Traumtänzer. M. A. Audren. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: M. A. Audren
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754907252
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Erwiderung ansetzen konnte, hatte Layan ein Brett los getreten und schleuderte es kurzerhand aus der Barriere, direkt in das Gesicht des ersten Alben. Mit einem lauten Kreischen verlor dieser den Halt und segelte aus ihrem Sichtfeld, doch ein neuer nahm sofort seinen Platz ein.»Wird die Blase standhalten?«»Nein.« Ellie schluckte schwer. »Rem!« Das kleine Wesen verstand sofort. Eilig schwebte es zwischen die beiden und fast augenblicklich wurde das blaue Strahlen des Wesens immer stärker. »Wir müssen aussteigen.« Vollkommen entgeistert starrte sie dem Wahnsinnigen vor ihr ins Gesicht, nutzte den Augenblick um sich jeden seiner Züge genau einzuprägen. Sie wollte sich ganz genau in Erinnerung behalten, wie der Irre aussah, der sie umgebracht hatte. Goldene Haare umrahmten ein makelloses Gesicht, und obwohl er kaum älter als sie selbst aussah, lag in seinen Zügen etwas merkwürdig archaisches - eine Weisheit, die zu jemand viel älterem gehören zu schien. Ellie sollte keine Zeit haben sich mit seinem Alter auseinanderzusetzen, denn etwas anderes zog sie in ihren Bann. Blaue Nebel, die von roten Sternen durchdrungen im Abendlicht tanzten. Strahlende Kometenschweife, die sich durch glänzende Meere woben und in gleißenden Explosionen vergingen, inmitten der Augen des Fremden. Schon als sie ein Kind war, hatte ihr Vater sie so oft mit sich genommen, ihr stundenlang die Sterne gezeigt und an manch glücklichen Tag konnten sie einen Blick auf die magische Welt über ihr erhaschen.‘Die Wirbel‘ hatte Charles das leuchtende Wunder genannt. Erst nach und nach verstand sie was es mit Sternen und Nebeln auf sich hatte, lernte ihre Namen und ihre Positionen und realisierte, dass diese Magie nur der Orionnebel war. Nichtsdestotrotz … es war ihr die liebste Erinnerung auf Erden. Und all dieses Glück fand sie in den Augen des Fremden wieder. Plötzliche Wärme ergriff sie und sie merkte kaum das sachte Lächeln, das sich auf den Lippen des Jungen auftat.»Was siehst du?« Ein wissender Blick bahnte sich durch die bunten Explosionen und Ellie öffnete leicht den Mund, versuchte in Worte zu fassen, was eben geschehen war.»Ich sehe - « Ein Rumpeln riss sie aus ihrer Trance - eines der Monster war gegen das gleißende Schild gekracht. Moment, was tat sie da eigentlich!? »DAS GESICHT EINES VERRÜCKTEN! Du wirst uns umbringen!« Es war nur ein Traum, ihr konnte nichts geschehen. Doch was die Vernunft so leicht sagte, konnte ihr wild schlagendes Herz kaum erfassen. Für einen Moment zuckte der Fremde zurück, schien überrumpelt, vielleicht sogar beleidigt, doch dann fasste er sich wieder.»Möglicherweise.« Damit waren letzte Zweifel zerstreut - an diesem Traum stimmte etwas ganz und gar nicht. »Aber «, fuhr er eilig fort, »Die Alben machen aus der Möglichkeit eine Gewissheit und ich bin zu schön um zu sterben!« Sie war nicht beruhigt, doch er untergrub jeglichen Protest ihrerseits - indem er das Ruder packte und das Schiff senkrecht in die Tiefe stürzen ließ. Jegliche Flüche und Beschimpfungen gingen in einen verzerrten Schrei über, als sie an den Albträumen vorbei in die Ungewissheit stürzten. Ellie sah die Alben über sich empört die Verfolgung aufnehmen, spürte den rauschenden Wind, der an ihren Haaren und ihrer Kleidung zerrte - sie selbst fühlte sich fast schwerelos und stemmte panisch die Hände gegen die Decke der verzerrten magischen Blase um den Boden nicht unter den Füßen zu verlieren. Der nächste Fehler den Ellie beging, war, nach unten zu sehen.»Du wirst uns verdammt nochmal umbringen!« Langsam fühlte sie ihren Puls steigen.»Etwas mehr Vertrauen! « Vertrauen war eines schöne Sache - wenn man nicht gerade mit hundert Sachen dem Erdboden entgegen raste. Layan wirkte vollkommen ruhig. Tatsächlich schien sein Lächeln geradezu euphorisch und Ellie musste ihm zu Gute halten, dass zumindest der Abstand zu den Alben größer wurde. Im Gegensatz zu dem Kerl hatten die Dinger wohl einen Selbsterhaltungstrieb.»Wir müssen anhalten oder der Aufprall reißt uns in tausend Stücke!«»Noch nicht - « Der Boden kam näher, Ellie konnte nun einige Felsen im schlammigen Untergrund ausmachen.»LAYAN!«»Rem, jetzt!« Die blaue Leuchtekugel schien nur auf den Ruf gewartet zu haben. Wie ein Blitz sauste sie nach oben und strahlend blaue Energiewellen tauchten das Schiff in blendendes Licht. Wie ein Fallschirm blähte das Blau sich über der grünen Membran auf, wurde breiter und höher, bremste das stürzende Schiff immer weiter - bis es schließlich mit einem lauten Knall am Boden auf kam. »Siehst du, Bel, so macht man das! Großartig Rem!« Neben Ellie knallte einer der mutigeren Alben mit einem gellenden Schrei gegen einen der Felsen - sie hörte ein grässliches Knacken und das Ding blieb mit verrenkten Armen einfach liegen. Über ihnen schwirrten die restlichen Alben, wenngleich betont langsamer als sie selbst, zu Boden: Sie hatten noch nicht aufgegeben.»Was machen wir jetzt?« Ellie warf den Kopf herum, um einen Fluchtweg zu finden. Vor ihnen zog sich eine endlose Ebene dahin, auf der anderen Seite konnte sie eine vage Bergkette ausmachen, aber nirgendwo schien ein brauchbares Versteck oder auch nur so etwas, wie eine annehmbare Deckung.»Keine Sorge, wir sind unten, bevor sie uns erreicht haben!« Ellie warf einen Blick über Bord um zu sehen, was er am Grund eines hundert Meilen Falls mit ‘unten’ meinen konnte. Der Alb, der neben ihnen gelandet war, hatte sich mittlerweile in schwarze Nebelschwaden aufgelöst und das kleine Boot war im Begriff zu sinken. Zu sinken. Der dunkle Schlamm stieg gierig an den Seitenwänden der Nussschale hoch und begann in diesem Moment über die BrettReling ins Innere des lädierten Gefährts zu schwappen … Ellie hatte es die Sprache verschlagen. Sie starrte auf den dunklen Schlamm der unter ihnen geradezu freudig blubberte. Dann zurück zu Layan. Dann zurück zu dem Schlamm, der mittlerweile ihre Knöchel erreicht hatte.»Ich werde hier sterben.« Als sie die Lippen wieder schloss, war der Schlamm über ihren Knien. Kurz überlegte sie, ob die Wut aus ihr gewichen war. Dann spürte sie eine vertraute Spannung in ihrem Nacken und versuchte, tief Luft zu holen. Sie würde sterben - so sehr sie das in einem Traum eben konnte - und der blonde Wahnsinnige mit den hübschen Augen würde sie dabei nur gütig lächelnd beobachten. Zumindest würde er mit ihr draufgehen, durch seine halb gebückte Haltung stand ihm der Morast schon bis zur Brust.»Keine Sorge, halt einfach kurz die Luft an. Es ist etwas umständlich, die Käfer aus der Nase zu bekommen.« Der Bastard grinste noch immer. Es ist nur ein Traum. Flüsterte sie zu sich selbst, als sein brillantes Lächeln im Schlamm versank. Ein Traum der sich echter an fühlte als wach zu sein. Ein Traum, der ihren ganzen Körper umfasste, eiskalten Schlamm gegen ihren Hals presste und die Luft aus ihren Lungen presste. Ellie hielt die Luft an. Feuchter, stinkender Matsch drückte ihr Gesicht zusammen, zerrte an ihren Haaren – und die ganze Welt verschwand mit einem schmatzenden ‘plopp’. Sie stürzte einen kurzen Augenblick - nur einen Herzschlag lang - bis harter Boden unter ihren Allerwertesten knallte.Ihre Augen brauchten einen Augenblick um sich an das schummrige Licht zu gewöhnen, ganz zu Schweigen von dem ganzen Dreck der an ihren Lidern hing. Mit spitzen Fingern versuchte sie, ihr Gesicht ein wenig von dem dunklen Schlamm zu befreien und gedanklich erfasste sie die Situation … hauptsächlich, um nicht lauthals los zu schreien. Sie lebte noch und war immer noch in diesem Traum. Zumindest ging sie davon aus, als sie realisierte, dass der harte Boden unter ihr die versunkene Nussschale war. Alles war voller Matsch, ihre Kleidung, ihre Haare - sogar die beiden Leuchtekugel-Feen - waren mit einer durchgehenden Schicht Schlick überzogen. Oh, ja, und dann war da noch der gut aussehende Schlammberg vor ihr, der nach wie vor breit grinste. Die Verlockung ihn zu ohrfeigen wuchs mit jeder Sekunde. Doch all der Dreck in seinen Haaren hatte ihn bestimmt schon genug gestraft, also beschränkte sie sich auf eine verbale Schelle.»Was läuft mit dir falsch?« Anstatt darauf einzugehen, sprang Layan auf die Füße und warf Ellie ein Lächeln zu, dass sie in jeder anderen Situation vermutlich erröten lassen hätte.»Nun, wo wir in Sicherheit sind - « Dieser Kerl musste dringend an seinem Situationsbewusstsein arbeiten. Sie waren gerade vor Klauen wetzenden Monstern aus purer Dunkelheit geflohen, von einer Klippe gesprungen und in einem Treibsandloch versunken. »Ich bin Layan. Kind der Traumtänzer, Sohn des Hüters, Flüsterer der Feen und Wächter deiner Träume.« Zumindest hatte sie jetzt einen Namen, an den sie die Schimpfworte anknüpfen konnte. »Wow, ein toller Wächter bist du. Sieht das für dich nach einem wohlbehaglichem Traum aus?« Diesmal täuschte sie sich gewiss nicht - er wagte es tatsächlich, beleidigt das Gesicht zu verziehen - aber sie hatte weitaus größere Sorgen als dieses daher gelaufene Traummännchen! Er offenbar auch, denn sein Schmollmund wich binnen Sekunden blanker Verwirrung.»Ein Traum? Aber - oh.« Sie würde wohl nicht erfahren, welche Erkenntnis ihn getroffen hatte, denn in diesem Augenblick schaffte es die grüne Fee, den restlichen Schlamm von sich zu schütteln und fuhr wild schnatternd auf den Traumtänzer nieder. Er riss die Arme über sich und redete abwehrend auf das Wesen ein, während dessen blauer Counterpart sich ebenfalls leise klingelnd einmischte. Ellie beschloss die drei Fantasiegestalten sich selbst zu überlassen. Wenn sie sich etwas umsah konnte sie die letzten paar Minuten kurz verdrängen - und den Drang den Traumtänzer zu erschlagen.Als sie sich