Der Casta-Zyklus: Initiation. Christina Maiia. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christina Maiia
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844264579
Скачать книгу
folgt exakt seinem üblichen Reinigungs-Ritual, den Waschungen, der Teezeremonie und den Meditationen, bis er sich gestärkt und klar genug fühlt, um seinen Bericht an Professor Todd abzuliefern. Dieser nimmt den Anruf sofort entgegen, als X ihn kontaktiert. „Hallo Xavier, schön, dass es heute noch klappt. Wie geht es Ihnen?“, beginnt der Professor die Transmission gutgelaunt.

      „Danke, ich bin sehr zufrieden. Wie sieht es bei Ihnen aus, Professor?“

      „Schön. Auch sehr gut, danke. Ich hatte heute den üblichen Call mit dem Ältestenrat und wollte Sie gerne auf den neuesten Stand der Dinge bringen. Und natürlich hören, welche Fortschritte Sie machen.“

      „Das ist wirklich sehr freundlich von Ihnen. Fangen Sie doch bitte an.“

      „Nun, es gibt eine gute Nachricht, die auch ein wenig Druck von Ihren Schultern nehmen dürfte. Der Ältestenrat hat sich gerade dazu durchgerungen, in etwa vier Tagen eine Rettungsaktion für Kisha Moon zu starten, sofern Sie bis dahin, wider Erwarten, nicht mit ihr in Kontakt getreten sein sollten. Allerdings möchte man ihr bis dahin noch die Chance geben, ihre Initiation erfolgreich abzuschließen, was dank ihrer Fähigkeiten und ihrer Notversorgung durchaus noch im Bereich des Möglichen liegt“, führt Todd knapp aus.

      „Das ist sehr schön“, antwortet Xavier. „Aber welcher Art soll die Rettungsaktion denn sein? Ich meine, wie genau soll es in diesem unwahrscheinlichen Fall denn ablaufen?“

      Todd schlägt einen vertraulicheren Ton an. „Es sind derzeit noch nicht alle Details geklärt. Unter uns, Xavier - und ich vertraue Ihnen, dass das unter uns bleibt - ich bin mir selbst über die Motive des Ältestenrats noch nicht ganz schlüssig. Sie müssen wissen, dass Avner, der Spezialbeauftragte des Rats in dieser Sache, ein ziemlich ehrgeiziger und zielstrebiger Zeitgenosse ist. Aber zumindest in einem Punkt konnte ich schon ein wenig hinter seine Absichten kommen.“

      „Verstehe“, antwortet Xavier und wird unweigerlich leiser im Ton. „Todd, Sie kennen mich lange genug, natürlich bleibt das unter uns. Ich weiß, Sie würden diese Umstände nie erwähnen, wenn Sie nicht das Gefühl hätten, dass sie für das Gelingen der Mission wichtig sind.“

      „Ich danke Ihnen, Xavier. Also folgende, noch nicht letztendlich bestätigte Vermutung von mir: Avner käme ein Scheitern von Kisha sehr gelegen. Nicht, dass er deshalb so weit gehen würde, ihren Tod zu riskieren, nein, das auf keinen Fall. Aber ich weiß aus sicherer Quelle, dass er von Anfang an äußerst gerne seinen Enkel, Kevin, auf dieser so wichtigen Mission gesehen hätte und nicht sie. Sie müssen wissen, Avner ist einer von jenen, die noch nicht so lange wie wir auf Casta 3 zuhause sind und die deshalb mit ihrem Ego zuweilen noch stärker zu kämpfen haben als unsereins. Das sei ihm bei der ganzen Angelegenheit zugutegehalten. Darüber hinaus ist er ein brillanter Kopf, keine Frage, und sehr nützlich für den Ältestenrat und die große Mission. Aber es gilt wegen besagtem Umstand immer etwas Vorsicht bei ihm walten zu lassen und die Dinge gründlich zu hinterfragen. Ich hoffe, mein Punkt ist für Sie verständlich geworden?“

      „Danke, Professor. Es ist wichtig, dass Sie mich gewarnt haben. Ich glaube zwar nicht, dass ich jemals mit Avner und dem Rat direkt zu tun haben werde, aber es erleichtert mir doch die Auslegung meiner Rolle, wenn ich weiß, was im Hintergrund abläuft. Sie meinen also, dass Avner umgehend Kevin als Ersatz vorschlagen wird, sobald feststeht, dass Kisha gescheitert ist?“

      „Ich gehe fest davon aus. Alle Argumente lägen dann auf seiner Seite, und selbst wenn nicht: Ich habe Avner schon erfolgreich argumentieren sehen, wenn er nur einen halben Trumpf in der Hand hatte. Im Fall von Kishas Scheitern fiele mir persönlich kein Argument mehr ein, das man gegen eine Ersatz-Mission mit Kevin vorbringen könnte.“ Er räuspert sich kurz. „Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, Xavier. Kevin ist offiziell meine zweite Wahl, er ist wirklich sehr gut und talentiert und wie sein Großvater sehr ambitioniert, aber er reicht eben einfach nicht an Kishas Fähigkeiten, ihre Kreativität und ihre Intuition heran. Und die brauchen wir dringend, wenn der Test uns das einbringen und verraten soll, was wir unbedingt wissen müssen.“

      „Dann ist es also umso wichtiger, dafür zu sorgen, dass die junge Miss Moon erfolgreich ist.“ Xavier ist wieder besorgter als er noch zum Beginn des Gesprächs war. „Und Sie haben mir gesagt, Sie hätten eine gute Nachricht, die mich entlasten würde“, zieht er Todd auf.

      „Ich weiß. So ist das Leben, mein lieber Xavier, so ist das Leben. Aber Sie schaffen das, da bin ich mir ganz sicher. Wenn es jemand schafft, dann sind es Sie, und dann brauchen wir uns den Kopf nicht mehr über diese Angelegenheit zerbrechen. Apropos, gibt es derweil etwas Neues an der Front?“

      „Ebenfalls eine gute Nachricht: Meine Stimme hat sich deutlich verbessert in den letzten 48 Stunden. Außerdem konnte ich zusätzliche Unterstützung rekrutieren für meine Suche“, berichtet Xavier wahrheitsgemäß.

      „Aber doch hoffentlich keine, die die Geheimhaltung gefährden wird? Sie wissen, die Ältesten sind da äußerst empfindlich.“ Todd klingt leicht alarmiert.

      „Nein, nein, keine Sorge. Der junge Mann hat absolut keine Ahnung, auf was er sich da eingelassen hat“, antwortet der Meister mit einem Schmunzeln im Gesicht.

      „Sie sind ein alter Fuchs, lieber X“, lächelt der Professor zurück. „Wenn dem so ist, sehr gut, ich bin zufrieden. Lassen Sie uns bitte ab heute mindestens einmal täglich kommunizieren. Ich möchte gerne aktuell wissen, wo wir jeweils stehen, denn ich habe mich verpflichten müssen, unserem genialen Schlitzohr im Rat umgehend Bericht zu erstatten, sobald sich etwas tut.“

      „Sehr gerne. Da ich momentan viel draußen in der Stadt unterwegs sein werde, schlage ich vor, dass ich Sie kontaktiere, sobald ich kann, einverstanden?“

      „Einverstanden. Ich bin rund um die Uhr erreichbar für Sie. Alles Gute, lieber Xavier, ich habe das starke Gefühl, Sie schaffen es.“

      „Danke, lieber Professor, das habe ich auch.“

      Als das Licht auf der Empfangseinheit erloschen ist, bleibt Xavier noch einen Moment auf seinem üblichen Platz vor dem Fenster stehen. Er fühlt sich sowohl erleichtert, als auch unter erneutem Druck, sowohl motiviert, als auch besorgt. Nicht, dass die Kleine nicht schon genügend Schwierigkeiten zu bewältigen hätte, sagt er sich in Gedanken, jetzt kommt auch noch dieser lästige Ehrgeiz eines eitlen Großvaters dazu. Aber das Universum wird wie immer für ein Gleichgewicht in dieser Gleichung sorgen, das weiß X so sicher wie er zweiter Meister des Ordens der Weisheit und fast 80 Jahre in diesem Leben ist. Wir werden sehen, was sich noch an Unterstützung einfinden wird, in diesem großen und so ernsthaften Spiel.

      Avner

      Das Licht des Tages ist bereits erloschen, als er tief unter der Erde den Hangar durch eine der Geheimtüren betritt. Die einzelnen Gänge, die durch Schwingungs-kontrollierte Sicherheitsbarrieren voneinander getrennt sind und nur eine Handvoll autorisierter Personen anerkennen, sind schmucklos und dunkel. Lediglich eine schwache Lichtquelle aktiviert sich für die Dauer seiner Präsenz, um dann wieder in ihren Dämmerzustand zu versinken.

      Wie so oft ist er ganz in seine Gedanken vertieft, während er routinemäßig die kahlen Gänge durchschreitet. Er ist auf sein brillantes Hirn konzentriert, das ihm schon so vieles leicht gemacht hat, vieles, das andere, wenn überhaupt, an seiner Stelle nur mit großer Mühe bewältigt hätten. Spezialbeauftragter des Rates zu werden, zum Beispiel, ist keine ernsthafte Herausforderung für ihn gewesen. Jedes der weiteren Ratsmitglieder hat seine besonderen Qualitäten, die sich von den seinen eindeutig unterscheiden, aber auf dieser Aufgabe hat ohne Zweifel von Anfang an sein Name gestanden. Die jahrelange Vorarbeit, die er hinsichtlich seines Standings im Rat und in der Gemeinschaft geleistet hatte, machte sich endlich bezahlt und seine Nominierung war nicht eine Sekunde lang ernsthaft in Gefahr. Selbst Richard war kein Hindernis, analysiert Avner treffend, er ist froh, wenn er sich endlich den angenehmeren Seiten des Lebens widmen kann und nicht zu viel Zeit in ein einzelnes Projekt stecken muss, zumal in eines dieser Dimension. Er lächelt befriedigt. Irgendwann werde ich ihn auch noch in seinem Rats-Vorsitz beerben, soviel steht fest, aber das ist ein Thema für eine andere Zeit und jetzt gibt es eindeutig Wichtigeres