Traumtänzer. M. A. Audren. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: M. A. Audren
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754907252
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klarer, seine Gliedmaßen deutlicher und Erleichterung machte ihr das Herz leicht. Menschliche Hände hangelten sich gewandt durch das dichte Astwerk. Ein schlanker Körper, der in weiße Stoffbahnen gewickelt war und nackte Füße, die sich an das raue Holz klammerten. Er war nur noch wenige Meter über Ellie, nahe genug um endlich ein Gesicht auszumachen - sie konnte nichts anderes tun, als ihn entsetzt anzustarren. »Ich hatte gehofft, dich wiederzusehen!« Blondes, lockiges Haar, ein unnatürlich symmetrisches Gesicht, Augen voller Universen … das war der Irre aus dem letzten Traum. Sein Lächeln schien den Wald um ihn zu erleuchten, die silbrigen Blätter in seiner Gegenwart von innen heraus zu strahlen und wo immer seine Haut das Holz berührte, schmolz der Schnee spurlos dahin. Mit einem eleganten Schwung ließ er sich von dem niedrigsten Ast fallen und landete punktgenau vor Ellie, deren Herz ebenfalls einen Satz machte. »Das Traummännchen.« Gab sie schließlich wenig intelligent von sich. Der Neuankömmling verzog tadelnd das Gesicht.»Traumtänzer.«»Wo hast du die Glühbirnen gelassen?«»Rem und Bel sind Feen. Oder zumindest Sandmännchen, so viel Respekt muss bitte sein.« Seine Tadel war nur halbherzig und seine Mundwinkel zogen sich augenblicklich wieder nach oben. »Sie sind im Dorf, ich bin sicher, sie werden sich freuen, dich zu sehen! Willst du oh, das ist gar nicht gut.« Seine Augen wanderten suchend über Ellies Körper und sie fühlte wie ihr das Blut in die Wangen stieg - zuerst aus Scham, dann aus Wut über eben diese. Ihr Tanktop war von dem feuchten Graupel ganz durchnässt und ihre Shorts bedeckten kaum ihre Oberschenkel. Traum hin oder her, es gab keinen Grund, sie so ungeniert anzustarren. Als sie den Mund öffnete, um ihn zurecht zu stutzen, blieb Layans Blick schließlich an ihren Füßen hängen, die zitternd aus der weißen Schneewehe ragten. »Ohne Schuhe wirst du dir noch etwas abfrieren, wir müssen dich schnell ins Warme bringen.« Oh.»Du bist auch barfuß: Habt ihr große Traumtänzer vor gar nichts Angst?« »Hast du schon genauer hin geschaut?« Ellie war nicht unbedingt erpicht darauf, irgendjemandes Füße zu inspizieren aber ihre Neugierde gewann schließlich die Überhand und sie warf einen schnellen Blick nach unten. Erst nach mehrmaligen Blinzeln, war sie überzeugt, nicht zu halluzinieren. Es waren ganz normale Füße, doch wo ihre Zehen durch die Kälte einen knallenden Rot-Ton angenommen hatten, schien seine Haut vollkommen unberührt - und sie standen auf saftigem Grün. Layan bewegte einen Fuß und wo auch immer seine Haut streifte, schien der Schnee einfach dahinzuschmelzen. Als er ihre geweiteten Augen sah, zwinkerte der Blonde ihr zu. »Wir funktionieren ein wenig anders.« Um seine Worte zu unterstreichen bückte er sich und schnipste mit den Fingern - bunte Funken stoben davon, rote und orangene Lichter zischten über den weißen Schnee, rasten um Ellies Füße und berührten sie mit feurigen Blitzstößen. Zurück ließen sie eine behagliche Wärme, die sich schnell ausbreitete und bis in ihre Zehenspitzen kitzelte. »Das ist nur erste Hilfe.« Bevor Ellie verarbeiten konnte, was passierte, hatte er sie gepackt und auf seinen Rücken gehievt.»Was hast du vor?«»Dich aus dieser Kälte bringen, natürlich. Keine Sorge, außerhalb des Waldes ist es schön warm, wir haben dich im Nu wieder aufgetaut.« Kurz überlegte Ellie, zu protestieren. Sie war durchaus in der Lage, selbst zu laufen, Kälte hin oder her. Ein Blick zurück zu dem gefrorenen Boden hielt sie jedoch zurück. Wenn ihr hier die Zehen abfroren war, abgesehen von ihrem Stolz, niemandem geholfen. Und auch wenn sie es sich nicht eingestehen wollte, die Nähe des Traumtänzers hatte etwas Beruhigendes an sich. Sein Rücken war warm, sein Hände weich und stetig, das zusätzliche Gewicht auf seinem Rücken schien er kaum wahrzunehmen. Er bewegte sich leichtfüßig durch die Schneeschicht, wandte sich problemlos zwischen den Bäumen hindurch als folgte er einem unsichtbaren Pfad, den nur er selbst kannte. Die silbernen Blätter rauschten geradezu an ihnen vorbei und ehe Ellies Füße wieder kalt wurden, hatten sie den Wald hinter sich gelassen.Layan hatte nicht übertrieben. Die Baumgrenze war noch nicht einmal außer Sicht als die Gegend spürbar wärmer, und der graue Winterhimmel über ihnen durch wolkenloses Blau ersetzt wurde. Ein wildes Kribbeln machte sich in Ellies Fußsohlen breit und sie drehte ihr Gesicht begierig Richtung Sonne. Die Strahlen schmolzen die letzte Kälte aus ihren Knochen und ein angenehmes Seufzen schlüpfte zwischen ihren Lippen hindurch. Der plötzliche Wetterumschwung war Willkommen, aber keinen Deut weniger wunderlich, als alles andere an diesem Ort. Keine zwei Minuten von dem im tiefsten Winter liegenden Wald, gingen sie nun über ein goldenes Weizenfeld. Selbst auf ihrer erhöhten Position kitzelten die langen Ähren ihre Beine und die Schritte des Tänzers wurden durch das dichte Gras langsamer. Der Anblick des schier endlosen Feldes erinnerte sie an ihre Flucht aus Lacrimosa - an jenen Moment in dem sie das Höhlensystem hinter sich gelassen hatte und in die Freiheit der Ebenen trat, die nun ebenfalls vor ihr zu liegen schienen. Sie legte den Kopf suchend in den Nacken, doch so sehr sie sich abmühte: Sie konnte nur eine Sonne sehen.»Wo ist die andere?«»Wie bitte?« Er verdrehte den Kopf, doch plötzlich schien sein Gesicht viel zu nahe, und die Wärme der Sonne zu intensiv. Ellie versuchte, ihren Kopf abzuwenden und möglichst nonchalant weiter in den Himmel zu starren. Layan folgte ihrem Blick. »Oh, natürlich: Es ist Nacht. Die purpurne Sonne, die du gesehen hast, geht erst Morgens auf. Ich würde sagen, wir haben noch zwei bis drei Stunden? Du bist aber auch immer spät dran.« Den letzten Teil überhörte sie schon. Es erschien ihr etwas merkwürdig das ganze ‘Nacht’ zu nennen, wenn immer noch eine riesige Sonne mitten am Firmament prangte und ihr den Schweiß ins Gesicht trieb, aber Ellie wurde langsam mit dem Gedanken vertraut, dass ihr Unterbewusstsein voller Paradoxe war. Der Kerl, der sie gerade auf Händen trug, war wohl das beste Beispiel. Gestern war er noch wie ein Irrer in einer fliegenden Stadt vor ein paar Monstern davon gerannt, als wäre es sein täglich Brot, heute kletterte er im tiefsten Winter auf irgendwelchen Bäumen herum.»Dieser Wald wo genau waren wir da?«»Foraoise? Oh, das nichts besonderes. Ein kleiner Wald, den es noch gar nicht so lange gibt. Hin und wieder sammeln wir dort Kräuter oder beschaffen Holz.« Abermals drehte Layan seinen Kopf, brachte sein Gesicht viel zu nah an ihres - so nahe, dass sie seinen warmen Atem auf ihrer Haut spüren konnte.»Du kannst mich übrigens runter lassen, ich kann sehr gut selbst laufen.« Er blieb abrupt stehen und gab einen überraschten Laut von sich. Dann ging er leicht in die Hocke und Ellie rutschte hastig von seinem Rücken. Sie landete auf weicher Erde. Die Grashalme waren von der Sonne gewärmt und der Weizen reichte ihr nun fast bis zur Hüfte. »Danke,« Fügte sie dann noch schnell hinzu, ehe sie ihre Aufmerksamkeit zurück auf das Gespräch lenken konnte. »Ein normaler Wald … Aber was ist dann mit dem Schnee?«»Der Schnee? Es ist Winter, da liegt nun mal Schnee.« Unverständnis blitzte in seinen Augen auf.»Im Winter?« Ja, in Elgin war gerade Winter, wenngleich bisher ein milder. Aber normalerweise bedeutete Winter Schnee, vereiste Flüsse und gewaltig gewalttätige Eiszapfen. Nicht strahlenden Sonnenschein, barfuß durch Felder ziehen und schüchternen Schnee, der lokalisiert in genau einem Wald landete und keinen Zentimeter unter den Bäumen hervor kroch. »Unsere Winter sehen ein wenig anders aus.« Sie deutete um sich und ließ eine Hand durch den herbstlichen Weizen neben ihr streifen. Layan musterte zuerst das Feld, dann Ellie Gesicht, das bestimmt aussah wie ein einziges Fragezeichen. Er zog ebenfalls einige Sekunden die Stirn krause, ehe ihm ein Licht aufging und er vage Richtung Himmel deutete.»Vielleicht ist nicht der Wald die Ausnahme?« Wenn er jetzt auch noch anfing in Rätseln zu sprechen, platzte ihr der Kragen. Layan schien den Gedanken zu bemerken und packte sie vorsichtig am Handgelenk. »Mach dir keinen Kopf. Aber jetzt wo du schon einmal hier bist, muss ich dir Lancars zeigen!« Das war keine Antwort auf ihre Frage. Es war nicht einmal ein besonders eleganter Versuch, einer Frage auszuweichen. Aber wieso versuchte sie auch, aus dem ganzen hier Sinn zu machen? Schließlich war das hier immer noch ein Traum - zumindest da war sie sich sicher. …zu etwa sechzig Prozent. Es fühlte sich noch immer alles etwas zu real an. Für gewöhnlich träumte sie von der Arbeit, von Jahre vergangenen Prüfungen oder sinnlosem Zeug wie tanzenden Elefanten. Nie war ihr dabei etwas so nahe gegangen, hatte sich so in ihre Haut, in ihr Bewusstsein, in ihr Herz gegraben. Dass heute nichts versuchte, sie umzubringen war ein großes Plus. Kurzerhand beschloss sie, einfach mitzuspielen. Schaden konnte es nicht, sie erwischte sich sogar bei einem kurzen Aufleben von Aufregung. Ein verzauberter Wald, magische Fremde und eine Welt voller Wunder.»Lancars ist … ?«»Das Dorf da vorne.« Er deutete vor sie und begann, sie sanft in selbige Richtung zu ziehen. In der Ferne konnte Ellie ein paar vage Silhouetten ausmachen, die wohl Gebäude sein mochten. »Eine kleine Siedlung von Traumtänzern in der ich auch lebe.«»Wir kennen uns keine zwei Tage und du bringst mich schon mit zu dir nach Hause? Besonders wählerisch bist du ja nicht.« Anstatt zurückzuziehen, schenkte Layan ihr ein spitzbübisches Lächeln.»Vielleicht bin ich sogar sehr wählerisch und