The Money Clan. Karl Nee. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karl Nee
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742718891
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war als sie angenommen hatte. Eine Zeitlang verharrte Adam vor dem Vorhang, wie eine Katze vor dem Mauseloch. Sein Atem roch nach Alkohol und Zigaretten. Das was er von sich gab, entpuppte sich als ein endlos aneinandergereihtes Sammelsurium an Fluchworten. Dann, urplötzlich, wandte er sich ab und ging weiter. Die Türe zum Nebenzimmer öffnete sich. Von dort hörte sie ihn angestrengt husten, würgen und wie er seinen Auswurf ausspuckte. Anschliessend ging sein Gefluche wieder los.

      «Scheisse, verdammt noch mal.»

      Er kam zurück in den Wohnraum und trampelte zu den Sesseln.

       «Er hat den Schuhkarton entdeckt!»

      Wie eine Rassel schüttelte er die Schachtel in seinen grossen Händen. Bei dem Versuch den Knoten der Schnur aufzubekommen fauchte er wie eine Wildkatze. Da es ihm nicht auf die sanfte Tour gelang, zerriss er das Band mit Gewalt. Er nahm auf einem der Sessel Platz und verstummte. Adam öffnete die Schatztruhe. Hinter dem Vorhang bekam Lana mit, dass er im Inhalt herumwühlte. Dann hörte sie ihn telefonieren. Seine Stimme klang düster.

      «Sie ist nicht mehr da!»

      Während er zuhörte röchelte er die ganze Zeit.

      «Ich habe eine Schachtel mit Fotos und Unterlagen gefunden.»

      Adam kippte den Inhalt auf den Boden. Ein Polaroid Foto flatterte zum Vorhang rüber, rutsche bis zur Hälfte unter den Saum und wurde schlussendlich von Lanas rechter Schuhspitze gebremst. Sie fühlte den kurzen kaum wahrnehmbaren Druck, sah und wusste aber nicht was zu ihr herüber gerutscht war. Was es auch gewesen ist, er würde jetzt hoffentlich nicht herkommen um es sich zu holen. Momentan hockte er noch auf dem Sessel und konzentrierte sich auf ein gefaltetes Stück Papier, welches er in der Kiste fand. Adern zeichneten sich an seinen behaarten wulstigen Händen ab. In der einen hielt er das Telefon, die andere an der sein kleiner Finger fehlte, streckte er von sich und probierte den Papierbogen aufzufalten. Unbeholfen wie er war, riss er ihn dabei fast in Stücke.

      «Es ist eine Karte des Tunnelsystems!» keuchte er ins Telefon.

      «Ich nehme alles mit und komme zum Treffpunkt.»

      Der Anruf endete. Sein Telefon verschwand in einer Tasche seiner Jeans. Die Karte hatte sich ohne Mühe wie eine Ziehharmonika zusammenlegen lassen. Er faltete sie aber noch eins kleiner, als sie ursprünglich war, damit sie in eine Gesässtasche passte. Als er seinen Hintern vom Polster hob, quietschte der Federkern. Mit seinen Händen wischte er die ausgeschütteten Zettel und Bilder vom Boden auf und warf alles zurück in den Schuhkarton. Dummerweise erfasste sein Blick beim Hochkommen das Foto, dass halb unter dem Vorhang hervorschaute. Die schweren Schritte näherten sich ihrer Position. Sein penetranter Atem stach Lana erneut in die Nase. Etwa einen halben Meter vor dem Fenster hielt er still und ging in die Hocke. Sein Kreuz knackste mehrmals. Lana fühlte ein leichtes zwicken unter dem rechten Fuss. Ihre Sohle gab keinerlei Widerstand. Adam hob das Bild auf ohne von ihr Kenntnis zu nehmen. Als er geruhsam aufstand, bäumte sich sein Umriss wie ein riesiges Ungeheuer durch den Vorhangstoff hindurch vor ihr auf. Sie kam sich vor wie Schmelzkäse in einem Sandwich. Angst, Hitze und der Mangel an Sauerstoff waren dafür verantwortlich.

       «Du hast was du wolltest, jetzt verschwinde endlich!»

      Das Polaroid lag in seiner rechten Tatze. Nachdenklich gestimmt, sah er es sich eine Weile lang an. Ein grosser mager wirkender Junge in dunkelblauer Manchester Latzhose, beigem Shirt und grünem Baseballcap stand neben einer gut aussehenden Brünette mit auf toupierter Dauerwelle und auffallend grossen pinken Kreolen. Wahrscheinlich ist das Foto irgendwann in den achtziger Jahren entstanden. Die Farben wirkten ein wenig verblasst. Der Junge schaute verlegen in die Linse, so als sei es ihm unangenehm gewesen fotografiert zu werden. Dagegen wirkte die Ausstrahlung der Frau sehr selbstsicher. Wirklich glücklich und zufrieden sah aber auch sie nicht aus. Lana hörte den Riesen verständlich nuscheln.

      «Mutter»

      Er wandte dann den Blick vom Foto und liess seine langen starken Arme baumeln ohne es loszulassen. Beim zweiten Mal klang seine Aussprache beinahe liebevoll.

      «Mutter.»

      Der Riese entfernte sich vom Fenster, nahm die Schachtel und legte das Polaroid zu den anderen Sachen dazu. Es schien als breche er endlich auf. Grosse Erleichterung machte sich in Lana breit. Sie hörte ihn durch den Gang zum Ausgang trampeln. Ausgerechnet in diesem Moment vibrierte das Handy unter ihrer linken Brust. Bei einer SMS würde es bei einem Surren bleiben, wenn es ein eingehender Anruf war, dann dröhnte nach wenigen Sekunden der Klingelton los. Lana presste die Zähne zusammen und griff in die Innentasche der Jacke. Wie sie ahnte, Judy rief sie an, weil sie sich höchstwahrscheinlich Sorgen machte. Durch die hastigen Bewegungen geriet der Vorhang ins Schwanken. Sofort presste sie den Zeigefinger auf: Anruf ablehnen!

       «Mist!»

      Lana betete darum, dass Adam die Suite bereits verlassen hatte als der Klingelton losgegangen war. Dieser wollte gerade mit eingezogenem Kopf durch den Türrahmen in den Flur hinaustreten als ihn das Geräusch zurück hielt. Sie hörte die Türe zufallen und seine Schritte kamen schnell näher. Gleich würde das Ungeheuer ins Wohnzimmer stürmen und sie hätte nie und nimmer eine Chance gegen ihn. Lana verharrte. Seine kräftigen Hände griffen ihren Hals mitsamt dem Vorhang. Er war unglaublich stark und hob sie ohne Anstrengung vom Boden. Wenn nicht gleich ihr Genick bräche, würde sie ersticken, der Vorhang presste sich wie ein Kissen an ihr Gesicht. Ihre Füsse baumelten in der Luft. In ihrem Schädel baute sich ein schmerzender Druck auf und es flimmerte ihr vor den Augen. Sie rang verzweifelt nach Atemluft.

       «Angriff oder du bist gleich tot!»

      Lana zog die Unterschenkel nach hinten um sie dann gleich, so fest es ihr nur möglich war, nach vorn zu preschen. Wenn es klappte, würde sie ihn an der Stelle treffen wo es richtig wehtat. Und tatsächlich prallte ihr rechtes Bein mit Wucht zwischen seine Beine. Adam brüllte, sein Würgegriff lockerte sich. Es reichte aus damit sie ihren Kopf nach hinten fallen lassen konnte um die Lungen mit Luft zu füllen. Damit gewann sie sofort etwas an Kraft zurück. Während sie ihn durch den Stoff hindurch anbrüllte senkte er langsam seine Arme. Lanas durchgestreckten Zehen berührten den Fussboden. Flugs ballte sie die Fäuste, dann prügelte sie wild auf den Riesen ein. Es war wie auf einen Sandsack einzuschlagen. Ihre Schläge prallten an seinem Brustkorb ab. Schon nach wenigen mal zuschlagen schmerzten ihre Gelenke. Viel konnte sie ihm nicht anhaben. Lanas Füsse standen nun wieder auf festem Grund. Nacheinander rissen durch das wilde Gezappel die Ringe von der Vorhangstange an der Decke. Unter einem jauchzen nahm sie einen Satz und hielt sich am schweren Stoff fest. Die Aufhängung gab komplett nach. Stange samt Vorhang kam ihnen entgegen. Während ihr Angreifer verzweifelt versuchte unter dem Zelt das ihn begrub freizukommen, versetzte ihm Lana einen heftigen Stoss. Seine Schimpfworte drangen dumpf durch den Stoff. Er sah aus wie ein Nachtgespenst. Torkelnd stolperte er zurück und ging zu Boden. Seine Grösse und sein Gewicht schränkten ihn ein um wieder rasch hochzukommen. Bevor sich Adam befreien konnte, rannte Lana davon. Adrenalin schoss durch ihren Körper.

       «Nichts wie raus hier!»

      Unterwegs zur Tür erspähte sie die Kartonschachtel auf einem Möbel im Gang, die nahm sie mit. Noch draussen auf dem Flur hörte sie wie der Riese sie verwünschte. Lana entschied sich über das Treppenhaus zu verschwinden statt auf den Fahrstuhl zu warten. Etage um Etage stürmte sie abwärts. Die letzten drei Stufen überging sie jeweils mit einem Sprung. Zu guter Letzt führte eine automatische Glasschiebetür direkt in die Lobby. Dort stiess Lana mit einem älteren Herrn zusammen der ihr verärgert auf Italienisch etwas nachrief. Fast hätte sie dabei den Schuhkarton fallen lassen. Aus der Drehtür hinaus ins Freie war sie beinahe auch noch über eine Hundeleine gestolpert, an der eine kleine dicke und viel zu übertrieben geschminkte Frau ihren Mops spazieren führte. Nur kurz wagte sie einen Blick nach hinten in die Lobby hinein. Adam war nicht zu sehen. Gegenüber der Strasse hielt ein Taxi, in Windeseile lief sie ihm mit hochgestreckter, winkender Hand entgegen. Nach Hause wollte sie nicht. Stattdessen wies Lana den Chauffeur an, sie auf schnellstem Wege zu Lucys Wohnung zu kutschieren. Sie hatte das dringende Bedürfnis mit jemandem zu sprechen und ausserdem musste Lucy den Fahrer bezahlen.

      «Rassfordclayton