Peter erinnerte sich nur zu gut an Beatrice, diese verdammte Klette! Den ganzen Abend war sie ihm hinterhergelaufen und hatte ihm einladende Blicke zugeworfen. Er war nicht darum herumgekommen, ein paar Mal mit ihr zu tanzen, aber mehr war da nicht gewesen. Er hatte sie seitdem nicht mehr gesehen und darüber war er auch nicht traurig. Vor allem seit er wusste, dass sie kurz darauf mit seinem Bruder im Bett gewesen war.
„Ich habe nicht vor zu heiraten“, erklärte er wütend, „und schon gar nicht Beatrice! Ich will einfach nur ausziehen!“
Das Gesicht seines Großvaters wurde immer länger. „Aber ich habe gedacht, du magst sie. Und sie schien doch ganz begeistert von dir gewesen zu sein.“
Peter schnaubte. „Von meiner Person oder von deinem Geld?“, fragte er bissig.
„Jetzt tust du der jungen Dame aber Unrecht“, tadelte er. „Ich glaube, sie ist über beide Ohren in dich verliebt.“
„So verliebt, dass unser kleiner Casanova keine Schwierigkeiten hatte, sie ins Bett zu bekommen!“, schoss Peter zurück. Sofort bereute er seinen Ausbruch. Das ging seinen Großvater schließlich nichts an.
Sein Großvater wurde still. „Ach, so ist das“, sagte er leise und langsames Verstehen zeigte sich in seinem Blick. „Du mochtest sie, nicht wahr? Auch wenn du das nie zugeben würdest. Und dein Bruder hatte nichts Besseres zu tun, als sie dir auszuspannen. Die wievielte war das? Die fünfte oder die sechste Frau? Das hat alles bei Alexandra vor sieben Jahren angefangen, nicht? Deiner ersten großen Liebe.“
Verdammt, er hatte den Nagel auf den Kopf getroffen!
Seine Gedanken kehrten zu den Ereignissen vor sieben Jahren zurück. Es tat immer noch verdammt weh, daran zu denken. Manche alten Wunden heilten nie. Er erinnerte sich noch zu gut an ihr erstes Aufeinandertreffen und wie schüchtern er gewesen war. Noch nicht einmal zum Tanzen hatte er sie aufgefordert. Dann ihre ersten Gespräche. Alexandras helles Lachen. Ihre strahlenden Augen, wenn sie ihn angesehen hatte. Und dann der Schmerz, als er sie eines Tages mit seinem Bruder auf ihrem Sofa erwischt hatte, den Verlobungsring in der Tasche. Das hatte verdammt wehgetan.
Er drückte den Welpen dichter an die Brust. Warum musste sein Großvater diese alte Wunde wieder aufreißen? Konnte er ihn nicht einfach vergessen lassen?
„Sag, hasst du ihn?“, wollte sein Großvater plötzlich wissen.
Es dauerte einen Augenblick, bis Peter wusste, wovon er sprach. „Nein“, antwortete er schließlich, „Schließlich gehören dazu immer zwei, also ist es nicht allein seine Schuld, oder?“
Das Schweigen zog sich hin. „Lass uns von etwas anderem reden“, bat Peter schließlich.
Sein Großvater nickte. „Einverstanden. Dann reden wir von dem Hund.“
„Muss das sein? Dazu ist doch schon alles gesagt.“
„Nein!“, widersprach sein Großvater. „Mir ist es egal, ob du den Hund behältst“, erklärte er plötzlich und Peter riss erstaunt die Augen auf, „doch bitte bleib! Was soll ich denn alleine in dem großen Haus?“
Peter erkannte seinen eigenen Großvater nicht wieder. Zwar hatte er schon immer einen guten Draht zu ihm gehabt, anders als seine Geschwister, aber noch nie hatte sein Großvater seine Liebe so deutlich gezeigt. Manche Leute hielten ihn für kalt und unnahbar, aber Peter wusste, dass sich hinter dem oft distanzierten Verhalten seines Großvaters große Zuneigung für seine Enkel verbarg. Sein Großvater war eher streng erzogen worden und Gefühle zu zeigen, galt als weibisch.
Peter betrachtete seinen Großvater. Die müden Augen. Den flehentlichen Blick. Das Herz wurde ihm schwer vor Liebe. „Also gut, ich bleibe“, flüsterte er.
Sein Großvater nickte dankbar. Dann schien ihm etwas einzufallen. „Sag, wie hast du den Hund eigentlich so schnell mitnehmen können? Soweit ich weiß, muss man doch Quarantänevorschriften beachten. Das hast du doch nie und nimmer in wenigen Tagen regeln können, oder?“
Peter druckste herum.
Sein Großvater sah ihn plötzlich scharf an. „Du hast doch nichts Illegales gemacht, oder?“, fragte er fassungslos, doch man konnte es seinem Gesicht ansehen, dass er die Antwort schon wusste. „Peter!“
„Ähm“, machte Peter verlegen. „Es ist ja nicht so, dass der Kleine krank wäre, oder so. Nicht dass dieser ganze Quarantänekram nötig gewesen wäre.“
„Peter!“, bellte sein Großvater. „Ich will jetzt die Wahrheit wissen! Was hast du getan?“
Peter schluckte mühsam und beschloss, die unangenehme Wahrheit so schnell wie möglich loszuwerden. „Ich habe ihn durch den Zoll geschmuggelt. Mit etwas Hilfe von einer Flughafenbeamtin.“
Sein Großvater schüttelte sprachlos den Kopf und Peter starrte zu Boden. Etwas später begann der Hund an seinen Schuhen zu knabbern. Peter war nur froh, dass es nicht die Schuhe seines Großvaters waren.
„Weißt du noch, worüber wir vorhin gesprochen haben? Über diese Verrückten, die alles Mögliche tun für irgendwelche Viecher?“
Peter nickte.
„Dann weißt du ja, dass dies das Dämlichste ist, was du in deinem ganzen Leben getan hast!“, schrie sein Großvater. Die Zornesröte stand ihm im Gesicht und seine geballten Fäuste zitterten. Peter ließ beschämt den Kopf sinken.
„Nimm den verdammten Köter und verschwinde!“, befahl sein Großvater. „Für heute will ich euch nicht mehr sehen!“
Peter schwankte zwischen grenzenloser Scham und immenser Erleichterung. Wenigstens hatte sein Großvater ihm nicht verboten, den Hund zu behalten!
Er schnappte sich seine Tasche, hob dann vorsichtig den Hund hoch, setzte ihn wieder in sein kuscheliges Versteck und schlich aus dem Arbeitszimmer. Draußen war niemand zu sehen. Langsam ging er zu seiner Wohnung. Er hatte einen kleinen Bereich für sich. Ein großes Schlafzimmer, ein eigenes Badezimmer, ein Arbeitszimmer und ein geräumiges Wohnzimmer. Genug Platz für einen kleinen Hund.
Dort angekommen, schloss er die Tür hinter sich, seufzte einmal und ließ dann den Welpen auf Erkundungstour gehen. Auf dem Couchtisch stand eine Vase mit frischen Blumen. Die sollte er wohl besser woanders hinstellen, überlegte er und warf einen raschen Blick auf seinen Hund. Er musste jetzt wohl einiges umräumen und außerdem brauchte er noch Futter und einen Schlafplatz für den Kleinen. Eine Leine hatte er glücklicherweise schon am vorigen Tag vom Hotel geschenkt bekommen.
Wo war der Kleine überhaupt? Suchend sah er sich um, aber er konnte den Hund nirgends entdecken. Die Tür zum Arbeitszimmer stand offen. Da musste er sein!
Im Arbeitszimmer knabberte der Welpe gerade vergnügt an seinen Pantoffeln und Peter musste lächeln. Er kam nicht auf die Idee, ihm das zu verbieten.
Sein Blick fiel auf den Schreibtisch. Ah, da lagen ja auch die Zeitungen des Tages. Die Zeitungen der vergangenen Tage lagen wie üblich im Regal, er würde sie später lesen. Nun aber wollte er erst einmal sehen, was heute anlag. Er schnappte sich die oberste Zeitung vom Stapel, eine amerikanische Tageszeitung. Damit würde er anfangen. Er schlug die Zeitung auf, überflog die Schlagzeilen und stutzte plötzlich.
New York.
AUFRUHR IN EINEM BEKANNTEN NEW YORKER HOTEL
Wie bekannt wurde, ist es in dem renommierten Luxushotel, in dem auch gerne mal Stars wie Brad Pitt oder Tom Hanks absteigen, zu einem großen Eklat gekommen.
Mrs. Deborah Winter (68, Foto rechts), die zurzeit im Hotel zu Gast ist, hatte am gestrigen Abend aufgeregt die Polizei verständigt. Zeugen beschrieben die Frau als völlig hysterisch. Ein Hotelangestellter, der sich der Frau angenommen hatte, konnte sich gerade noch rechtzeitig in Sicherheit bringen, als er plötzlich von Mrs. Winter mit einem Regenschirm attackiert und beschimpft wurde. Daraufhin versuchte ein anderer Hotelangestellter seinem Kollegen zu Hilfe zu kommen und die Frau zu beruhigen. Doch alle Versuche schlugen