Zu der damaligen Zeit arbeitete Peter in Istanbul in einer Zahnklinik. Zur Entspannung weilte er einige Tage in Alanyia. Bei einem Spaziergang kam er an einem Menschenauflauf vorbei. Eine Frau saß, mit einem kleinen Mädchen auf dem Arm, weinend vor einer Apotheke. Das Kind war bewusstlos. Es hatte einen Zuckerschock und schwebte in Lebensgefahr. Blitzschnell erkannte Peter die Situation. Die Mutter besaß kein Geld um das nötige Insulin zu kaufen. Ohne Bezahlung verweigerte der Apotheker die Herausgabe des Medikaments. Peter handelte und zahlte und rettete so dem Kind das Leben. Diese Geschichte kommt Akif zu Ohren. Mutter und Kind sind entfernte Angehörige seiner Sippe, deren Oberhaupt er ist. Akif, ein erfolgreicher Geschäftsmann will den großherzigen Deutschen kennen lernen. Er fühlt sich zu Dank verpflichtet.
Im Laufe der Zeit entsteht eine tiefe Freundschaft zwischen dem Türken und dem Deutschen. Von nun an stehen Peter alle Türen und Tore offen. Akif ist ihm bei allem behilflich, lässt seine Beziehungen, die er in fast allen großen europäischen Städten hat, spielen. Er stellt Verbindungen zu türkischen Banken her und handelt für Peters Geld einen sehr hohen Anlagezins aus. Seine fest etablierten Standorte in
Deutschland sind Köln und München. In der Nähe von Alanya kauft Peter sein Ärztehaus, ein Wohnhaus, Auto, Motorrad, alles ist vorhanden, alles mit Hilfe und Vermittlung des neuen Freundes. Peters gute Tat löst eine Lawine guter Taten aus. Von nun an gehört er zu Akifs Familie. Er holt einige ehemalige Angestellte und Arbeitskollegen aus Deutschland in die Türkei, darunter Jan, den belgischen Zahnarzt, der in seinem Heimatland Konflikte mit dem Betäubungsmittelgesetz hat. Aus diesem Grund darf er dort seinen Beruf nicht mehr ausüben. Alle finden in Peters Praxis einen sicheren, gut bezahlten Arbeitsplatz. Seine Bücher führt die Türkin Aiysche tüchtig und zuverlässig. Sie hat in Deutschland Betriebswirtschaft studiert.
Jan ist nicht abgeneigt, Peters Imperium für eine Ablösesumme in Höhe von 7 Millionen €. zu übernehmen. Mit Akifs Hilfe investiert Peter in einen Bootsverleih mit dazugehöriger Surf- und Tauchschule. Die Praxis florierte. Es läuft alles bestens.
(Ein orientalisches Märchen!)
„Weißt du Liebling, wenn mich die Behörden nicht in Ruhe lassen, siedeln wir ganz in meine zweite Heimat über. Nur im Moment denke ich, ist die Hitze deiner Gesundheit nicht zuträglich. Wir müssen ja auch nichts überstürzen.“ Ist er nicht rührend, denkt er nicht an alles?
Peter überrascht mich mit einem Abstecher nach München. Wir wohnen im Kempinski, wo wir vom Empfangschef wie Stammgäste begrüßt werden. Er überreicht Peter Theaterkarten für die Aufführung von La Traviata im Theater am Gärtnerplatz. Beruht dieser Empfang auf dem für meine Begriffe total überhöhten Trinkgeld?
(Sicher war es in diesem Haus nicht sein erstes Gastspiel in Damenbegleitung?)
Beim Bummeln durch München finden wir das ein oder andere schicke Kleidungsstück, für ́s Theater muss es etwas ganz besonderes sein. Diese Streifzüge, ob in Köln, Hamburg, München oder auf Sylt, lieben wir beide. Wir kaufen nicht unüberlegt, wir haben Freude an der Suche nach dem Besonderen. Für mich ein Lederensemble mit passenden Schuhen von Charles Jordon, für ihn einen Anzug von Armani usw. usw., es summiert sich. Die Opernaufführung ist überwältigend, anschließend essen wir beim Thai, dieses Mal nicht beim Italiener.
Am nächsten Morgen, auf dem Weg zum Frühstückraum überreicht der Maetre Peter die gesamten Werke Bayerischer Immobilienangebote. „Man muss nur die richtigen Leute zur richtigen Zeit an der Hand haben,“ so sein lapidarer Kommentar.
(Wie groß der Schein war, der für diesen Liebesdienst den Besitzer gewechselt hat, weiss ich nicht.)
Bei Durchsicht der Angebote hat Peter eine Kaufsumme von 1 Millionen €, anvisiert, drunter gibt es seiner Ansicht nach nichts Vernünftiges. „Liebling, sieh mich nicht so groß an, wir können das Geld gar nicht ausgeben, was sich auf meinen Konten angesammelt hat. Wenn Jan auch noch meine Praxis kauft...“ ja wenn. „Schau für meinen Sohn und seine Mutter habe ich gut gesorgt, meine ganze Familie profitiert von meinem Geld, also mach nicht so ein Gesicht. „Ich will dich zur glücklichsten Frau auf diesem Planeten machen.“
Peter schwebt ein Vierseithof vor, mit genügend Wald und Wiese hinterm Haus. „Wir werden uns einen Geländewagen, landwirtschaftliche Fahrzeuge und Gerätschaften anschaffen. Ja und Angestellte, Angestellte für Haus und Hof, die sind ganz wichtig.Wir benötigen Personal, das uns zur Hand geht.Vielleicht können wir hier unsere Gastro-Pläne verwirklichen. Bei einem Anwesen mit entsprechenden Räumlichkeiten, Umbauten und Renovierungsarbeiten ist das machbar. Hasenherz, du müsstest nicht ernsthaft arbeiten, nur repräsentieren, die Angestellten beaufsichtigen, einfach für den richtigen Stil sorgen, das wäre eine Aufgabe, die dir auf den Leib geschneidert ist. Wenn ich denke, mit welchem Erfolg du Jahrzehnte dein Geschäft geführt hast, ist uns ein gutes Gelingen hier auch garantiert. Endlich könnte ich wieder kochen. Du weißt kochen und Zähnchen machen ist meine Leidenschaft.“
(Meine Erfahrung haben mich gelehrt, seine größte Leidenschaft die er mit unübertroffener Perfektion und Skrupellosigkeit ausübt, ist betrügen, zerstören, vernichten.)
Zurück im Hotel in St. Englmar berichtet er ausführlich von unseren Plänen, worauf ihn einige der Gäste, auch die Hotelbesitzerin auf mehrere geeignete, zum Verkauf anstehende Immobilien aufmerksam. Peter zeigt sich begeistert. Mann, insbesondere Frau schmeichelt ihm. Er zieht alle Register
(und sonnt sich in seiner nicht vorhandenen Größe.)
An solchen Gesprächen beteilige ich mich kaum, lasse ihn gewähren und übe mich in Gelassenheit. Sind wir allein, fragte ich, ob er alle in unsere Zukunftspläne einweihen muss. „Niemand hier gibt so viel Privates preis. Es ist mir oft unangenehm, ich fühle mich total entblößt. Außerdem sind es vorerst nur Pläne ohne Hand und Fuß.“ „Aber Liebling,“ oh, wie erschrocken er mich wieder ansieht, wie zerknirscht er sich zeigt. „Natürlich sind es Pläne, jedoch trage ich nicht dick auf, wie so manch anderer Gäste hier. Wir haben alle Möglichkeit, unsere Pläne in die Wirklichkeit umzusetzen.“
(Wie kann diese unverfrorene Dreistigkeit überhaupt noch überboten werden, frage ich mich heute.)
Immer wieder stelle ich ihm in Phasen des Misstrauens Fangfragen. Er verwickelt sich nie in Widersprüche.
(Scheinbar wird er dadurch sogar inspiriert, seine Geschichten mit vielen Details auszuschmücken. So wirkt er auf mich glaubhaft und überzeugend.)
Während dieser Zeit geht er jeden zweiten Tag abends zum Telefonieren. Er hat die Order, sich regelmäßig bei Pauliano zu melden, der ihn weiterhin mit Aufträgen betraut. Peter ist in der Regel nach zwei Stunden wieder zurück. Oft ruft er mich von unterwegs an: „Hase, vermisst du mich? Gleich bin ich wieder bei dir, geht es dir gut?“ Mein besorgter Mann!
(Alles geschieht nur aus Berechnung.)
Auch bei seinem Sohn meldet er sich regelmäßig und berichtet mir anschließend vom Verlauf dieser Telefonate. Wie sehr der Junge seinen Vater vermisst und wie er sich freue, mich bald kennenzulernen. Natürlich hat er dem Sohn von seiner neuen, tollen Frau berichtet. „Stell dir vor Hase, er ist so ein guter Schüler, dass er sogar eine Klasse übersprungen hat. Bald nimmt er an einem Musikwettbewerb teil, zu dem wir eingeladen sind. Habe ich dir schon von seiner außergewöhnlichen
musikalischen Begabung erzählt? Er spielt Klavier wie ein ganz Großer.“ Seine Ex-Frau zeigt sich versöhnlich.