während er schlief, vertauschten sie die Heilkräuter.
Als sie nun zum Vater nach Hause gekommen, da
fragte der Vater ›Wie, meine Kinder, habt ihr die
Kräuter mit gebracht?‹ »Ja, Vater, wir haben sie.«
›Nun, da streicht einmal auf.‹ Die beiden nahmen ihre
Kräuter und strichen auf, und der König öffnete die
Augen. Jetzt schloß aber der König die Augen wieder,
als sei er blind, und sagte zum dritten Sohne ›Na,
mein Sohn, streich einmal von deinen Kräutern etwas
auf.‹ Als dieser es that, sah der König nichts mehr.
Da sagte der König ›Nun streicht ihr beide wieder
von euren Kräutern auf!‹ Und sobald sie aufgestrichen,
konnte der König wieder sehen. Der König ergrimmte
nun so über seinen Sohn, weil er ihm solche
Kräuter gebracht hatte, daß er befahl ihn sofort zu erschießen.
Wie aber der Jäger mit ihm ritt und ihn von
hinten erschießen wollte, da versagte ihm das Gewehr.
Der Prinz sagte ›Was wolltest du eben da
thun?‹ Der Jäger sagte »Lieber Prinz, der König hat
befohlen, ich solle dich erschießen und Herz, Leber
und Lunge mit zurück bringen.« ›Na, wenn das so ist
(sagte der Prinz), sieh, da ist ein Hund, erschieß den
Hund, nimm sein Herz, Leber und Lunge heraus,
brings nach Hause und wirfs in den Ofen, so ist die
Sache abgethan; ich werde nicht mehr in die Heimat
zurück kehren, auch wenn man meiner einst bedürfen
wird: ich gehe zu dem Müller da und lerne als Müller.‹
Der Jäger that das, brachte die Sachen und zeigte
sie dem Könige; der sagte ›Wirfs in den Ofen, da
kanns verbrennen.‹
Zu der Zeit genas die Prinzessin jenes Landes, aus
welchem der Prinz die Kräuter mit gebracht, eines
Sohnes. Nachdem sieben Jahre verfloßen waren und
der Junge heran gewachsen, sprang er ein Mal in der
Stube umher und kroch unter einen Tisch; er sah in
die Höhe und sah da etwas schimmern. ›Mutter (sagte
der Knabe), sieh doch einmal her, was da so flimmert.‹
Die Mutter kam, sah unter den Tisch, aber sie
konnte nicht verstehen, was da geschrieben stund. Da
ließ sie sich vier Männer mit verbundenen Augen
bringen, um die Schrift zu lesen, und als sie sie gelesen,
verband man ihnen die Augen wieder und führte
sie hinweg. Aus der Schrift erfuhr aber die Prinzessin,
daß ein Prinz aus dem und dem Lande bei ihr gewesen
sei und die Arzneikräuter, den Brotleib und die
Waßerflasche mitgenommen habe. Sodann rüstete
sich die Prinzessin zur Reise mit einer großen Schaar
Soldaten, und eine große Menge Schießpulver nahm
sie mit und zog zu jenem Könige hin und machte eine
viertel Meile von des Königs Stadt Halt. Den Weg
von ihr bis zur Stadt ließ sie mit rotem Scharlach belegen
und die Stadt mit Pulver umschütten, und dem
Könige sagen, ›Er solle in vier und zwanzig Stunden
den zu ihr schicken, der von ihr die Kräuter gebracht
habe, sonst laße sie die Stadt mit Pulver gen Himmel
sprengen.‹ Da sandte der König sofort den ältesten
Sohn zu Pferde zu ihr; als er hin geritten, fragte sie
ihn ›Hast du die Kräuter gebracht?‹ »Ja,« sagte der
Prinz. ›Und was weiter?‹ »Nichts.« Da sagte die Prinzessin
›Reit du nach Hause und sag deinem Vater, er
solle in vier und zwanzig Stunden den schaffen, der
die Kräuter gebracht.‹ Der Prinz ritt nach Hause und
sagte es seinem Vater. Da sagte der Vater zum zweiten
›Nun, mein Sohn, du hast doch die Kräuter gebracht?‹
»Ja,« sagte der Sohn. ›Nun so eile und reite
du zu ihr hin.‹ Und da ritt auch er hin. Als das Kind
der Prinzessin ihn heran reiten sah, sagte es zu seiner
Mutter ›Der, wo da geritten kommt, ist mein Vater
nicht; der schont den Weg und der hat auch dich geschont‹.
Das sagte das Kind nämlich deshalb, weil er
neben dem belegten Wege her geritten kam. Als der
Prinz in die Nähe gekommen, fragte ihn die Prinzessin
›Hast du die Kräuter gebracht?‹ »Ja,« sagte der
Prinz. ›Und was weiter?‹ »Nichts.« Die Prinzessin
sagte ›Reit du nach Hause, und wenn in vier und
zwanzig Stunden der nicht zur Stelle kommt, der die
Kräuter gebracht hat, so fliegt die Stadt gen Himmel.‹
Der Prinz ritt nach Hause und sagte es seinem
Vater; da wuste der König vor Sorgen nicht, wo er
bleiben sollte. Jenen Sohn hatte er erschießen laßen;
wie sollte er nun den finden, der die Kräuter gebracht?
In tiefster Betrübnis gieng er auf dem Hofe auf und
ab; da erblickte ihn der Jäger, den er abgesandt hatte,
um seinen Sohn zu erschießen; und er fragte den
König, warum er so betrübt im Hofe auf und ab gehe.
›Ja, lieber Jäger, ich ließ meinen Sohn von dir erschießen,
und jetzt soll ich ihn schaffen, sonst werden
wir alle verbrannt.‹ »Ja, lieber König, vielleicht ist er
noch am Leben; ihr habt mir freilich befohlen ihn zu
erschießen, aber er bat so sehr um sein Leben, daß ich
ihn leben ließ; er gieng zu dem Müller da in die
Lehre, und da wird er wol noch sein.« Sogleich ließ
der König ihm sagen, er solle zu ihm kommen. Der
Prinz aber ließ sagen ›Der König hat so weit zu mir
als ich zu ihm; wenn der König mit vier Rappen wird
gefahren kommen, so werde ich mit fahren.‹ Der
König ließ sofort vier Rappen anspannen und fuhr zu
seinem Sohne hin; da setzte sich der Prinz in den
Wagen und fuhr mit seinem Vater nach Hause. Sodann
ließ sich der Prinz ein Pferd scharf beschlagen,
stieg auf und ritt mitten auf dem Wege so gewaltig
einher,