Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
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den Gang der Dinge war, daß durch dieß feste Zusammenhalten allein die unerhörte augustenburgische Politik des Herrn von Beust unmöglich gemacht, und die Sprengung des Bundes verhindert wurde. — Nach meiner Ueberzeugung müßte nun auch in dieser höchsten Krisis der deutschen Zustände Eure Majestät mit dem Kurfürsten zusammen handeln und auch den Großherzog von Oldenburg zum Anschluß bewegen. Eure Majestät treten damit an die Spitze einer Gruppe, in welcher Allerhöchst Sie die naturgemäße und gern zugestandene Führung haben, sichern die Zukunft Hannovers, leisten Preußen einen Dienst und vertheilen die Unzufriedenheit Oesterreichs auf mehrere Schultern. — Ich würde der unmaßgeblichen Meinung sein, daß Eure Majestät mit dem Kurfürsten von Hessen gemeinschaftlich den Neutralitätsvertrag mit Preußen schließen. Würde — was ich, ich wiederhole es, für unmöglich halte — dieser Vertrag später etwa nicht respektirt, so steht dann auch ein kompakterer Körper da, ihn zu vertheidigen. — Ich glaube, daß durch einen solchen festen und energischen Schritt in dieser Richtung der Krieg weit eher vermieden werden könnte, als durch den von Lord Clarendon angerathenen unbedingten Anschluß an Oesterreich.«

      Der Regierungsrath Meding schwieg.

      Der König, der mit der größten Spannung zugehört hatte, schlug lebhaft mit zwei Fingern der rechten Hand auf den Tisch.

      »Sie haben Recht,« rief er laut, »Sie haben vollkommen Recht!«

      Und er drückte mit der linken Hand auf einen an seinem Schreibtisch befestigten Knopf. Der Kammerdiener trat ein.

      »Der Geheime Kabinetsrath soll kommen!« rief der König.

      Als der Kammerdiener sich wieder entfernt, fuhr der König fort:

      »Glauben Sie, daß der Kurfürst bereit sein wird, diesen Schritt mit mir zu thun?«

      »Ich weiß, daß der Minister Abée ganz in diesem Sinne denkt,« erwiederte der Regierungsrath Meding, »und ich weiß auch, daß Seine Königliche Hoheit der Kurfürst unendlichen Werth darauf legt, mit Eurer Majestät in Übereinstimmung zu handeln.«

      »Ich bitte Sie, mein lieber Meding,« sagte der König, »sofort selbst zum Kurfürsten zu reisen und Seiner Königlichen Hoheit meine Propositionen zu überbringen.«

      Ein Schlag ertönte an der äußern Thür. — Der Kammerdiener öffnete dieselbe mit den Worten:

      »Der Geheime Kabinetsrath.«

      »Mein lieber Lex,« sagte der König, »der Regierungsrath Meding hat mir so eben einen Gedanken ausgesprochen, den ich sofort ausführen will. Er ist der Meinung, daß ich mit dem Kurfürsten von Hessen gemeinschaftlich und solidarisch einen Neutralitätsvertrag mit Preußen schließen soll, und ich will ihn sofort selbst nach Kassel schicken, weil er gewiß der beste Bote sein wird, um die Sache zu realisiren.«

      Der Regierungsrath Meding verneigte sich gegen den König und sagte:

      »Ich darf Eurer Majestät bemerken, daß Graf Platen ganz mit diesem Schritt einverstanden ist und mich autorisirt hat, dieß Eurer Majestät zu sagen.«

      »Tant mieux, tant mieux,« sagte der König — »was meinen Sie dazu, lieber Lex?«

      »Ich bin vollkommen einverstanden,« erwiederte der Geheime Kabinetsrath mit einer feinen, etwas scharfen Stimme, »wenn nur Eure Majestät in irgend einer Weise den Neutralitätsvertrag werden abgeschlossen haben, so werde ich beruhigt sein, und wenn dieß in Gemeinschaft mit Hessen geschieht, so wird der Vertrag um so größere Garantieen bieten.«

      »Wollen Sie nun so freundlich sein,« sagte der König, zum Kabinetsrath gewendet, »mit dem Regierungsrath zusammen das Schreiben zu entwerfen, das er von mir an den Kurfürsten mitnehmen muß, und es mir sogleich zur Unterschrift zu bringen!«

      »Zu Befehl, Euer Majestät!« erwiederte der Geheime Kabinetsrath.

      »Wie steht es mit der Gewerbegesetz-Angelegenheit?« fragte der König.

      »Majestät,« erwiederte Herr Meding, »die Zünfte sind in großer Aufregung und sehen ihren Untergang in der Aufhebung des Zwanges. Ich thue Alles, um in dieser Richtung aufklärend zu wirken, und lasse in der Presse besonders auf das Beispiel Englands hinweisen, wo die Gilden ohne allen Zwang durch die Macht des korporativen Prinzips so gewaltig an Einfluß und Bedeutung dastehen. Ich hoffe, daß der Abscheu gegen die Neuerung auch hier der ruhigen und klaren Erkenntniß weichen wird, — der Minister Bacmeister greift übrigens die ganze Frage mit so schonender, vorsichtiger und geschickter Hand an, daß ich für den Erfolg nicht in Sorge bin.«

      »Es thut mir leid,« sagte der König, »daß die braven Leute in den Zünften sich verletzt fühlen — aber sie werden bald einsehen, daß die Aufhebung des Zunftzwanges ihnen selbst nützt, — daß die Zünfte aus einer verhaßten und stagnirenden Institution zu einem lebenskräftigen Organismus werden. Wenn irgendwo, so ist die freieste Bewegung auf dem nationalökonomischen Gebiet nothwendig. — Wie freue ich mich, bei dem Minister Bacmeister ein so feines und geistreiches Verständniß für meine Ideen und eine so geschickte Hand zur Ausführung derselben gefunden zu haben!«

      »In der That, Eure Majestät,« erwiederte der Regierungsrath, »der Minister Bacmeister ist der geistreichste und liebenswürdigste Mann, den ich jemals kennen gelernt habe, — er hat durch seine persönlichen Eigenschaften großen Einfluß auf die Opposition und fast jeden Abend findet er sich in einer Art von parlamentarischem Klub, den er hier gebildet, mit Miquel und Albrecht zusammen. Vieles wird dort in freundlichem Gespräch aufgeklärt, was sonst in den Kammerverhandlungen zu den bittersten Erörterungen und Streitigkeiten führen würde.«

      »Das ist ja,« unterbrach der König lebhaft, »was uns hier immer gefehlt hat, — man spricht in Deutschland so viel vom öffentlichen Leben und versteht doch nichts davon, da man nicht im Stande ist, mit einem politischen Gegner auf neutralem Gebiet als Gentleman zu verkehren. — Waren Sie gestern in der Oper?« fragte er abbrechend.

      »Nein,« erwiederte der Regierungsrath, »Doktor Schladebach aber hat mir gesagt, daß er sehr unzufrieden war und eine strenge Kritik schreiben werde.«

      »Er hat Recht,« rief der König,, »ich bin sehr gespannt, diese Kritik zu lesen; Doktor Schladebach hat ein feines Verständniß für die Kunst und eine so richtige und taktvolle Manier, sein Urtheil auszusprechen. Wenn wir nur erst für das Schauspiel eine eben so gute Kritik gesunden hätten!«

      »Ich gebe mir alle Mühe, Majestät,« sagte Herr Meding, »eine tüchtige Kritik zu schaffen, und bitte Eure Majestät nur noch um etwas Geduld, — die Kräfte lassen sich nicht so leicht und schnell finden oder bilden.«

      »Gewiß, gewiß,« erwiederte der König — »che va piano va sano — aber wir müssen dahin kommen, eine wirklich gediegene Kritik zu schaffen — sie ist unerläßlich für ein Kunstinstitut, das wirklich auf der Höhe seiner Zeit stehen und seine hohe Aufgabe erfüllen soll. — Doch nun addio, mein lieber Regierungsrath, reisen Sie mit Gott und vieles Freundliche an Seine Königliche Hoheit den Kurfürsten. Kommen Sie bald zurück!«

      »Gott segne Sie!«

      Der Regierungsrath Meding und der Geheime Kabinetsrath verließen das Kabinet.

      Georg V. blieb allein.

      Er blieb eine Zeitlang ruhig in seinem Stuhle sitzen, das Auge auf den Tisch geheftet.

      »Es ist wahr, es ist wahr,« sagte er halblaut, »der große Konflikt naht sich, die segensreiche Institution des deutschen Bundes, welche fünfzig Jahre lang Deutschland die Ruhe und Europa den Frieden erhielt, kracht in ihren Fugen und wird in dem gewaltigen Kampf zusammenbrechen. — Die einzige Hand, welche mit mächtigem Wink diesen Ausbruch hätte beschwören können, ruht im Grabe. — Der Kaiser Nikolaus ist nicht mehr da, um mit gewaltigem Arm in das rollende Rad des Verhängnisses zu greifen. — Und an mich hängt sich Gewicht an Gewicht von der einen und der andern Seite — wohin mich wenden — zum Heil dieses schönen, reichen und treuen Landes, das Gott mir anvertraut, das ein Jahrtausend mit meinem Hause in Freude und Leid verbunden war?«

      Der König blieb eine Zeitlang stumm, dann erhob er sich, die Hand auf die Lehne