Hans der Pole. Gräfin Bethusy-Huc. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gräfin Bethusy-Huc
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738036558
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komme von Deinem Onkel“, sagte Hans, „ er setzt mir den Stuhl vor die Türe – sehr freundlich zwar, aber – er kann mich hier nicht mehr brauchen.“

      „Was wirst Du tun?“

      „Seinen Tat befolgen, bei den roten Ulanen oder den schwarzen Dragonern anfragen.“

      „glücklicher Du! Zur Kavallerie – das wäre mein Traum!“

      „Ich empfinde vorläufig nur, dass man mich hier hinauswirft, ohne jede Schuld meinerseits!“

      „Du musst das nicht tragisch nehmen, Hans, es ist doch eigentlich ein Glücksfall für Dich, von hier fort zu kommen. – Übrigens – mein Vater schreibt mir, dass er sich nicht wohl befinde – “

      „Ah, er bittet mich. Lieber nicht zu seiner Geburtstagsfeier zu kommen.“

      „In der Tat, ich wollte Dir den Vorschlag machen, dass wir lieber später einmal – “

      „Ich danke Dir – ich werde Deinen Vater nicht in Verlegenheit bringen, es scheint, dass ich lernen muss, mich als „anrüchige“ Persönlichkeit zu fühlen und zu benehmen!“

      „Aber lieber Hans, Du musst die Sachen auch nicht tragischer nehmen, als sie sind!“ sagte Benno sich erhebend und nach der Uhr sehend.

      „Ich habe Brinkens versprochen, zum Tennis zu kommen“, setzt er mit einem leichten Anfluge von Verlegenheit hinzu.

      „Dann sage ich Dir gleich Adieu, denn morgen mit dem ersten Zuge reise ich ab!“

      „Wohin willst Du?“

      „O, ich muss doch nun sehen, wo ich eine Stätte finde – Urlaub habe ich ja!“

      „Ach so – hm, nun ja, wie gesagt, nimm’s nicht zu schwer, Hans! Und Glück zur Reise!“

      Als er gegangen war, stand Hans einen Augenblick mit gerunzelten Brauen da und sah dem davon schreitenden durch das Fenster nach.

      „Den habe ich nun für einen Freund gehalten“, murmelte er.

      VII.

      Hans hatte sich mit seinem Vormund beraten. Aber er sowohl wie Herr von Wolffen fanden verschlossenen Türen bei den Husaren wie bei den Dragonern. Überall wies man Hans ab und gab verblümt oder deutlicher zu verstehen, dass in der Armee kein Platz mehr für ihn sei. Er hatte seien Mutter erst wiedersehen wollen, wenn er bestimmt wissen würde, wo er seine Zelte aufschlagen könnte. Nun sah er sich genötigt, den Abschied aus dem Militärdienste zu nehmen, denn es widerstrebte ihm, an noch mehr Regimenter heranzutreten und sich weiter abweisen zu lassen. Aber was nun? Noch einmal anfangen zu lernen, ein Studium ergreifen? Er war gern Soldat gewesen, wenn er es auch immer nur mit dem Rückgedanken war, dass er in ein paar Jahren Warozin übernehmen würde. Das Studium hatte keinen Reiz für ihn, und ein Talent, dessen Ausbildung er sich hätte widmen können, besaß er nicht. Blieb die Landwirtschaft – irgendwo als Volontär einspringen, später vielleicht ein kleines Gut kaufen oder eine Pacht übernehmen. Dabei schrieb seine Mutter, sie müsse sich jetzt entscheiden, ob sie zu ihm ziehen oder bei Stasch bleiben solle. So half es eben nichts – er musste noch einmal nach Warozin und mit ihr Rücksprache nehmen.

      Er graute sich davor, seine Heimat unter so veränderten Verhältnissen wieder zu sehen; aber als er hinkam, fand er dort alles ganz unverändert. Seine Mutter bewohnte die Zimmer, die sie stets inne gehabt, und in Hof und Haus begrüßten ihn die alten bekannten Leute.

      „Wo ist Herr von Mielosenski?“ fragte er seine Mutter.

      „Der Oberlandesgerichtsrat ist mit Stasch nach Pogrzebin gefahren, um Vieh zu kaufen“, sagte sie, „der andere holt seine Frau irgendwo ab, er will sie dann herbringen. Es sind aber wirklich sehr nette Leute, die Mielosenskis, so liebenswürdig und aufmerksam! Sie sagen, ich soll hier bleiben, ich tue ihnen einen Gefallen damit, weil doch sonst eine fremde Frau ins Haus kommen müsste.“

      „Aber Frau von Mielosenski“ – warf Hans ein.

      „Mielosenska, muss Du sagen“, verbesserte die Mutter. Dann lachte sie.

      „das wird ein Hauptspaß. Der Mann hat mir gesagt, sie kommt nicht, er geht bloß zu ihr, um den Oberlandesgerichtsrat zufrieden zu stellen.“

      „Was sind denn das für wunderliche Verhältnisse“, sagte Hans nun doch unwillkürlich aufmerksam werdend, obgleich er mit seinen eigenen Angelegenheiten, von denen seine Mutter noch wenig wusste, so beschäftigt war, dass er wenig Sinn für anderes hatte. Umso eifriger schien Frau von Walsberg sich mit den Polen zu schaffen zu machen.

      „O das sind Geschichten!“ sagte sie lebhaft. „Der Oberlandesgerichtsrat ist unverheiratet und hat sich in den Kopf gesetzt, dem Bruder zu helfen. Der gibt mehr Geld aus, als er hat, und da hat ihm der Bruder Warozin gekauft, um ihn sesshaft zu machen. Er war, glaube ich, ganz fertig mit seinem Vermögen und hat dem Bruder versprechen müssen, herzuziehen. Aber die Frau hat nichts versprochen, und die will nicht. Und nun soll der Stasch hier eine Musterwirtschaft machen, und der andere soll bloß Staate hier sein. Und da soll ich dem Stasch helfen.“ Hans senkte den Kopf.

      „Ja, Mutter, wenn es Dir nicht widerstrebt, unter so veränderten Verhältnissen hier zu bleiben“, – begann er.

      Sie fiel ihm ins Wort.

      „Aber die Verhältnisse sind ja viel angenehmer als früher, Hanuschko, es geht mir bloß um Dich, dass ich doch gern bei Dir wäre – “

      „Wenn ich nur erst selbst wüsste, wo ich sein werde“, rief Hans mit ausbrechender Bitterkeit, „sie wollen mich ja nirgends!“ Und er erzählte ihr seine Erfahrungen, während die ihm mit aufblitzenden Augen zuhörte und das Blut ihr in die Wangen stieg.

      „Was haben sie Dir getan, Hanuschko, Dir, mein Lämmchen, der Du gar nichts dafür kannst! Und wen geht denn das überhaupt an, an wen wir Warozin verkauft haben, und wer hat denn hier irgendein Unrecht begangen? O, ich möchte ihnen die Wahrheit sagen, wenn ich sie nur hier hätte, Deine Kommandeure und Deine Freunde. – Hanuschko, mein lieber, lieber Sohn, warum bist Du denn nicht gleich zu mir gekommen, hast Dich erst herumstoßen lassen von unverständigen, ungerechten Menschen!“

      Dir vibrierte vor Erregung und küsste und streichelte ihn wie ein kleines Kind, und Hans fühlt sich so wund und elend von allem, was er in letzter Zeit erlebt hatte, dass ihr Zorn und ihre Zärtlichkeit ihm wohl taten.

      Ja, man war ungerecht gegen ihn gewesen, nicht einer hatte sich seiner angenommen, nicht einer hatte ihm Freundschaft erwiesen – es tat doch wohl siech geliebt zu fühlen, es war doch gut, noch eine Mutter zu haben. Hans gab sich widerstandslos diesem Gefühl hin, es schien ihm sogar, als habe er der Mutter gegenüber manchen unfreundlichen Gedanken wieder gut zu machen. Wie durfte er ihr nur jemals aus ihrer mangelhaften Bildung einen Vorwurf machen? War das nicht eben so ungerecht, als wenn sie ihm vorwarfen, dass er Warozin verkauft habe? So war er besonders liebevoll und zärtlich, und sie war glücklich und spann Pläne für ihn.

      „Wenn Du Landwirtschaft lernen willst, da musst Du zum Generaldirektor Blei gehen“, sagte sie. „Das heißt, er selbst ist ja zu groß, er nimmt keine Eleven – aber seine Inspektoren, die haben alle welche. Ich werde gleich an den Wolffen deswegen schreiben, oder tue Du es, für mich ist ein Brief so eine große Arbeit.“

      Hans ging in sein Zimmer, um zu schreiben, und sie setzt sich ihm gegenüber und sah ihm liebevoll zu, während ihre Lippen unhörbar flüsterten:

      „Mein Liebling, mein einziger, mein Hanuschko.“ –

      Inzwischen fuhr der Wagen vor, der den Oberlandesgerichtsrat und Stasch zurückbrachte.

      Beide begaben sich sofort in die Ställe, um den Platz für das Vieh, das morgen kommen sollte, festzustellen. Dabei hörten sie vom Staller, dass der „Pan (Herr polnisch Pan) Leutnant“ angekommen sei.

      Stasch – er hieß mit vollem Namen Stanislaus Dzimbek schnitt eine Grimasse. Da sagte der Rat von Mielosenski zu ihm: