Berge fischen könnt, so wenig kann eine Peitsche ein
Folen haben und ein Wagen auch nicht, sondern nur
einzig und allein eine Stute kann ein Folen haben.‹
Vom hörnenen Manne.
Es war einmal ein Mensch, der hatte drei Kälber, und
mit den Kälbern gieng er durch einen Wald und begegnete
einem andern, der hatte drei Hunde, der sagte
›Tauschen wir, ich gebe dir die drei Hunde und du
gibst mir die drei Kälber; die Hunde werden dir aus
jeder Not helfen.‹ Da tauschten sie. Der Eine zog mit
seinen Hunden weiter und kam an ein Haus und gieng
da hinein, fand aber keinen Menschen, und wie er sich
umsah, da erblickte er in der Stube eine Flinte, einen
Säbel und eine Flasche. Die Flasche öffnete er und
versuchte sich etwas auf den Finger zu gießen, um zu
sehen, was darin sei. Wie er nun etwas auf den Finger
goß, da überzog sich der Finger mit dem Öle und
ward wie Horn, und er konnte weder mit dem Meßer
noch mit dem Säbel das Horn abschneiden. Da nahm
er das Öl aus der Flasche und wusch sich damit am
ganzen Leibe; da ward er am ganzen Leibe wie Horn.
Flasche, Flinte und Säbel nahm er mit und kam in
eine Stadt, die war ganz mit schwarzem Scharlach
ausgeschlagen. Da gieng er ins erste Haus zum Zöllner
und fragte, weshalb die Stadt so schwarz ausgeschlagen
sei. Der sagte ›Das ist deswegen, weil der
König jedes Jahr eine seiner Töchter einem Drachen
geben muß, und jetzt wird der König wiederum um
eine Tochter kommen‹. Und die Tochter war schon
gebunden, denn am folgenden Tage hätten sie sie hinaus
führen müßen. Da gieng der Mensch mit den
Hunden zum Könige und sagte, er werde seine Tochter
vom Drachen erlösen; und der König versprach
ihm die Tochter zur Frau zu geben, wenn er sie befreien
werde. Sodann gieng er auf den Berg, auf welchen
der Drache zu kommen pflegte. Da lag ein großer
Stein: den Stein bestrich er mit jenem Öle. So oft aber
der Drache her flog, pflegte er sich auf diesen Stein zu
setzen und des Wagens zu harren, auf welchem man
die Königstochter hinaus fuhr. Als nun dießmal der
Wagen heran kam und nicht mehr weit vom Drachen
war, da wollte er sich erheben, aber er hob den ganzen
Stein mit sich in die Höhe. Da ließ der Drache vor
Wut eine zwölf Klafter lange Lohe aus seinem Rachen
gehen. Der Mann aber stieg vom Wagen und
hieb dem Drachen mit dem ersten Hiebe fünf Häupter
ab und mit dem zweiten eben so viele, und mit vier
Hieben hatte er ihm seine zwölf Häupter sämmtlich
abgehauen: da wars mit dem Drachen alle. Jetzt band
der Mann das Fräulein los und fuhr mit ihr heimwärts.
Während des Fahrens schlief er aber ein, denn er war
sehr müde geworden von der großen Arbeit. Als er
nun eingeschlafen war, da wollte ihn der Kutscher ermorden,
und als das Fräulein schreien wollte, drohte
er sie mit dem Säbel zu erstechen. Sodann nahm er
jenen Mann, warf ihn aus dem Wagen und grub ihn
ein. Dem Fräulein aber sagte er ›Schwörst du mir
nicht, daß ich dich erlöst habe, so ersteche ich dich
auch.‹ Da schwur sie ihm, daß er sie vom Drachen erlöst
und daß sie ihn zu heiraten habe.
Aber die drei Hunde legten sich auf den Grabhügel,
unter welchem der hörnene Mann begraben war. Da
kam ein Mensch mit einem Spaten; da gruben die
Hunde fort und fort mit den Pfoten in die Erde, und
als der Mensch das sah, fieng er auch an zu graben
und grub den hörnenen Mann aus, und wie er ihn ausgegraben
und ihn betrachtet hatte, fand er, daß er
schlafe. Da weckte er ihn und sprach zu ihm ›Warum
kriechst du lebend in die Erde?‹ Jener aber wuste jetzt
nicht, wo er war. Er gieng nun allein in die Stadt,
schrieb einen Brief, wickelte den Brief in ein
Schnupftuch des Fräuleins, band es einem der Hunde
um den Hals und sandte ihn zum Könige, wo bereits
die Hochzeit des Kutschers und des Fräuleins vor sich
gieng. Der Hund kam hin, näherte sich dem Fräulein
und legte seinen Kopf auf ihre Knie; da bemerkte sie,
daß das ihr Schnupftuch sei, und fand den Brief und
erfuhr so, daß jener Mann noch am Leben sei. Da
schrieb sie ihm auch einen Brief und band den Brief
in dasselbe Schnupftuch und sandte ihn durch denselben
Hund hin. Wie er sah, daß die Stadt jetzt mit
rotem Scharlach ausgeschlagen war, da sprach er wie-
der bei jenem Zöllner ein und fragte, weshalb die
Stadt so rot ausgeschlagen sei. Der sagte ihm ›Ein
Kutscher hat eben des Königs Tochter vom Drachen
befreit und da gibt sie ihm der König zur Frau.‹ Da
gieng er schnell zum Könige, und wie er hin kam,
machte er sich in die Nähe des Fräuleins und fragte
sie ›Wer von uns hat dich befreit, ich oder der Kutscher?‹
Sie erwiderte ›Du,‹ und erzählte ihm alles,
wie er eingeschlafen sei und wie sie dem Kutscher
habe schwören müßen. Jetzt sann sie nach, wie sie die
Sache klug angreifen könne und gieng hinein und
sprach zu allen Anwesenden ›Ich verlor einmal den
Schlüßel meines Schrankes und ließ mir einen neuen
machen, aber jetzt habe ich den alten Schlüßel wieder:
welcher Schlüßel wird nun der beßere sein, der
alte oder der neue?‹ Da sagten alle ›Der alte ist
beßer;‹ und so sagte auch der Kutscher. Da gieng sie
hinaus, führte den hörnenen Mann mit sich in die
Stube, wo alle Hochzeitsleute waren, und sagte ›Das
ist mein alter Schlüßel, den ich verloren hatte.‹ Da
sahen alle, was das für ein Schlüßel sei, aber der