The Money Clan. Karl Nee. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karl Nee
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742718891
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Rückkehr nach Lion House. Ihrem Vater gelang es leider nicht, seinen inneren Frieden zu finden. Kommen sie zur Ruhe, ehe es zu spät ist. Stellen sie sich der Vergangenheit. Ich werde ihnen alle Fragen auf die ich eine Antwort weiss beantworten. Vielleicht kann ich ihnen dabei helfen, den Zorn zu zügeln.»

      «Wann haben sie meinen Vater das letzte Mal gesehen?» wollte Jessica wissen.

      «Ich war einen Monat vor seinem Tod bei ihm. Sie müssen wissen, er gab ihnen nie die Schuld an Sophias Tod oder dem Selbstmord ihrer Mutter. Sie wissen, dass sie schon vor dem Verlust ihres Kindes schwer depressiv war. Sicher waren sie damals noch zu klein um das alles zu verstehen. Ihr Vater sagte mir jedes Mal wenn wir uns trafen, wie sehr er sie liebt und wie Leid es ihm tat was er ihnen alles aufbürdete. Ich weiss, nach aussen hin wirkte ihr Vater immer recht kühl und unnahbar. Doch hinter dieser Fassade war er ein hochsensibler Mensch.»

      Als Maja in den Salon kam um Beatrice etwas zu fragen brach der Dialog ab. Wie es aussah wurde die Hilfe der Haushälterin in der Küche benötigt. Maja entschuldigte sich mehrmals für die Störung und ging wieder.

      «Gehen sie ruhig, ich werde mich oben noch etwas ausruhen. Wir finden genügend Zeit um zu reden. Rufen sie mich bitte wenn das Abendessen fertig ist.»

      «Aber natürlich.» versicherte ihr Beatrice.

      In der Halle kniete Lana auf dem Boden und saugte mit einem Schwamm das verschüttete Blumenwasser auf. Sie hob den Kopf als Jessica an ihr vorbei zur Treppe lief. Das klassische Dienstmädchen Outfit, bestehend aus einem schwarzen biederen Kleidchen und einer weissen Schürze mit Rüschen stand Lana ausgesprochen gut. Gewiss trug sie die Uniform nicht freiwillig. Sie drückte den vollgesogenen Schwamm über einem blauen Kunststoffeimer aus. Hoffentlich würde sie zwischendurch auch etwas Zeit haben um sich umsehen zu können. Beatrice schien recht streng zu sein und verlangte ihren Mädchen einiges ab. Jetzt wunderte es sie nicht mehr, weshalb die Arbeit so gut entlohnt wurde. Da kam die Haushälterin auch schon wieder um die Ecke gelaufen.

      «Kommen Sie, ich brauche ihre Hilfe in der Küche.»

       «Sklaventreiberin!»

      Mit einem leisen Seufzer den Beatrice aber nicht hören konnte stand sie auf, griff nach dem Eimer und folgte ihrer Chefin in die Küche.

      Im oberen Stock betrat Jessica ihr Schlafzimmer. Die beiden vollgepackten Koffer standen neben dem grossen Bett. Sie waren unangetastet. Da sie es nicht mochte, wenn jemand anderes ihre Kleider in den Schrank räumte, wollte sie es später selbst erledigen. In ihrem Zimmer roch es angenehm frisch. Auf Beatrice konnte man sich seit sie denken konnte immer verlassen. Ihre hervorragende Arbeit schätzte sie sehr. Als Jessica als Kind mit ihrer Familie hier lebte, war Beatrice nicht nur Haushälterin, sondern auch ein strenges Kindermädchen. Oft hatte Jessica sie für ihre verhängten Verbote, Hausarreste und das kontrollieren der Hausaufgaben verflucht. Erst im Erwachsenenalter wusste sie dies alles zu schätzen. Ihr Vater hätte sie und ihre Schwester sonst viel zu sehr verwöhnt. Glücklicherweise liess er Beatrice ziemlich freie Hand im Betreuen seiner Nachkommen. Ihre Mutter war oft von schweren Depressionen geplagt worden, manchmal schloss sie sich über Tage in ihrem abgedunkelten Zimmer ein. Es war Beatrice, der es schliesslich wieder gelang sie zum Essen zu bewegen und sie unternahm mit ihr stundenlange Nachmittagsspaziergänge. Ihre Mutter vertraute ihr alles an, keiner wusste so viel über Josephine und ihre Lebensgeschichte wie Beatrice. Seit Generationen wurden Nachkommen der Familie mütterlicherseits von Geisteskrankheiten heimgesucht. Die Angst war bei Jessica immer präsent, denn auch sie selbst neigte zu Melancholie und fürchtete oft, dass es ihr irgendwann wie ihrer Mutter erginge. Nachdem Lion House der Familie nur noch als Sommerresidenz diente, kümmerte sich Beatrice mit einem reduzierten Pensum um die Pflege des Hauses und dass alles instandgehalten wurde. Arbeit gab es hier eigentlich immer genügend. Mit ihrem Mann Charles, dem Gärtner, der sich um die weitläufige Gartenanlage von Lion House kümmerte, lebte sie über zwei Jahrzehnte lang im alten Bedienstetenhaus, das auf der anderen Seite vom See lag. Charles wurde krank und musste im Krankenhaus behandelt werden, weswegen sie das Anwesen verliessen. Coleman kaufte ihnen aus Dankbarkeit für die langjährigen Dienste eine Stadtwohnung. Wehmütig wurde Jessica bewusst, der Tag war nah, an dem Beatrice das Organisieren des Unterhalts von Lion House zu viel werden würde. Sie ging auf die siebzig zu. Es dürfte wahrscheinlich ein unmögliches Unterfangen werden einen würdigen Ersatz für sie zu finden.

      Die hellen Vorhänge vor der Fensterfront waren aufgezogen und die Sonne brannte auf den durch die Jahrzehnte ausgebleichten Riemenboden. Jessicas Schritte verursachten ein leises Knistern. Sie öffnete die Glastür die auf einen schmalen Balkon führte, der von einem verschnörkelten schmiedeeisernen Geländer umgeben war. Sie blickte über den Garten und den See in die Ferne. Eine wunderbare weitgehend unberührte Landschaft. Es überkam sie ein Gefühl, dass irgendwo zwischen schmerzlichen Erinnerungen und Heimkehr lag. Vielleicht war es doch gut, noch einmal zurückzukommen um die Asche ihres Vaters zu verstreuen. Sie musste Abschied von der Vergangenheit nehmen. Es war schmerzlich, als sie ihren Vater zum letzten Mal lebend getroffen hatte, stritt sie sich mit ihm. Wie fast immer ging es dabei um Madeleine. Niemals ahnte sie da, Wochen später an seiner Trauerfeier teilnehmen zu müssen. Auch er hatte es nicht leicht in seinem Leben. Die Frau die er liebte erkrankte nach der Geburt ihrer beiden Kinder an schweren Depressionen und nahm sich später das Leben. Seine zweite Tochter ertrank mit sieben Jahren im See. Die Zeitungen sprachen von einem Fluch der auf der Familie lag. Seit Generationen mussten die Colemans derbe Schicksalsschläge einstecken. Kurz nach Ende des ersten Weltkrieges setzte ein Vorfahre, Alfred Coleman Lion House in Brand. Ein Grossteil der ursprünglichen Grundmauern wurde dabei zerstört. Seine Frau, die fünf Kinder und drei Angestellte kamen ums Leben. Beim Wiederaufbau sprachen Arbeiter davon, dass ein alter Geist über dem Anwesen wache, wenn man sich dort zu lange aufhielte verliere man den Verstand, würde dem Wahnsinn verfallen und schliesslich sterben. Immer wieder rankten sich Mythen um Lion House.

      Jessicas Schlafraum war einer der grössten im Haus. Es gab eine Türe die in ein eigenes grosses Badezimmer führte. Gegenüber dem Bett war ein etwa fünf Meter langer Kleiderschrank mit weiss lasierten Schiebetüren in die Wand eingebaut. Sämtliche antiken Möbelstücke in dem Zimmer waren aufwändig restauriert und ebenfalls weiss lasiert worden. Auf beiden Seiten der Fensterfront stand ein Polstersessel. Er wurde mit hellem Stoff auf dem ein zartes lilafarbenes Blumenmuster aufgedruckt war bezogen. Cremeweiss und Pastelllila waren die Lieblingsfarben ihrer Mutter. In diesem Zimmer waren sie für Jessicas Empfinden etwas zu dominant vorhanden. Ein allzu vertrauter Geruch strömte ihr von der Spiegelkommode her entgegen. Das lag an den wunderschönen weissen Lilien welche in einer Vase arrangiert waren.

      «Wie aufmerksam von Beatrice!» dachte Jessica und war gerührt über die Geste.

      Diese Blumen liebte sie genauso sehr wie es ihre Mutter Josephine zu Lebzeiten getan hatte. Sie erklärte ihr einmal, dass die Lilie eine strahlende Pflanze sei, bei deren Anblick man automatisch an Licht und Liebe denken müsse. Wenn man jemandem Lilien schenkt, sagte sie, gebe man dem Beschenkten ein Gefühl der Hochachtung und Zuneigung. Von dieser Erklärung beeindruckt, erkor sie sie ebenfalls zu ihrer Lieblingsblume. Da sich die Blumen im Spiegel spiegelten, wirkte der Strauss auf den ersten Blick noch voller als er ohnehin schon war. An der weissen Porzellanvase lehnte ein kleines Kuvert. Jessica ging hin und zog eine Karte heraus. Flüssig geschrieben, mit schwarzer Tinte, in zusammenhängender verschnörkelter Schrift stand da: «Alles hat seine Zeit.»

      Sie drehte das Kuvert in ihrer Hand. Ein Name des Absenders stand weder auf dem Umschlag noch auf der Karte. Es war nicht Beatrice Handschrift, dass sah sie sofort. Sie stellte das Kuvert zur Vase zurück, so wie sie es vorgefunden hatte. Obschon sie etwas verwundert darüber war, fiel ihr keine plausiblere Erklärung ein, als das die Blumen doch von Beatrice kommen mussten. Von wem sonst? Plötzlich war er wieder da. Der pochende Schmerz in ihrem Kopf kehrte zurück. Es war als legte sich ein dunkler Schleier über sie.

      «Ich muss mich ausruhen!» flüsterte sie.

      Bevor sich Jessica aufs Bett legte, betrachtete sie sich im Spiegel über der Kommode. Mit der rechten Hand zog sie an ihrer fein geflochtenen Halskette bis der Anhänger über der Bluse hing. Sie beobachtete das Schmuckstück im Spiegelbild und klebte den Blick auf