Königreich zu verschenken. Nicole Gozdek. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nicole Gozdek
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738001709
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nicht einfach ignorieren sollte. Doch andererseits, wenn es etwas Wichtiges war? Seufzend trottete er zur Tür.

      „Ich komme ja schon!“, rief er und öffnete die Tür einen Spalt weit.

      Sam MacBride strahlte ihn an. Wie konnte der Kerl bloß immer so gut gelaunt sein, fragte sich Peter. Sam MacBride war der einzige seiner Verhandlungspartner, der nie seine gute Laune verloren hatte, egal wie lange sich die Verhandlungen an dem Tag schon hingezogen hatten. Er war nachts um eins genauso gut gelaunt wie morgens um neun.

      „Peter!“, begrüßte MacBride ihn donnernd. „Wie schön, dass Sie noch nicht abgereist sind! Ich hatte gehofft, Sie hier zu treffen.“

      „Sam“, entgegnete Peter überrascht. „Ich hoffe, es sind keine unerwarteten Probleme aufgetreten?“

      Sam lachte fröhlich und grinste. „Nein, mein Freund. Es ist alles in bester Ordnung. Ich wollte Ihnen nur etwas zeigen. Kommen Sie näher!“ Er zeigte auf einen kleinen Karton, der neben ihm auf dem Flur stand.

      Neugierig trat Peter etwas näher heran und zog die Tür hinter sich ins Schloss. Was hatte MacBride sich nun ausgedacht? Peter bemerkte, dass der Karton nicht richtig verschlossen war. Erstens war er nicht zugeklebt und zweitens schien der Karton schon etwas älter zu sein, denn er hatte nicht unbeträchtliche Löcher.

      MacBride bückte sich und öffnete den Karton von oben. Ein leises Winseln ertönte, als er den kleinen Racker aus seinem Gefängnis befreite.

      Ein Welpe! Peter war entzückt. Nur zu bereitwillig nahm er MacBride seine Last ab, als er ihm den Welpen entgegenhielt. Der Welpe leckte an seinem Gesicht und wedelte freudig mit dem Schwanz.

      „Ein entzückender Hund, Sam!“, erklärte Peter begeistert.

      „Freut mich, dass Sie so denken, Peter“, entgegnete der Amerikaner. „Ich habe bemerkt, wie Sie meinen Hund heute bewundert haben, und da habe ich beschlossen, mich für die gute Zusammenarbeit mit Ihnen zu bedanken und Ihnen einen seiner Welpen zu schenken.“

      Peter blickte überrascht auf. „Aber das kann ich unmöglich annehmen!“, protestierte er. „Ich habe schließlich nur meine Arbeit gemacht, dafür müssen Sie sich nicht bedanken! Und schon gar nicht mit einem so wunderbaren Geschenk!“

      Sam strahlte. „Möchte ich aber. Sie würden mir einen großen Gefallen tun, wenn Sie den Welpen annähmen.“

      Peter konnte schlecht auf seinem Protest beharren, ohne MacBride zu kränken. Und abgesehen davon benutzte der Welpe in diesem Moment seine größte Waffe gegen ihn, seine treuherzigen, warmen Augen. Zwei gegen einen. Peter hatte keine Chance. Bereitwillig gab er nach. „Ich danke Ihnen. Ein schöneres Geschenk hätten Sie mir nicht machen können.“

      MacBride nickte zufrieden und warf einen Blick auf die Uhr. „Oh, schon so spät! Es tut mir leid, ich muss mich jetzt leider von Ihnen verabschieden. Meine Frau wartet darauf, dass ich sie zum Essen ausführe.“ Er machte ein paar Schritte in Richtung Fahrstuhl und drehte sich kurz um. „Sie müssen sich noch einen Namen für ihn ausdenken!“, erinnerte er ihn. „Ich wünsche Ihnen einen guten Heimflug!“

      MacBride eilte zum Fahrstuhl, drehte sich noch einmal kurz um, um Mann und Hund zuzuwinken, und verschwand in der Kabine, während Peter gedankenverloren seinen Welpen betrachtete.

      „Was soll ich jetzt mit dir machen? Hm?“, fragte er ihn. Er hatte zwar die Absicht, den kleinen Racker zu behalten, aber das stellte ihn vor ein paar Probleme, von denen das Finden eines geeigneten Namens noch das Geringste war.

      „Wie bekomme ich dich bloß nach Hause? Ich kann dich ja schlecht mit ins Flugzeug nehmen, nicht wahr?“ Doch der Gedanke war verlockend. Er würde sich den ganzen Papierkram und dem armen, kleinen Burschen all die ärztlichen Untersuchungen ersparen.

      Peter beschloss, später über dieses Problem nachzudenken. Erst einmal wollte er sich jetzt richtig anziehen, etwas essen und sich um Futter und eine Leine für seinen neuen, kleinen Freund kümmern. Er nahm den Karton und drehte sich um. Weil er keine Hand mehr frei hatte, lehnte er sich mit der Schulter gegen die Tür, um sie zu öffnen.

      Die Tür bewegte sich keinen Zentimeter. Statt die Tür hinter sich anzulehnen, hatte er sie ins Schloss gezogen, er musste wohl oder übel doch eine Hand zu Hilfe nehmen. Seufzend stellte er den Karton ab und drehte den Türknauf. Einmal, zweimal. Vergeblich.

      „Oh nein!“, stöhnte er. Er hatte sich doch tatsächlich ausgesperrt! Und nun?

      Peter dachte an das Bild, das er bieten musste, und betete, dass ihn niemand sah. Ein Mann von Ende zwanzig stand nur mit einem Handtuch bekleidet auf dem Hotelflur, die Haare noch leicht feucht und einen kleinen Hund auf dem Arm. Er hoffte, er sah nicht so verloren aus wie das Hündchen.

      Was sollte er jetzt machen? Ohne seine Karte kam er nicht in sein Zimmer und auf dem Flur stehen bleiben konnte er schließlich auch nicht. Blieb ihm nur noch, jemanden vom Personal um Hilfe zu bitten.

      Bei dem Gedanken verzog er das Gesicht. Das würde peinlich werden! Er konnte sich schon das wissende Grinsen vorstellen, mit dem der Hotelangestellte ihn betrachten würde. Er wäre zwar nicht der Erste oder der Letzte, der sich aussperrte oder ausgesperrt wurde. Doch sie irrten sich, wenn sie glaubten, dass seine Geliebte ihn nach einem Streit vor die Tür gesetzt hatte. Er hatte nämlich keine.

      Seufzend sah er seinen Welpen an. Gerührt stellte er fest, dass der kleine Bursche in seinen Armen eingeschlafen war. Behutsam veränderte er seinen Griff, um ihn nicht aufzuwecken. Dann machte er sich auf die Suche. Wenn er Glück hatte, befand sich ein Hotelangestellter in diesem Moment auf seiner Etage.

      Er hatte kein Glück. Kein Mensch weit und breit zu sehen.

      „Wenigstens bin ich bisher keinem anderen Hotelgast begegnet!“, dachte er. Doch er wusste genau, dass er das nicht vermeiden konnte. Die einzige Möglichkeit, wieder in sein Zimmer zu kommen, bestand darin, einen Hotelangestellten zu finden, diesem sein Missgeschick zu erklären, um eine neue Karte für sein Zimmer zu bekommen. Doch um einen Hotelangestellten zu finden, musste er runter zur Rezeption und auf dem Weg dorthin niemandem zu begegnen, war unmöglich.

      Widerwillig machte er sich auf den Weg zum Fahrstuhl. Je eher er es hinter sich brachte, desto besser. Den Welpen immer noch auf dem Arm, wartete er darauf, dass der Fahrstuhl kam. Er hatte es einfach nicht übers Herz gebracht, den Kleinen wieder in den Karton zu sperren und sich alleine auf den Weg zur Rezeption zu machen.

      Ein leises Klingen machte ihn darauf aufmerksam, dass der Fahrstuhl endlich da war. Ungeduldig wartete er darauf, dass die Türen aufglitten. Wenn er Glück hatte, war der Fahrstuhl leer und er musste sich keine dummen Bemerkungen oder gut gemeinte Ratschläge anhören.

      Er hatte ausnahmsweise Glück. Erleichtert betrat er den Fahrstuhl und drückte den Knopf fürs Erdgeschoss. Der Fahrstuhl setzte sich in Bewegung. Peter wartete. Dann hielt der Fahrstuhl. Er blickte auf. Konnte es sein, dass sie schon im Erdgeschoss waren? Dauerte die Fahrt sonst nicht länger?

      Sechster Stock. Oh, oh!

      Die Türen glitten langsam auf und gaben den Blick auf eine Frau in den Dreißigern frei. Die Frau betrat den Fahrstuhl und musterte Peter neugierig. Ihr Blick glitt vom Kopf bis zu seinen nackten Füßen und verharrte kurz verblüfft auf dem Welpen.

      „Aber hallo!“, säuselte sie und lächelte ihn an.

      „Hallo“, erwiderte Peter kurzangebunden.

      „Sie Ärmster! Ausgesperrt?“ Sie sah ihn wissend an.

      Das war eigentlich keine Frage, sondern mehr eine Einladung zu einem Gespräch. Wenn er nicht völlig unhöflich sein wollte, dann musste er antworten. Notgedrungen rang er sich ein „Ja“ ab und hoffte, dass die Frau danach Ruhe geben würde.

      Aber sie ließ ihn nicht in Ruhe. Im Gegenteil, sie rückte sogar noch näher an ihn heran, obwohl in der Kabine weiß Gott genug Platz für zehn weitere Personen war. Ohne Scham legte sie ihm eine sorgfältig manikürte Hand auf die Schulter.

      „Welche Frau ist denn so herzlos und