sie schämt sich hinter dem Ofen vor zu gehen; sie
hat nichts an zu ziehen und ist schon ganz halb
nackt.« ›Und wo sind deine Jungen?‹ »Die Jungen,
die sind in der Schule.« Indem sie mit einander redeten,
kamen die Kinder zum Eßen aus der Schule nach
Hause gelaufen und grüßten ihren Ohm freundlich.
Der Ohm hatte sein Wolgefallen an den Jungen und
ließ ihnen sogleich die Kleider bringen, die er ihnen
zu Hause hatte machen laßen, und wie sie angezogen
waren, da ließ er sie ein Ende mitfahren und es traf
sich, daß der Weg durch einen Wald führte, wo schö-
ne Bäume zu sehen waren. Im Fahren kamen sie an
dicke Eschenbäume. Da sagte der älteste von den
Knaben ›Ohm, das gäbe gute Tische!‹ Der Ohm sagte
»Na, mein Junge, willst du ein Tischler werden?« ›O
ja (sagte der Knabe) wenn nur mein Vater so viel aufbrächte,
um mich in die Lehre zu thun.‹ Der Ohm
nahm sein Journal1 und schrieb sich das auf. Sie fuhren
weiter und kamen an starke Eichen. Da sagte der
zweite ›Aber das wären herrliche Eichen für die Wagner.‹
Der Ohm sagte »Na, mein Junge, vielleicht
willst du ein Wagner werden?« ›O ja, (sagte der
Knabe) wenn nur mein Vater so viel aufbrächte, um
mich in die Lehre zu thun.‹ Der Ohm zog sein Journal
heraus und schrieb sichs auf. Sie fuhren noch ein
Ende und kamen an schöne und hohe Bäume; aber der
dritte sagte nichts. Der Ohm aber wartete darauf, ob
denn der auch etwas sagen würde. Da kamen sie an
ein solches Dickicht und verwachsenes Gestrüppe,
daß nicht einmal eine Mücke ihren Schnabel hätte
hinein stecken können; da sagte der jüngste ›Ohm, da
könnte man gut ein Schnippchen schlagen.‹ Der Ohm
denkt hin und her, aber er kann das Wort nicht verstehen
und er muß den Kleinen fragen, was das sei und
an was er denke. ›Ohm, (sagte der Junge) da könnten
sich Räuber gut verstecken.‹ Der Ohm sagte »Na,
vielleicht willst du gar unter die Räuber gehen?« ›O
ja, wenn ich nur dazu kommen könnte?‹ Der Ohm zog
sein Journal heraus und schrieb sich auch das auf. Sodann
kehrte er wieder zu seinem Bruder zurück.
Als er von seinem Bruder Abschied genommen,
fuhr er wieder nach Hause, und die Knaben seines
Bruders nahm er alle drei mit zu sich in die Stadt und
schickte sie in die Schule; nachher that er den einen
zu einem Tischler und den anderen zu einem Wagner
in die Lehre. Nicht weit von der Stadt aber war eine
Heide, und auf der Heide hielten sich Räuber auf; dort
hatten sie ihren Keller. Der Kaufmann aber war bekannt
mit den Räubern; wenn die anderen Kaufleute
aus der Stadt nach Waare fuhren, da gab er den Räubern
Kunde davon. Zu diesen Räubern that er den
dritten, und da sollte er das Räuberhandwerk lernen.
Als er schon eine Zeit lang dort gewesen, sah er bei
den Räubern großes Unrecht, indem sie die Leute,
wenn sie sie ausraubten, auch noch todt schlugen, und
er sagte einmal ›Brüder, das ist nichts; warum schlagt
ihr denn die Leute, die sind ja unschuldig; wenn ihr
ihnen die Waare abnehmet, raubt ihr ihnen alles was
sie haben, dann laßt doch die Leute laufen.‹ »Na da
machs doch so, wenn du so schlau bist,« sagten die
Räuber zu ihm. Als nun ein großer Wagen mit Waare
des Weges gefahren kam, da sagten sie »Geh und beraube
einmal den Wagen!« Der Junge sagte ›Ich
werde so viel rauben, als ich tragen kann, aber geht
auch ihr mit, damit wir alle etwas bekommen, ich
werde doch niemanden erschlagen.‹ Da hieng sich der
Junge fünf Pistolen um und gieng in das Dickicht am
Wege und wartete bis der Wagen kam. Wie der
Wagen nun kam, da spannte er drei Pistolen; der
Fuhrmann dachte ›Da sind wer weiß wie viele Räuber,‹
sprang vom Wagen, schnitt eiligst die Stränge
ab, entfloh mit den Pferden und ließ den Wagen im
Stiche. Da kamen die Räuber mit dem Jungen aus
dem Dickicht hervor, nahmen vom Wagen was ihnen
nur gefiel und trugen es in ihren Keller. Da sagte der
Kleine ›Na seht, Brüder, ist das nicht beßer als wenn
ihr die Leute ohne Not erschlagt?‹ Aber sie wurden
böse auf ihn, weil er schlauer war als sie. Und als sie
ihn unter die Gesellen thun wollten, da sagte der Räuberhauptmann
zu ihm ›Du must uns deine List noch
anders zeigen; jezt wird Jahrmarkt in der Stadt sein,
stihl du uns da eine Ziege.‹ Der Kleine antwortete ›Na
das ist ja gar nichts für mich, ich werde sie drei Mal
stehlen und zwei Mal verkaufen.‹
Er gieng nun auf den Markt, stellte sich neben das
Thor und wartete auf Leute mit Ziegen. Als er so wartete,
brachte ein altes Männchen eine weiße Ziege; zu
dem sagte er ›Wie, Väterchen, hast du die Geiß zu
verkaufen?‹ »Ja, mein Sohn.« ›Na da werden wir
beide ein Geschäft machen; was willst du für die
Geiß?‹ »Drei Thaler.« Der dang nicht lange und sagte
›Komm, Väterchen, laß uns in die Stube gehen, ich
werde ein Viertelchen Branntwein geben.‹ Während
getrunken ward, gieng der Kleine hinaus, nahm die
Ziege und gieng in ein Kornfeld bei der Stadt, machte
seine Ziege bunt und führte sie wieder in die Stadt;
und wie er sie hinein führte, begegnete er dem Alten,
dem er die Ziege gestohlen hatte. Der alte Mann fragte
ihn ›Mein Sohn, hast du die Ziege zu verkaufen?‹
»O ja, Väterchen.« ›Und was willst du für deine
Ziege?‹ »Zehn Gulden«2. ›Da, mein lieber Sohn, ich
hatte auch eine weiße Ziege zu verkaufen und wollte