Der goldene Kürbis. Masal Dorothea. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Masal Dorothea
Издательство: Автор
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Жанр произведения:
Год издания: 0
isbn: 9783954528318
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Alles in allem: Friedrich war ein Märchenprinz. Und das allein genügte, um aus ihrem Mund keine zwei Wörter hervorzubringen.

      Schließlich schaffte sie es, halbwegs verständlich zu nuscheln:

      »Katie. Katie Williams.«

      »Was für ein reizender Name, Lady Katie. Aber ich behalte Recht, ich kenne Euch nicht. Zum Glück tragt Ihr keine Maske, so wie alle anderen auf diesem Ball. Sonst hätte ich Euch vielleicht nicht bemerkt. Aber bei Eurer Schönheit wärt Ihr mir auch MIT Maske aufgefallen.« Er lachte.

      Masken? dachte Katie erschrocken und merkte sofort, dass sie es laut ausgesprochen hatte. Ein dümmliches Lächeln ihrerseits folgte. Himmel Katie, reiß dich gefälligst mal zusammen!

      Zu allem Überfluss trat genau in diesem Moment jemand von hinten auf ihre Schleppe. Der Reifrock verrutschte. Kein Wunder bei nur halb geschlossenen Ösen und Verschlüssen. Katie stolperte und fiel vorne über. Ihr zu großes Kleid verdrehte sich, sie verlor ihr Gleichgewicht und merkte bereits im Fallen, dass ihr Rock nach oben wanderte und die Stiefel darunter freigab. Sofort spürte sie verlegene Röte in ihr Gesicht steigen. Das stoppte den Fall allerdings auch nicht mehr.

      Zum zweiten Mal an diesem Abend stürzte sie.

      Millimeter über dem Parkett ergriffen zwei starke Hände ihre Arme und hielten sie fest. Erleichtert atmete Katie aus. So viel zu anpassen und unauffällig sein.

      »Habt vielen Dank, Friedrich.«

      Als sie zu ihrem Retter aufsah, blickte sie in das Gesicht des hochgeschossenen, blonden Jungen, der sie den Wachen übergeben hatte. Mist! Sie schluckte schwer und versuchte ein unschuldiges Lächeln aufzusetzen. Er konnte sie wohl kaum wiedererkennen. Schließlich trug sie jetzt ganz andere Kleidung und vorhin im Flur hatte er ihr ja nicht einmal richtig ins Gesicht gesehen. Ganz zu schweigen davon, dass das Licht hier ja auch nicht das Beste war. Der Junge erwiderte ihr Lächeln, doch es wirkte kühl.

      »Geht es Euch gut? Ihr solltet besser auf Euch aufpassen.« Katie nickte zögerlich, stand auf und drehte sich eilig zu Friedrich um, der ihr hilfsbereit eine Hand entgegenstreckte. »Nicht, dass noch etwas aus Eurem Stiefel fällt und Euch ernsthaft verletzt.«

      Der Dolch! schoss es Katie durch den Kopf. Er hatte ihn gesehen. Binnen Sekunden brach ihr der Schweiß aus und ihre Augen suchten hektisch den Raum nach Fluchtmöglichkeiten ab. Es gab keine. Der Saal war überfüllt mit Menschen, was ein Entkommen unmöglich machte. Die Wahrheit zu sagen oder eine Geschichte zusammenzulügen war ebenfalls zwecklos. Selbst wenn der Junge ihr ihre Lüge abkaufte, so musste er nur nach ihrer – nicht vorhandenen – Einladung fragen. Spätestens dann war sie geliefert.

      Der Junge hatte sein Lächeln gegen eine ernste Miene ausgetauscht. »Ich denke, wir sollten uns unterhalten.«

      »Cousin, das ist nicht rechtens.« Friedrich trat einen Schritt vor Katie. »ICH habe sie bereits um diesen Tanz gebeten.«

      Der Junge warf ihm einen finsteren Blick zu und schaute dann über dessen Schulter zu Katie hinüber. »Folgt mir!« Mit diesen Worten machte er auf dem Absatz kehrt und marschierte voraus.

      Katie überlegte, einfach bei Friedrich zu bleiben. Märchenprinzähnlich wie er war, würde er Edelfrauen in Not bestimmt verteidigen und beschützen. Und genau das war sie ja in gewisser Weise.

      Der Gesichtsausdruck, den der Junge ihm entgegengebracht hatte, verdeutlichte aber, dass er keinen Widerstand duldete. Früher oder später würde er sie festnehmen. Vielleicht war es besser, gleich zu kooperieren und auf Strafmilderung zu hoffen. Katie seufzte. Friedrich begann erneut zu protestieren und sie am Gehen zu hindern.

      Der blonde Junge wartete mit wachsamer Haltung ein paar Schritte entfernt und beobachtete sie beide genau. Katie murmelte etwas Entschuldigendes in Friedrichs Richtung und folgte dann dem blonden Jungen. Immer wieder warf er im Laufen einen misstrauischen Blick nach hinten, um sich zu vergewissern, dass Katie weiterlief. An Flucht war nicht zu denken. Zu viele Tanzpaare standen vor den Fenstern und Türen. Selbst wenn sie es bis dorthin schaffte, gab es da immer noch die Wachen, die der Junge in kürzester Zeit alarmieren konnte.

      Wie um ihre Überlegung zu bestätigen, wurde Katie plötzlich von zwei Männern umzingelt, die sich rechts und links von ihr aufbauten. Es mussten die gleichen Wachen sein, die sie schon einmal aus der Villa geworfen hatten, denn für ihren Geschmack fassten die beiden sie ungewöhnlich fest an den Armen. Gezwungenermaßen musste sie nun zum zweiten Mal an diesem Abend dem Jungen in die Eingangshalle folgen.

      KAPITEL 5

      Das Ziel war dieses Mal zum Glück nicht wieder die große Eingangstür, sondern ein Raum auf der gegenüberliegenden Wandseite des Foyers. Als die Wachen sie über die Schwelle stießen, schlug ihr ein Schwall heißer Luft entgegen. Katie wusste nicht, woher diese Wärme kam, bis sie stolpernd vor einem großen Kaminfeuer zum Stehen kam. Für einen Moment waren ihre Augen wie hypnotisiert auf das faszinierende, fremde Lichtspiel der Flammen gerichtet, die im Kamin auf und ab züngelten und sich gespenstisch in den zwei hohen Fenstern des Raums widerspiegelten. Das Feuer tauchte alles in ein warmes, freundliches Licht. Welch trügerischer Eindruck. Aber immerhin war sie nicht in einem Verließ, sondern in einem Studierzimmer gelandet.

      An den Wänden standen mehrere Bücherregale und davor ein großer Schreibtisch mit einem gemütlich aussehenden Ohrensessel. Der Junge nahm jedoch nicht darin Platz, sondern lehnte sich an die Tischkante und bedeutete Katie sich auf einen der weniger einladenden Stühle vor dem Schreibtisch zu setzen. Ein Anflug von Angst stieg in ihr auf. War das eine Falle? Ein mechanischer Stuhl, der sie fesseln würde?

      Einer der Wachen stieß sie von hinten in die Rippen. Widerwillig nahm sie Platz. Die Wachen machten kehrt und bezogen grimmig Posten an der Tür. Erneut musterte Katie ihre Umgebung.

      Fluchtmöglichkeiten: keine, außer den zwei großen Fenstern Erfolgswahrscheinlichkeit: sehr gering Risiko: definitiv einen Versuch wert »Hatte ich Euch nicht verboten, noch einmal hierher zu kommen?« Der blonde Junge hatte einen finsteren Blick aufgesetzt und starrte sie in Grund und Boden. Seine Arme waren vor der Brust verschränkt und seine Haare glänzten im Licht des Feuers wie ein Heiligenschein. Er musterte sie eingehend von oben bis unten und bearbeitete dabei seinen Kiefer. Katie rückte unwillkürlich ein Stück von ihm ab. »Ich dachte, ich bin an diesem feierlichen Tag einmal großzügig und werfe Euch nicht gleich in den Kerker. Doch wie es mir scheint, legt Ihr großen Wert darauf, Bekanntschaft mit den Ratten zu machen.« Sein Ausdruck hatte etwas Bedrohliches angenommen. Katie schluckte. »Bevor ich Euch aber diesen Wunsch erfülle, würde ich gerne noch wissen, warum Ihr hier seid.«

       Das würde mich auch interessieren!

      Auf dem Gesicht des Jungen breitete sich Überraschung aus. Sofort erkannte Katie ihren Fehler. Sie war sich nicht bewusst gewesen, ihre Worte laut ausgesprochen zu haben.

      Ein kaltes Lachen durchschnitt die Stille und ließ sie schaudern. Der Junge schüttelte amüsiert den Kopf, doch in seinem Gesicht lag keine Freude.

      »Ich denke nicht, dass Ihr in der Position seid, meine Fragen nicht zu beantworten.«

      Katie war klar: Wenn Blicke töten könnten …

      Im Gegensatz zu ihrer ersten Begegnung an diesem Abend strahlten die Augen des Jungen nicht mehr in einem kristallklaren Blau, sondern wirkten jetzt eiskalt wie ein tödlicher Schneesturm. Sein Blick brannte auf ihr.

      »Ich höre!«

      Ihr Mund wurde trocken. »Wenn ich dir antworten soll, dann musst du mir Fragen stellen, die ich auch beantworten kann.« Die Selbstsicherheit in ihrer Stimme überraschte sie. Eigentlich war ihr mehr als unwohl zumute und ihr Herz vollführte reinste Saltos in der Brust. Nur mit Mühe schaffte sie es, ihre zitternden Hände im Schoß unter Kontrolle zu halten.

      Der Junge schien in keiner Weise beeindruckt. Mit einem leichten Ruck löste er sich vom Tisch und steuerte auf sie zu. Seine