzubieten in dem großen Kampfe, welcher Oesterreich bevorsteht.«

      »Meine Schwägerin von Neapel empfiehlt Sie mir als einen Mann, der meines vollen Vertrauens würdig ist.«

      »Ich glaube dieß Vertrauen verdient zu haben und hoffe auch das Eurer kaiserlichen Majestät zu verdienen,« erwiederte der Graf, sich verneigend in ruhiger Einfachheit und ohne jeden Klang von Anmaßung in seiner Stimme.

      »Und wodurch glauben Sie mir nützen zu können?« fragte der Kaiser.

      Der Graf erwiederte den forschenden Blick des Kaisers offen und stolz und sprach:

      »Ich biete Eurer kaiserlichen Majestät den Beistand einer großen, unsichtbaren Macht, der heiligen Liga des Rechtes und der Religion!«

      »Erklären Sie mir, was diese Liga ist und was sie thun kann?«

      »Ich werde Eurer kaiserlichen Majestät sagen, wie sie entstanden ist, dann werden Allerhöchstdieselben verstehen, was sie ist und was sie zu thun vermag. — Als nach den gewaltigen Schlägen,« fuhr er fort, — »welche Oesterreichs Armeen in Italien sprengten, die Flut der Revolution sich unter der Führung des ehrgeizigen Hauses Savoyen über Italien ergoß, und auf das Haupt des Königs Viktor Emanuel jene Krone drückte, welche den Uebergang zur rothen Republik bilden soll, da waren alle Diejenigen, welche das Recht und die Religion im Herzen tragen und für die heilige Kirche zu streiten bereit sind, überrascht und zerstreut, — unfähig zum gemeinsamen und energischen Widerstand. — In rascher Eile vollzog sich das Werk des Unrechts und selbst der Kaiser Napoleon, welcher ein ganz anderes Italien sich gedacht hatte, konnte den einmal von ihm entfesselten bösen Geistern nicht Halt gebieten. — Nach dem Fieber folgte die Ermattung. Selbst im Vatikan war man verzagt. — Aber der Ermattung folgte die Reaktion. — In Rom, im Palaste des Königs Franz, dieses einfachen, aber in seiner Einfachheit wahrhaft großen königlichen Helden, der durch die Kanonen von Gaëta seinen Protest gegen das frevelhafte Unrecht durch Europa hatte erklingen