Königreich zu verschenken. Nicole Gozdek. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nicole Gozdek
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738001709
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so: „Die waren mit den Nerven am Ende. Ständig liefen sie Gefahr, von dieser Irren verprügelt zu werden. Dem einen hat sie mit dem Regenschirm sogar den Fuß gebrochen, so kräftig hat sie zugeschlagen! Ich finde, die Frau gehört in eine psychiatrische Anstalt, sie ist ja eine Gefahr für die Allgemeinheit!“

       Ein anderer Zeuge berichtet, dass Mrs. Winter sich von dieser Drohung nicht im Geringsten einschüchtern ließ. Im Gegenteil. Sie schien erfreut zu sein, bemächtigte sich selbst des Telefonhörers und alarmierte die Polizei.

       Der zuständige Beamte beschrieb den Anruf als „hysterisch und zusammenhanglos“. Hätte sich der Hotelangestellte nicht wieder des Hörers bemächtigt, hätte die Frau wohl noch länger wirres Zeug in den Telefonhörer geschrien.

       Als wenige Minuten später dann vier Einsatzbeamte im Hotel eintrafen, stürzte sich Mrs. Winter auf die einzige Beamtin unter ihnen und bezeichnete sich selbst als Opfer von sexueller Belästigung und versuchter Vergewaltigung. Diese Unterstellung wurde von den beiden Hotelangestellten sofort empört bestritten. Zum Glück für die beiden Hotelangestellten hatten mehrere Zeugen das Geschehen beobachtet und so konnten die beiden Männer sofort wieder auf freien Fuß gesetzt werden.

       Nach einigen Minuten gelang es der tüchtigen Beamtin, Mrs. Winter so weit zu beruhigen, dass diese eine Aussage machen konnte. Nach ihren Worten erfolgte die sexuelle Belästigung durch einen halbnackten Mann im Fahrstuhl.

       Doch auch diese Darstellung wurde sofort von einem weiteren, hinzugekommenen Angestellten des Hotels, Mr. Mark Philipps, bestritten. Der junge Mann gab zu Protokoll, dass es sich bei diesem Mann keinesfalls um einen Sittenstrolch gehandelt hatte, wie Mrs. Winter steif und fest behauptete, sondern um einen Gast des Hotels, dem das Missgeschick passiert war, sich nur mit einem Handtuch bekleidet auszusperren und der das Pech hatte, Mrs. Winter kurz darauf im Aufzug zu begegnen.

       Diese Aussage scheint dadurch bestätigt, dass eine weitere Zeugin, Miss Pears, den Mann nur wenige Minuten vor Mrs. Winter gesehen haben will. Sie bestätigte auch ein weiteres Detail des Hotelangestellten, den Welpen und angeblichen Grund für das Missgeschick des Gastes.

       Miss Pears (Foto rechts), die ihr Alter mit neunundzwanzig Jahren angibt, schildert ihr Treffen mit dem Mann so: „Da betrete ich nichtsahnend den Fahrstuhl und einer der attraktivsten Männer, die mir je begegnet sind, steht nur mit einem Handtuch bekleidet vor mir. Ein Bild für die Götter, mir wurden richtig die Knie schwach bei diesem Anblick! Und auf dem Arm trug er einen niedlichen Welpen. Mir kam der Gedanke, der Frau, die diese entzückenden Wesen ausgesperrt hatte, einmal tüchtig in den Hintern zu treten. Ich jedenfalls hätte so etwas nie getan! Ich schlug ihm natürlich vor, seiner Freundin eine Lektion zu erteilen. Jede vernünftige Frau hätte sich diese Chance doch nicht entgehen lassen! Doch leider ist dieses Prachtbild von einem Mann nicht auf mein gut gemeintes Angebot eingegangen, was ich wirklich bedaure.“

       Mr. Philipps fügte hinzu, dass der fragliche Gast keineswegs von seiner Freundin ausgesperrt worden sei, sondern alleine im Hotel wohne. Auch schilderte er die schweren Verletzungen, die der Gast durch die gewalttätige Mrs. Winters erlitten habe. Noch nicht einmal auf den Welpen habe sie Rücksicht genommen, empörte sich Mr. Philipps, sie habe wahllos auf ihr hilfloses Opfer eingedroschen, dem es aber glücklicherweise gelungen war, den Welpen vor jedem Schaden zu bewahren.

       Selbst nach mehreren Anfragen der Polizei weigerte sich Mr. Philipps (Foto rechts) standhaft, die Identität des Opfers preiszugeben. Auch von den anderen Hotelangestellten ließ sich der Name des Opfers nicht erfahren. Sie weigerten sich des Weiteren, die Polizei zu dem Mann vorzulassen. Die Polizei erklärte den Fall daraufhin für eindeutig, nahm Mrs. Winter in Gewahrsam und führte sie ab. Mrs. Winter droht jetzt ein Verfahren wegen tätlichen Angriffs, schwerer Körperverletzung, Ruhestörung und Verleumdung.

       Auf Nachfrage durch einen Reporter erklärte der Sprecher der Polizei auch, warum sie den Mann für harmlos hielten. „Mal abgesehen davon, dass der junge Mann wohl kaum die alte Dame belästigt hätte und dazu noch mit einem Welpen auf dem Arm, wenn er mit einer jungen, hübschen Frau wie Miss Pears hätte ins Bett gehen können, meinen Sie?“, erwiderte er und verwies auf die Tatsache, dass mehrere Hotelangestellte unabhängig voneinander den Mann als schwul bezeichnet hatten.

      Peter starrte auf die Fotos.

      Oh, Scheiße!

      7

      „Sie glauben doch nicht, dass Sie mit dieser Unverschämtheit durchkommen!“, empörte sich Julien und machte zwei Schritte nach vorne. Eine Handbewegung. Julien machte zwei Schritte zurück.

      „Ich werde mich über Sie alle beschweren und glauben Sie nicht, dass Sie danach noch einen Job haben werden!“, fuhr er erbost fort und fuchtelte mit den Fäusten. Nach kurzer Überlegung unterließ er es aber dann doch lieber.

      Schweigen antwortete ihm. Frustriert und wütend starrte er den Mann vor ihm an. Wie konnte er es wagen? Glaubte er denn wirklich, dass sein Handeln keine Konsequenzen hatte?

      „Packen Sie endlich diese verdammten Dinger weg!“, befahl er.

      Die erste Reaktion seit zehn Minuten: „Nein.“

      „Was heißt hier nein? Sie haben wohl vergessen, wen Sie vor sich haben!“

      „Nein.“

      Langsam wurde es Julien zu bunt. Seine Selbstbeherrschung, die in den letzten Minuten schon arg gebröckelt hatte, kam ihm nun vollends abhanden. „Packen Sie endlich dieses Scheißding weg, Sie verdammter Mistkerl, oder Sie werden es bereuen, das verspreche ich Ihnen!“, brüllte er.

      Walter grinste nur und fuchtelte mit seiner Waffe vor Juliens Nase herum. „Meinen Sie etwa das hier?“, fragte er scheinheilig. „Warum sagen Sie das nicht gleich? Sie müssen sich deutlich ausdrücken, sonst versteht man Sie nicht!“, belehrte er ihn gönnerhaft.

      „Also, packen Sie sie jetzt weg oder nicht?“

      „Nein“, antwortete Walter und grinste erneut.

      Julien schwieg einen Moment ungläubig. Sein Tonfall wurde wieder ruhiger. „Hören Sie, ich weiß ja nicht, welche Probleme Sie haben, aber Sie haben keinen Grund, mich ständig mit Ihrer Waffe zu bedrohen! Überlegen Sie doch mal! Wissen Sie denn nicht, dass Ihr Verhalten Sie Ihren Job kosten wird und den der anderen noch dazu? Sie haben mich praktisch mit vorgehaltener Waffe entführt!“

      Walter schüttelte langsam den Kopf. „Ich denke nicht“, erwiderte er gleichmütig. „Ich habe strikte Anweisungen erhalten, die besagen, dass ich Sie schnellstmöglich hierherschaffen soll und dass ich jede Maßnahme ergreifen kann, die dazu nötig ist.“

      Julien schnaubte ungläubig. „Selbst wenn das stimmen sollte, was ich nicht glaube“, meinte er selbstsicher, „dann haben Sie fünf zwar nur Ihren Job getan, dafür geht es Ihrem Boss aber an den Kragen. Ist Ihnen klar, dass Sie mit Ihrer Aussage soeben Ihren Boss den Job gekostet haben? Wer ist das noch gleich? Ach ja, Piers. Wo steckt der Mann überhaupt? Im Flugzeug habe ich ihn nicht gesehen.“

      Walter zuckte desinteressiert mit den Schultern. „Keine Ahnung. Aber bis er kommt, habe ich das Kommando“, erklärte er genüsslich. „Und ich beabsichtige, meinen Befehlen nachzukommen. Und wenn Sie noch so wettern und fluchen, das ist mir egal.“

      „Ist es Ihnen auch egal, wenn ich meinem Großvater erzähle, was Sie getan haben und welche Befehle Sie von Piers bekommen haben?“, wollte Julien wissen.

      Walter grinste. „Die Befehle kamen nicht von Piers“, erklärte er langsam und ließ genüsslich jedes Wort auf der Zunge zergehen.

      Julien explodierte. „Ich habe es gewusst! Sie verdammter Scheißkerl! Das waren Sie! Das ist alles auf Ihrem Mist gewachsen!“

      Walter beobachtete ihn, wie man eine kleine Maus beobachtet, die einen anspringt, bevor man sie zertritt. „Die Befehle kamen von Ihrem Großvater.“