Königreich zu verschenken. Nicole Gozdek. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nicole Gozdek
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738001709
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diese Beschreibung passt?“

      Jacks Gesicht verfinsterte sich. Sie suchten den reichen Schnösel! Da war er sich ganz sicher. Was hatten sie bloß mit dem zu tun? Piers machte auf ihn einen normalen, netten Eindruck. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass die beiden befreundet waren. Eigentlich konnte er sich nicht vorstellen, dass der arrogante Widerling überhaupt Freunde hatte.

      „Du hast jemanden gesehen, auf den meine Beschreibung passt, oder?“, fragte Piers aufgeregt. Als Jack widerwillig nickte, bat er: „Könntest du ihn mir vielleicht beschreiben? Es könnte ja auch sein, dass es sich um jemand anders handelt.“

      Jack kam der Aufforderung nach. „Ein Mann ist vor einer Stunde in einer weißen Limousine vorgefahren. Elegant gekleidet. Weißer Anzug. Goldene Uhr. Vielleicht vierundzwanzig oder fünfundzwanzig. Beim Alter bin ich mir nicht sicher, aber auf jeden Fall nicht sehr viel älter als ich. Sehr arrogant. Behandelt einen wie ein Möbelstück oder als wäre man nicht vorhanden. Es sei denn, man ist jung, hübsch und weiblich. Dann wird der Kerl plötzlich arschfreundlich.“ Jacks Stimme verriet seine Wut, aber das kümmerte ihn in diesem Moment nicht.

      Die sechs grinsten. Ja, sie waren am richtigen Ort. Angesichts der Beschreibung des Jungen war ein Irrtum so gut wie ausgeschlossen. Piers ließ es zu, dass Walter sich nach vorne drängelte, um zu fragen: „Und wo befindet er sich jetzt?“

      Jacks Miene drückte Enttäuschung aus. Sie suchten doch tatsächlich diesen arroganten Schnösel! Na, sollten sie doch! Aber dann fing er an zu überlegen. Sein Onkel schätzte es nicht, wenn man Informationen über die Gäste weitergab. Aber andererseits hatten sie gewusst, dass er sich in diesem Hotel aufhielt. Letzten Endes entschied er sich, die Frage zu beantworten.

      „In seiner Suite, denke ich.“

      „Kannst du uns sagen, wo die ist?“, erkundigte sich Piers freundlich.

      Jack entschied, dass dieser Mann nicht zu den Freunden seines Gastes gehören konnte. Wahrscheinlich war er den sechs irgendwie auf die Füße getreten und nun waren sie hier, um mit ihrem Bekannten ein Hühnchen zu rupfen. Und Jack wäre der Letzte, der Informationen zurückhalten würde, um diesen Kerl zu schützen.

      „Präsidentensuite. Die befindet sich im obersten Stockwerk“, erzählte er bereitwillig. „Am besten nehmen Sie den Aufzug, der befindet sich direkt gegenüber dem Eingang. Wenn Sie oben sind, müssen Sie nach rechts. Klopfen Sie an der ersten Tür!“

      Piers nickte und machte seinen Untergebenen ein Zeichen. Walter nickte. Die fünf machten sich auf den Weg, während Piers beim Jungen blieb. Ihn interessierte, wie Julien es so schnell geschafft hatte, sich den Jungen zum Feind zu machen.

      „Danke, Jack“, sagte er. Seine Stirn legte sich besorgt in Falten. „Ich hoffe, du bekommst keinen Ärger, weil du uns geholfen hast?“

      Der Junge verzog verbittert das Gesicht. „Den Ärger habe ich schon. Und zweimal kann mein Onkel mich ja schließlich auch nicht feuern.“

      Als er sah, dass sein Gegenüber gespannt auf eine Erklärung wartete, begann er von seinem Zusammentreffen mit Julien zu erzählen. Piers nickte öfters, als käme ihm etwas bekannt vor, unterbrach den Jungen aber nicht in seiner Erzählung.

      Genauso hatte er sich das vorgestellt. Er war aber erstaunt, dass der Junge es gewagt hatte, Julien Paroli zu bieten. Das musste das erste Mal gewesen sein, dass jemand sich nicht darum scherte, wer Julien war, und ihm offen seine Meinung sagte. Ob der Junge es überhaupt wusste? Und falls ja, ob es ihn kümmerte? In den Staaten war Julien schließlich kaum bekannt.

      Piers kam eine exzellente Idee. Doch ob der Junge mitmachen würde? Er unterbreitete ihm seinen Vorschlag. Ungläubig starrte Jack ihn an und schien im ersten Augenblick rundweg ablehnen zu wollen, doch Piers redete auf ihn ein. Schließlich gab er nach und nickte.

      „Aber Sie müssen zuerst mit meinem Onkel reden. Und mit meiner Mutter“, wandte Jack ein. Er war skeptisch. Sicher, er würde auf keinen Fall mehr im Hotel arbeiten können, aber ob sein Onkel dieser Idee zustimmte, war eine ganz andere Sache.

      „Gehen wir!“, meinte Piers bloß und lächelte siegesgewiss.

      Julien hob überrascht den Kopf, als es an der Zimmertür klopfte. Wer konnte das sein? Er hatte doch gar nichts bestellt? Oder gehörte es zum Hotelservice, zur Begrüßung des Gastes eine Flasche Champagner zu spendieren? Das würde es sein.

      „Herein“, sagte er und wartete.

      Die Tür öffnete sich einen Spalt und eine Frau in einem schwarzen Anzug betrat das Zimmer. Julien schüttelte verwundert den Kopf. Derjenige, der für die Kleiderordnung hier im Hotel zuständig war, gehörte seiner Meinung nach fristlos entlassen! Die arme Frau sah eher aus wie die Angestellte eines Bestattungsunternehmens als wie eine Hotelangestellte! Der schwarze Anzug verbarg mehr die körperlichen Reize der Frau, als dass er sie betonte. Julien konnte sich nicht vorstellen, dass sie in dieser Aufmachung viel Trinkgeld bekam.

      „Stellen Sie es einfach auf den Tisch!“, meinte er und wandte sich wieder der Zeitung zu, in der er in den vergangenen Minuten geblättert hatte.

      „Ich bin keine Hotelangestellte“, entgegnete die Frau kühl.

      Julien hob angesichts ihres Tonfalls abrupt den Kopf. Wieso war sie wütend? War er denn heute nur von Mimosen umgeben? Er wartete auf eine Erklärung. Und die bekam er auch, nur war es eine andere, als er erwartet hatte.

      „Ihr Großvater schickt mich. Er ist gar nicht begeistert, dass Sie sich einfach in die Staaten abgesetzt haben, obwohl Sie zu Hause gebraucht werden. Sie haben schließlich eine Verantwortung gegenüber Ihrer Familie.“

      Juliens Gesicht verfinsterte sich. Mit einer ungeduldigen Handbewegung wischte er ihre Vorhaltungen vom Tisch. Doch so schnell wurde er die Frau nicht los. „Wir sind gekommen, um Sie wieder nach Hause zu holen“, fuhr sie fort. Ihre Stimme hatte mittlerweile einen ungnädigen Ton angenommen.

      Wir? Erst jetzt bemerkte Julien, dass hinter der Frau noch vier andere Personen unbemerkt ins Zimmer geschlichen waren. Langsam wurde das lästig!

      „Danke für Ihre Mühe“, zwang sich Julien zu sagen. „Ich werde die Rezeption anweisen, sich um einen Rückflug zu kümmern.“ Er machte Anstalten, zum Telefon zu gehen. Doch keiner regte sich. Wütend hielt Julien inne. „Danke, Sie können gehen und meinem Großvater sagen, dass ich auf dem Weg bin.“

      Nun ergriff Walter das Wort. „Wir rühren uns nicht vom Fleck. Wir lassen uns doch nicht an der Nase herumführen! Wetten, dass Sie sich aus dem Staub machen, sobald wir das Zimmer verlassen haben? Nein, Sie begleiten uns! Wie ich sehe, haben Sie noch nicht ausgepackt. Gut. Gehen wir!“, befahl er.

      Julien war empört. Was erlaubte sich dieser Kerl? Wie konnte er ihm so etwas unterstellen und dabei noch nicht einmal mit der Wimper zucken? Dass er genau das vorgehabt hatte, war in diesem Moment vergessen.

      „Und wenn ich mich weigere?“, fragte er trotzig. „Sie können mich nicht zwingen mitzukommen!“

      Walter grinste freudlos. „Ach ja?“

      Metall blitzte auf. Julien schluckte.

      Klick.

      „Scheiße!“, fluchte er.

      3

      Etwa zur selben Zeit in einem anderen Hotel.

      Peter unterdrückte ein Gähnen. Geschafft! Nach den scheinbar endlosen Verhandlungen der letzten Tage waren nun endlich alle zufrieden und er wurde nicht länger als Schlichter benötigt. Er konnte sich wieder auf die Heimreise machen.

      Peter griff zum Telefonhörer. Nachdem er sich um einen Rückflug gekümmert und seine Rückkehr zu Hause angekündigt hatte, konnte er sich zum ersten Mal an diesem Tag etwas entspannen. Für heute war seine Arbeit erledigt und sein Flieger würde erst morgen gehen. Zeit genug also für eine erfrischende Dusche und ein gemütliches Abendessen.

      Doch er war kaum wieder