Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237470
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Spener'schen Zeitung, damit alle Berliner es lesen — gedruckt werde. Wollen Sie das besorgen?«

      Und er reichte dem Geheimen Hofrath das Blatt.

      Dieser nahm es mit ehrfurchtsvoller Bewegung, immerfort ruhte sein Blick mit bewunderndem Erstaunen auf den bewegten Zügen des Königs.

      »Ich werde das sogleich besorgen,« sagte er, — »befehlen Eure Majestät, daß der Artikel eine besondere Überschrift tragen solle?«

      »Er soll bemerkbar gemacht werden,« sagte der König, »damit Jedermann ihn liest — man kann darüber setzen,« fuhr er nach einem kurzen Nachsinnen fort, — »›Dem königlichen Bruder‹ — wenn Alles ihn vergißt — so darf ihn der Bruder nicht vergessen.«

      »Zu Befehl, Majestät,« sagte der Geheime Hofrath, — »ich werde das sogleich ausführen, — und,« fügte er mit tief überzeugungsvoller Stimme hinzu, — »ich werde von heute an, erlauben Eure Majestät mir es auszusprechen, als das schönste Bild aus diesen großen Tagen in meinem Herzen tragen: den Sieger von Königgrätz, der inmitten der rauschenden Jubellieder seines Volkes auf das stille Grab des königlichen Bruders die volle Hälfte seines reichen Lorbeerkranzes niederlegt.«

      »Es that mir weh,« sagte der König sanft lächelnd, »daß man in diesem Siegesjubel so gar nicht der Verdienste meines Bruders gedacht hat, — ich habe doch nur auf den Grundlagen fortgebaut, die er gelegt. — Nun gehen Sie hin,« fuhr er fort, — »und sorgen Sie, daß der Artikel bald erscheint, — für heute wollen wir das Andere lassen, — Sie werden das mit dem Herzen besorgen, — ich weiß ja, wie treu Sie an dem hochseligen Herrn hingen.«

      Und er reichte dem Hofrath die Hand, litt aber nicht, daß dieser sie an seine Lippen drückte.

      Dann wendete der König sich um und trat still und sinnend vor seinen Schreibtisch, während der Hofrath schweigend das Kabinet verließ.

      Auch der Graf von Bismarck war zurückgekehrt und hatte sich mit rastloser Energie den zahlreichen Arbeiten gewidmet, welche die Ordnung der neugeschaffenen, in alles Bestehende tief eingreifenden Verhältnisse bedingte.

      Wieder saß der Graf in seinem Arbeitszimmer in ziemlich vorgeschrittener Abendstunde vor dem mit Papieren bedeckten großen Tisch, eifrig beschäftigt, die Entwürfe zu lesen und zu durchdenken, die man ihm vorgelegt hatte.

      Ein kurzes Klopfen ertönte an der Thüre, welche nach dem Vorsaal führte.

      Der Graf blickte auf. Es mußte einer seiner Vertrauten sein, der auf diese Weise zu ihm kam.

      Mit kurzem, klarem Tone rief er:

      »Herein!«

      Der Baron von Keudell trat in das Kabinet.

      Freundlich lächelnd nickte ihm der Minister zu.

      »Was bringen Sie mir noch, lieber Keudell?« fragte er, ein Aktenstück zur Seite legend, das er eben durchblättert hatte, — »ist etwas Besonderes passirt?«

      »Allerdings, Excellenz,« sagte Herr von Keudell, »ist eine ziemlich außerordentliche Sache an mich herangetreten, — welche ich Ihnen sogleich und ohne Zögern mittheilen wollte. — Herr Hansen ist hier und so eben zu mir gekommen.«

      »Hansen, — der dänische Agitator?« fragte Graf Bismarck.

      »Derselbe,« sagte Herr von Keudell, — »nur ist er dießmal nicht als dänischer Agitator, sondern als französischer Agent hier.«

      Eine Wolke zog über die Stirn des Grafen Bismarck.

      »Was will man denn noch in Paris?« rief er,— »ist man noch nicht zufrieden, — Benedetti hat sich ja vollständig zur Ruhe gegeben? —«

      »Ich glaube, man will noch einen vertraulichen Versuch machen,« sagte Herr von Keudell, — »und ich wollte Eure Excellenz bitten, Herrn Hansen selbst zu hören, — er hat mir eine Art von Beglaubigung von Drouyn de Lhuys gegeben, nach welcher er Mitteilungen von Interesse zu machen in der Lage ist.«

      »Drouyn de Lhuys ist nicht mehr Minister,« sagte Graf Bismarck.

      »Er ist allerdings zurückgetreten,« erwiederte Herr von Keudell, »und Lavalette verwaltet das Ministerium bis zur Ankunft von Moustier, allein seine Beglaubigung dürfte noch immer beweisen, — daß Hansen in der That Mittheilungen zu machen hat, — die man vorläufig nicht auf diplomatischem Wege machen will, bis man weiß, wie sie aufgenommen werden.«

      »In der That,« sagte Graf Bismarck nach einigem Nachsinnen, »warum sollte ich ihn nicht hören? — Mein Entschluß allen diesen direkten und indirekten Propositionen gegenüber steht ja doch fest,« fügte er mit ruhigem Lächeln hinzu. — »Wo ist Herr Hansen?«

      »Ich habe ihn mitgebracht,« antwortete Herr von Keudell, — »er wartet unten, und wenn Eure Excellenz befehlen —«

      »Haben Sie die Güte, ihn herzuführen,« — sagte der Minister, — »ich sehe Sie wohl noch bei der Gräfin?«

      Herr von Keudell verneigte sich. Eine Minute später führte er Herrn Hansen in das Kabinet und entfernte sich, nachdem der Graf den kleinen, einfach und unscheinbar dastehenden Mann mit würdiger und zurückhaltender Freundlichkeit begrüßt und neben seinem Schreibtisch zum Sitzen eingeladen hatte.

      Die klaren, durchdringenden grauen Augen des Grafen ruhten fragend auf dem klugen Gesicht des Dänen.

      »Excellenz,« sagte Herr Hansen, — »ich bin Ihnen im Namen meines Vaterlandes aufrichtig dankbar für die großmüthige Rücksicht, welche Sie nach so großen Siegen und so unbestrittenen Erfolgen in dem Artikel V. der Friedensstipulationen auf die dänische Nationalität zu nehmen die Güte haben wollten.«

      Graf Bismarck neigte leicht den Kopf.

      »Ich habe nichts gegen Dänemark,« sagte er, — »im Gegentheil, ich achte und respektire diese kleine kräftige Nation und wünsche lebhaft, daß Deutschland mit ihr in Frieden und Freundschaft lebt. — Es wird auf Ihre Landsleute ankommen, daß sie nicht durch unmäßige und überspannte Forderungen die schleunige, praktische Ausführung der Prinzipien erschweren und verzögern, welche in den Friedensschluß zur Regelung unserer Beziehungen zu Dänemark aufgenommen werden.«

      »Ich wünsche Eurer Excellenz nützlich zu sein,« sagte Herr Hansen, »und deßhalb bin ich gekommen, um Ihnen einige Gedanken mitzutheilen, auf deren Grundlage, wie ich glaube überzeugt sein zu dürfen, das so delikate Verhältniß zwischen dem neu konstituirten Deutschland und Frankreich dauernd und befriedigend hergestellt werden kann.«

      Graf Bismarck deutete durch eine leichte Bewegung an, daß er bereit sei zu hören.

      »Ich darf Eurer Excellenz mittheilen,« fuhr Herr Hansen fort, »daß ich eingeweiht bin in die Verhandlungen, welche stattgefunden haben.«

      Graf Bismarck schwieg.

      »Der Kaiser,« sagte Herr Hansen, — »befindet sich in einer peinlichen Lage. Es widerstrebt auf das Höchste seinen Anschauungen über die selbstständigen Rechte großer Völker in ihrer nationalen Entwickelung, — sich den in Deutschland vollzogenen Thatsachen feindlich gegenüber zu stellen.«

      Ein fast unmerkbares, feines Lächeln flog über das ernste Gesicht des Ministers.

      »Auf der andern Seite,« fuhr Herr Hansen fort, — »läßt sich nicht verkennen, daß die bedeutende politische und militärische Machtverstärkung Preußens und Deutschlands der öffentlichen Meinung in Frankreich lebhafte Besorgnisse einflößt, — Besorgnisse, welche der Kaiser weniger als jede andere Regierung unbeachtet lassen darf, — da seine Regierung auf der Basis des Volkswillens, des Votums der öffentlichen Meinung Frankreichs aufgerichtet ist. — Der Kaiser,« sagte er, da Graf Bismarck fortfuhr, ihn ruhig und schweigend anzublicken, »hatte einen Augenblick geglaubt, daß diese Verstimmung beseitigt werden könnte durch Kompensationen, welche die defensive Macht Frankreichs in richtigem Verhältniß zu dem Wachsthum der Offensivkraft Deutschlands stärken würden, — indeß ist er weit davon entfernt gewesen, diese Frage auf eine Spitze zu treiben, welche