›Herr, was ist das? In den Fäßern da sind Leute drin.‹
Da bestellte der Kaufmann viele starke Männer, die
die Räuber ergreifen sollten; jenen Räuber ließ er in
der Stube ganz hinter den Tisch sitzen und ein Paar
starke Männer neben ihn. Da kam das Mädchen, zeigte
ihm den abgehauenen Finger mit dem Ringe und
fragte ihn, ob er sich desselben erinnere; da merkte er
daß er erkannt sei und sah sich um, wie er ausreißen
könne. Der Kaufmann ließ ihm aber nicht so viel Zeit,
sondern gab jenen ein Zeichen, daß sie ihn faßen sollten.
Da faßten ihn denn beide und banden ihm Hände
und Füße zusammen; in seinem Stiefelschafte aber
fand sich ein langes Meßer. Als sie ihn fest gebunden
hatten, da giengen sie auf den Hof, ergriffen jene alle
nach der Reihe und brachten sie ins Gefängnis. So
waren denn die Räuber alle besorgt und aufgehoben.
Das Mädchen führte sodann die Leute in das Haus der
Räuber. Das Vögelchen behielt sie selber, das übrige
theilte sie unter die Armen aus; das Haus ward verbrannt,
und die Löwen behielt der Kaufmann. Die
Räuber fanden sämmtlich ihren Tod im Gefängnisse.
So war denn alles vertilgt, und das Mädchen hatte fürderhin
keine Vorliebe mehr für grüne Bärte.
Vom Häuslerssohne, der einen sehr reichen
Herrn dran kriegte.
Ein Mann, der nur ein kleines Haus und einen halben
Morgen Feld besaß, hatte einen Sohn, den that er aus
in die Lehre und ließ ihn gut unterrichten. Als später
der Sohn wieder nach Hause kam, verschrieb ihm der
Vater das Häuschen mit dem Lande. Dem aber sagte
es nicht zu in dem Häuschen zu sein und er verkaufte
es und kaufte sich für das Geld feine Kleider, Wagen
und Pferde und mietete einen Kutscher und fuhr in
fremde Lande, um eine Frau zu suchen.
Da kam er zu einem sehr reichen Herrn, der Töchter
hatte und der ihm eine versprach. Als ihm der Herr
die Tochter zugesagt, führte er seinen Schwiegersohn
herum, um ihm sein ganzes Besitztum zu zeigen. Als
sie in die Brennerei kamen, sagte der Herr ›Schwiegersohn,
das sind Keßel!‹ Der Schwiegersohn sagte
»Das ist noch nichts gegen meine.« Der Herr dachte
›Meine sind groß, und wenn seine noch größer sind,
was müßen das für Keßel sein!‹ Da gieng der Herr zu
dem Kutscher hin und fragte ihn ›Kutscher, sind eures
Herrn Keßel in der Brennerei groß?‹ Der Kutscher
sagte »Ich gieng einmal in die Brennerei, um eine
Pfeife Tabak anzuzünden, da sah ich, daß fünf Männer
im Kahne drin herum fuhren und sich Käse
schmecken ließen.« Dann führte der Herr seinen
Schwiegersohn in den Pflanzgarten, um den Kohl zu
beschauen, und sagte ›Schwiegersohn, das ist großer
Kohl.‹ Der Schwiegersohn sagte »Das ist noch nichts
gegen meinen.« Der Herr fragte wieder den Kutscher,
der sagte ›Ich weiß nicht viel davon; aber einst gieng
ich, um für die Pferde Grünfutter zu hauen, da fieng
es an zu tröpfeln und fünfzig Männer stunden unter
einem Kohlblatte und fanden da Schutz gegen den
Regen.‹ Dann führte der Herr den Schwiegersohn aufs
Feld, um sich auch das anzusehen; der Herr hatte aber
sehr große Erbsen, da sagte er ›Schwiegersohn, das
sind Erbsen!‹ Der Schwiegersohn sagte »Das ist noch
nichts gegen meine.« Als sie drauf nach Hause
kamen, gieng der Herr wieder den Kutscher fragen, ob
seine Erbsen groß seien. Der Kutscher sagte ›Einst
führte ich die Pferde in die Schwemme, da sah ich,
daß in eine halbe Schote unserer Erbsen fünf Mann
sich einsetzten und auf dem Waßer fuhren.‹
Als nun die Hochzeit vorüber war, entließ der Herr
seine Tochter mit allen ihren Brautschätzen und mit
all ihrem Gelde. Wie sie so fuhren, da wurde ihr das
Fahren zu lang, und als sie an einem Gehöfte vorbei
fuhren, da fragte sie ihn ›Ist das dein Hof?‹ »Ei, was
da, was ist das gegen meinen; auch den werden wir
noch erreichen.« Endlich kamen sie an das Häuschen.
Da stieg er vor dem Häuschen aus und sagte »Das ist
es; einst gehörte es mir, aber jetzt gehört mir auch das
nicht.« Da erschrak sie, fiel rücklings zum Wagen
heraus und brach das Genick. Da bestattete er sie,
kaufte sich einen Hof für ihr Geld und nahm sich eine
andere Frau und ward auf diese Weise ein großer
Herr.
Vom Könige und seinen drei Söhnen.
Ein König hatte drei Söhne, von denen waren zwei
verständig und einer war dumm. Einst ließ der König
verkünden, daß alle Zigeuner sein Land zu räumen
hätten; nach Verlauf von vier Wochen werde er herum
reisen und da wolle er keinen mehr sehen. Als sich
nun der Herr und König auf die Reise begab, da kam
er nach Litauen und begegnete einem alten Zigeuner,
der mit einem Karren her gefahren kam, und auf dem
Karren hatte er ein wenig Erde. Der König sagte ›Na,
Zigeuner, bist du noch da? weist du denn nicht, daß
du mein Land zu verlaßen hast?‹ Der Zigeuner stellte
sich auf dem Karren auf die Erde und sagte »Ich stehe
auf meiner Erde1. Mein Herr und König, ich will
euch eine große Neuigkeit verkünden.« ›Wovon denn,
mein lieber Zigeuner?‹ »Lieber König, wenn ein Jahr
und ein Tag verfloßen sein wird, da werdet ihr erblinden.
« Der König sagte ›Da setz dich zu mir in den
Wagen,‹ und sie fuhren nach Hause. Der Zigeuner
aber bekam beim Könige zu eßen und zu trinken bis
ein Jahr und ein Tag verstrichen war.
Das Jahr gieng dahin und es kam der Tag und es