Harry in love. Christina Masch. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christina Masch
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783991300601
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der Theatersaal nur noch der reinste Hexenkessel. Doch als Harry und Isabel ihre Positionen einnahmen und das Licht gedimmt wurde, wurde es auch im Saal mucksmäuschenstill. Alle starrten nur noch gebannt auf die zwei Menschen, die in der Mitte der Bühne im grellen Lichtkegel in einer recht erotischen Haltung voreinander standen.

      Als die ersten Takte des feurigen Flamencos ertönten, hob Harry Isabels rechtes Bein an und ließ sie einmal tief nach unten gebeugt vor sich mit dem Oberkörper einen Halbkreis zeichnen. Danach zog er sie heftig zu sich heran, um sie sogleich mit den nächsten, schnelleren Takten in eine Drehung von sich weg laufen zu lassen. Das Publikum glaubte seinen Augen kaum zu trauen. Selbst Jane, die schon öfters mit Harry nur annähernd so ähnlich getanzt hatte, verschlug es die Sprache. William derweil sah mit ernster, jedoch beeindruckter Miene seinem Bruder beim Tanzen zu. Am Ende des Liedes kam der Höhepunkt des Ganzen: Harry hob Isabel nach einer Innendrehung hoch über sich und ließ sie dann ganz langsam an sich wieder hinuntergleiten, wo Isabel aus einer Hocke langsam wieder hochkam und dabei ihre rechte Hand über Harrys linkes Schienbein und seinen Oberschenkel nach oben gleiten ließ. Auf Hüfthöhe ergriff Harry wieder ihre Hand und wanderte damit über ihre Köpfe mit gestrecktem Arm hinweg, um Isabel dann erneut in einem Halbkreis mit dem Oberkörper vor sich fallen zu lassen.

      Das Publikum war außer Rand und Band, es wurde hysterisch geschrien, mit den Füßen gestampft und begeistert in die Hände geklatscht. Doch davon bekam Isabel nicht viel mit. Ihr war schwindlig und sie wollte nur noch weg; weg von Harry! Doch nachdem Harry ihr aus der Endposition wieder hochgeholfen hatte, behielt er sie eng umschlungen weiterhin in seinem Arm und führte sie sicher zum Bühnenrand, wo sie sich beide noch einmal vor dem Publikum und der Jury verbeugten. Danach begleitete er Isabel noch immer an Arm und Hand festhaltend hinter die Bühne. Auch dort wurden sie begeistert gefeiert. Doch da Harry wusste, was gerade in Isabel vorging, führte er sie unbeirrt in den leeren kleinen Übungssaal. Erst dort ließ er sie langsam los und schloss die Tür hinter sich. Isabel gewährte sogleich mehrere Meter Abstand zwischen ihr und ihm. Völlig verwirrt starrte sie ihn an, weder fähig etwas zu sagen noch irgendetwas anderes zu machen. Harry schwieg ebenfalls und ließ Isabel die Zeit, die sie brauchte, um sich wieder zu fangen.

      Nachdem in Isabels Gesicht wieder ein wenig Farbe getreten war und sie sich völlig geschafft auf die Bank gesetzt hatte, wandte Harry zaghaft ein paar Worte an seine Tanzpartnerin: „Gratuliere, ich glaube, Du hast eben nicht nur Deinen Vater beeindruckt! Ich muss gestehen, auch ich bin mächtig perplex! Du warst atemberaubend! Ich danke Dir, dass Du mir diesen Tanz mit Dir gewährt hast …“

      Noch bevor Isabel irgendetwas darauf erwidern konnte, wurde die Tür aufgerissen und man rief beiden freudig entgegen, dass die Tanzschule komplett alle drei Wettbewerbe gewonnen hätte und dass man nunmehr das Traumpaar des Tages zur Siegerehrung auf der Bühne erwartete. Harry trat auf Isabel zu und reichte ihr seine Hand. Mit eiskalten Fingern griff Isabel danach wie nach einem rettenden Strohhalm. Hätte Harry Isabel nicht im Rücken mit seinem zweiten Arm gestützt, wäre sie womöglich sogleich ohnmächtig zusammengebrochen. Die letzten Minuten waren für Isabels Psyche einfach zu viel des Guten! Sie kam mit den Eindrücken und Empfindungen, die sich gerade in ihrem Körper breit machten, einfach nicht klar! Trotzdem war sie, obwohl sie wusste, dass Harry der Auslöser dafür war, dankbar, dass er sie sicher im Arm hielt. Mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen und rosigen Wangen nahm sie ihren Preis entgegen. Harry strahlte dagegen für sie beide über das ganze Gesicht. Danach brachte er Isabel wieder zurück zu den Umkleidekabinen. Er gab Kathreen ein Zeichen, dass sie ein Auge auf Isabel haben sollte. Denn Isabel schien noch immer ein wenig neben sich zu stehen.

      Nachdem sich Harry selbst wieder umgezogen hatte, ging er hinüber zum Ausgang des Frauenumkleideraumes und wartete geduldig, dass Kathreen oder Isabel herauskamen. Als Erstes kam Kathreen. „Na, Harry, wie fühlt man sich so als Sieger?“

      „Danke, ganz gut. Aber ich denke, wir können uns alle als Sieger bezeichnen. Ich danke Dir übrigens für Deine Mithilfe während des Einstudierens der Tänze.“

      „Keine Ursache, hat mir Spaß gemacht, Dir mal sagen zu können, wo es langgeht!“, kam es frech von Kathreen zurück.

      Harry schüttelte nur breit grinsend den Kopf. „Kathy, Kathy, Kathy … – Ist Isabel noch drin?“

      Kathreen nickte. „Ich denke, sie wird die Letzte sein, die herauskommt. Ich glaube, ihr geht es im Moment nicht so toll. Du hast sie mächtig durcheinander gebracht. Aber ich drück Dir die Daumen, dass sich daraus das entwickelt, was Du Dir so sehnlich wünschst!“ Harry lächelte Kathreen müde an und seufzte.

      „Sehen wir uns heute Abend zum Feiern im Club?“, fragte Kathreen, bevor sie sich auf den Heimweg machte.

      „Mal schauen, ich weiß noch nicht, ob ich komme. Der Rest wird aber bestimmt anwesend sein. Feiert gegebenenfalls für mich mit.“

      „Okay, wird gemacht! Dann bis zur nächsten Tanzstunde …“

      Harry grinste. Kathreen tat es ihm gleich und ging.

      Nach einer knappen halben Stunde kam dann auch endlich Isabel aus der Umkleidekabine heraus. Sie sah noch immer ziemlich mitgenommen aus und war leicht irritiert, als sie sah, dass Harry vor der Tür stand und auf sie wartete. „Geht es Dir wieder besser?“, war Harrys erste Frage. Isabel nickte. „Soll ich Dich nach Hause fahren?“

      Isabel schüttelte den Kopf. „Meine Eltern warten draußen.“

      „Stimmt. Verzeih, daran habe ich gerade nicht gedacht.“

      Isabel sah Harry nun direkt ins Gesicht. Ihr Blick war fragend und nervös zugleich. Harry atmete tief durch, ehe er die Frage, die ihm schon seit der Siegerehrung auf den Lippen lag, stellte: „Darf ich Dich heute Abend in den Club Five einladen, um gemeinsam mit mir und den anderen auf den Sieg anzustoßen?“ Unsicher senkte Isabel den Kopf. „Du kannst natürlich Deine Freundin oder wen auch sonst immer noch mitbringen. Umso mehr Leute, umso ausgelassener wird sicherlich die Stimmung.“

      „Ich weiß noch nicht. Vielleicht. Du wirst ja sehen, ob ich auftauche“, sagte Isabel. „Wenn Du mich jetzt bitte entschuldigen möchtest, meine Eltern warten.“

      Das war zwar nicht ganz das, was Harry sich erhofft hatte. Aber jedenfalls ein kleiner Schritt in die richtige Richtung und so erwiderte er: „Natürlich, geh nur!“

      Wie Harry es auch nicht anders erwartet hatte, war von Isabel natürlich keine Spur, als er am Abend gegen elf in einem schneeweißen Anzug, über einem schwarzen Hemd, den Club betrat. Mit leicht gedrückter Stimmung gesellte er sich zu seinen neuen und alten Freunden und stieß mit ihnen feucht fröhlich auf den Sieg des heutigen Tages an.

      Alle waren zwischenzeitlich in Hochstimmung, als ganz unverhofft dann plötzlich doch noch Isabel in einem ebenfalls weißen Kleid auf der Treppe, begleitet von Anabel, auftauchte.

      „Haben die zwei sich abgesprochen?“, kam es sogleich von Nick. Samuel zuckte mit den Schultern.

      Harry war gerade am Abtanzen und bemerkte Isabel somit nicht. Dafür hatten Kathy und Jane Isabel ebenfalls sofort entdeckt und führten die zwei neuen Gäste auch sogleich an den runden Tisch, wo sich neben Nicks Tänzern und der jungen englische Königsfamilie auch Mike, der Inhaber des Clubs, sowie André, der Barkeeper, aufhielten und sich den einen oder anderen Spaß erlaubten. Isabel wurde natürlich auch den Freunden von William und Harry, den Partnern von Kathy und Cindy, Jim und Steve, vorgestellt und nun verstand sie auch, warum Kathy heute bei den Proben so derbe Scherze mit Harry ausgetauscht hatte. Alle kannten sich bereits untereinander. Etwas deplatziert stand Isabel neben Anabel und Jane und nippte an dem ihr gereichten Champagner. Unsicher schaute sie sich in der Diskothek um. Doch sie konnte Harry nicht entdecken. War er wegen ihr fortgeblieben, fragte sich Isabel bedrückt. Irritiert darüber setzte sie sich auf die Couch zu Samuel. „Na, Isa, wie fühlt man sich als Siegerin? Und vor allem, was hat denn Dein Vater dazu gesagt?“

      „Er hat sich gefreut, auch wenn ihm der Tanzstil und mein Tanzpartner so überhaupt nicht gefielen. Er hat mir diesbezüglich sogar noch Vorhaltungen gemacht“, gestand Isabel kleinlaut.

      „Sag mal, wo lebt Dein Vater eigentlich;