Litauische Märchen, Sprichworte, Rätsel und Lieder. August Schleicher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: August Schleicher
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742750884
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für die meinige, aber als wir beim Kauftrunk saßen,

       verschwand mein Käufer mit der Ziege, die er mir

       stahl, denn er hatte das Geld noch nicht bezahlt;

       meine Ziege war gerade so eine wie deine, nur war

       meine weiß und deine ist bunt. Na wie, mein Sohn,

       gehts nicht unter zehn Gulden?‹ »Nein, anders gehts

       nicht, es ist eine sehr schöne Ziege und sie ist noch

       jung.« ›Na was ist zu thun wenn es nicht anders ist,

       was ist da zu thun?‹ Und er zahlte ihm das Geld.

       »Aber den Kauftrunk trinken wir noch,« sagte der

       Junge. Als sie tranken, gieng er hinaus, stahl dem

       Alten die Ziege, führte sie in ein Kornfeld, schwärzte

       die Ziege am ganzen Leibe und führte sie wieder auf

       den Markt. Er begegnete abermals dem alten Manne,

       dem er die Ziege gestohlen hatte. Der Alte sagte ›Hast

       du die Ziege zu verkaufen?‹ »Ja,« sagte er. ›Na was

       willst du dafür, mein Sohn?‹ Er verlangte wieder dasselbe

       Geld und bekam abermals seine zehn Gulden.

       Der Alte nahm seine Ziege und führte sie gerades

       Weges nach Hause, damit man sie nicht aufs neue

       stehle; aber der kleine Räuber folgte ihm in einiger

       Entfernung bis zu dem Hause.

       Als der Alte mit seiner Ziege nach Hause gekommen,

       führte er sie in den Stall und ließ den Stall unverschloßen;

       er gieng sogleich in die Stube und sagte

       zu seiner Frau, er habe eine schwarze Ziege gekauft,

       sie solle ihm aber vor allem etwas zu eßen geben,

       dann wollten sie beide in den Stall gehen und die

       Ziege in Augenschein nehmen. Als er gegeßen, gehen

       beide in den Stall mit einer Schleiße (einem

       Spahnlichte), weil es schon dunkel war, aber die

       Ziege fanden sie bereits nicht mehr, denn der Bursche

       hatte während ihres Abendeßens die Ziege gestohlen.

       Da ließ die alte Frau ihre Wut an dem Manne aus und

       begann ihn von oben mit den Fäusten zu schlagen und

       sagte ›Den ganzen Tag hast du dich herum getrieben,

       den ganzen Tag hast du gezecht, die Ziege verkauft

       und das Geld vertrunken, und nun kommst du nach

       Hause und belügst mich noch, daß du eine Ziege mit

       gebracht.‹ Was sollte der Mann nun anfangen? Er

       gieng um die Ziege zu suchen, ob sie wol irgend

       wohin weg gelaufen sei. Der Bursche aber hatte die

       Ziege neben seinem Keller und er kniff sie in den

       Schwanz, daß sie meckern muste. Wie das der Alte

       vernahm, warf er sich sogleich nieder, legte die Ohren

       auf die Erde und horchte, wo das wol sein könnte,

       dann stund er auf und gieng der Stimme nach. Zufällig

       muste er über ein großes Moor gehen und ins

       Waßer waten; er watete so weit hinein, als er es in

       Kleidern vermochte, dann kehrte er um, zog sich aus

       und watete abermals. Jetzt übergab der Dieb die

       Ziege seinen Kameraden, lief um den Sumpf herum

       und stahl dem Alten die Kleider, brachte sie heim und

       sperrte die Ziege in der Räuber Keller ein. Der Alte,

       der die Stimme der Ziege nicht mehr hörte, kehrte auf

       den Ort zurück, wo er sich ausgezogen hatte, aber er

       fand seine Kleider nicht mehr und muste in bloßem

       Hemde nach Hause gehen.

       Jetzt besprachen sich die Kameraden des jungen

       Menschen und sagten ›Wir wollen ihn nun zu unser

       einem machen, und er kann nun auf die Wanderschaft;

       wir haben nun gesehen, daß er schlauer ist als wir.‹

       Da nahm er Abschied von ihnen, dankte für ihre Unterweisung

       und gieng zu seinem Ohm. Der gab ihm

       tüchtig Geld und alles was man zur Reise braucht,

       und entließ ihn in die Welt. Als er nun so wanderte,

       trat er zufällig in eine Schenke, um ein Glas Bier zu

       trinken. Die Wirtschaft führte eine Witwe mit ihrer

       Tochter. Als er ausgetrunken, rief er die Tochter herbei,

       damit sie die Bezahlung für das, was er verzehrt,

       in Empfang nehme. Als die Tochter kam, zog er aus

       seiner Tasche eine ganze Hand voll Geld und wühlte

       darin, um zu finden was er brauchte. Als die Tochter

       sah, daß der Wandersmann so viel Geld habe, gieng

       sie sogleich wieder zu ihrer Mutter hin und sagte

       ›Mutter, was dir der fremde Mensch Geld hat, das ist

       ganz fürchterlich. Du könntest ihn fragen, ob er nicht

       bei uns als Wirtschafter bleiben wolle.‹ »Das wäre

       gut (sagte die Mutter), wir brauchen ohnehin einen.«

       Da gieng sie ins Zimmer und begann ihn von weitem

       aus zu fragen, woher er sei, wohin er gehe und was er

       für einer sei; auch fragte sie ihn, ob er die Feldarbeit

       verstehe. ›O ja (sagte er), ich verstehe alles was man

       in der Wirtschaft braucht.‹ »Könntet ihr nicht bei uns

       bleiben als Wirtschafter? wenn ihr nicht etwa noch

       weit weg und die Welt sehen wollt. Ich bedarf sehr

       eines Wirtschafters: ich lebe nun schon lange Zeit allein,

       und mit meiner Wirtschaft gieng es bisher immer

       schlechter.« Indem sie so redeten, kam die Tochter

       herein, da sagte die Mutter »Wenn dir meine Tochter

       da gefällt, so könnten wir wol einig werden; auf viel

       Hab und Gut sehe ich nicht, wenn ich nur einen guten

       Wirtschafter bekomme. Komm mit in meine Wirtschaft,

       ich will sie dir zeigen.« Da zeigte sie ihm alles

       was sie nur hatte, und es dauerte nicht lange, so ließen

       sie sich trauen, und er führte da die Wirtschaft.

       Jetzt aber erfuhren die Räuber, daß jener schlaue

       Bursche in der Schenke die Wirtschaft führe, und es

       verabredeten sich zwei von ihnen und machten sich

       auf, ihn zu besuchen. Als sie zu ihm kamen, richteten

       sie es so ein, daß sie ihn nicht zu Hause fanden, und

       als sie in die Stube getreten, fragten sie, wo der Herr

       sei. Die Frau antwortete ›Der Herr ist aufs Feld gegangen

       zu den Pflügern, aber er wird gleich wieder