Die Maske des Pharaos. Micha Rau. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Micha Rau
Издательство: Bookwire
Серия: Tommy Garcia
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742746306
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vorgestern stand hier das Haus, so wie wir es kannten, und jetzt das. Ich würde sagen, wir müssen ein Rätsel lösen. Was meint ihr?“

      Ich wollte auch einmal etwas beitragen, schulterte meinen Rucksack und stapfte los in Richtung Wald.

      „Gehen wir erstmal rein!“, rief ich zurück. „Ihr wisst ja, Eingang um die Ecke!“

      Vom Wald her gab es eine kleine Lücke in den Büschen, durch die sich auch ein Mensch quetschen konnte. Die hatte ich früher schon ausgenutzt, als ich mit meinem alten Freund Andi auf dem Grundstück gespielt hatte ohne zu ahnen, was für ein Geheimnis sich hier verbarg.

      Einer nach dem anderen zwängten wir uns hindurch und handelten uns ein paar ordentliche Kratzer von den Büschen ein. Wir musterten das Gelände sorgfältig. Der unsichtbare Bagger hatte ganze Arbeit geleistet. Überall türmten sich kleine Sandberge auf. Das Gelände wirkte regelrecht verwüstet. Wo sollten wir anfangen und wonach sollten wir suchen?

      „Ich denke, wir teilen uns“, sagte Janine. „So wie das letzte Mal, als sich jeder von uns eine Seite des Hauses vorgenommen hat.“

      „Gute Idee“, nickte Tommy. „Am besten kann man ein Gelände absuchen, indem man in einer Spirale von außen nach innen geht. Und wenn wir uns teilen, sehen wir alle jeden Fleck gleich mehrmals. Geh du am besten mit Sanne links rum und ich laufe mit Joe von rechts.“

      „Worauf sollen wir achten?“, fragte ich.

      „Das weiß ich auch nicht. Ich würde sagen, achtet auf alles, was nicht hierher gehört. Was nicht aussieht wie Schutt oder Sand oder Gestrüpp. Und geht langsam.“

      Wir setzten uns in Bewegung und schlenderten mit konzentriertem Blick auf den Boden los. Langsam umrundeten wir das Gelände. Schon nach wenigen Minuten brannten mir die Augen, weil ich nicht blinzeln wollte aus Angst, etwas zu übersehen. Ich sah nichts als Sand, Büschel von Gras, hier und da eine achtlos weggeworfene Zigarettenkippe und eben den Schutt, der scheinbar wahllos in die Gegend gekippt worden war. Ich konnte einfach nichts entdecken.

      Die ganze Zeit über lauschte ich gebannt auf die anderen, ob jemand aufschreien würde. Aber meine Freunde liefen genauso schweigsam wie ich ihre Runden. Jever und Lazy hatten aufgehört herumzutollen, lagen nebeneinander vor den Resten des Hauses und schauten uns zu.

      Schließlich waren wir jeden Meter des Grundstücks abgelaufen und gesellten uns zu unseren Hunden. Ich schaute Sanne an und musste lachen.

      „Du bist ja ganz rot im Gesicht!“

      „Sieh dich mal an! Du Tomate! Mir ist halt warm.“

      Auch ich schwitzte in meinen dicken Klamotten. Wir hatten die ganze Zeit unsere Sachen mitgeschleppt, so verbissen waren wir auf die Suche gegangen. Uns stand die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben.

      „Nichts?“, fragte Tommy noch einmal, um sich zu vergewissern.

      „Nichts!“, bestätigten wir einhellig.

      „Dann bleibt nur noch das Haus“, sagte er und richtete seinen Blick auf die Reste des Mauerwerks und die zusammengefallenen Balken, die sich auf dem Fundament übereinander türmten.

      „Welches Haus?“, fragte Sanne. „Was willst du denn da noch finden? Das ist doch nur noch Schrott.“

      „Egal“, meinte Tommy, „sehen wir einfach nach. Das Haus war schließlich der Eingang in die andere Welt, und als es damals weg war, war der Brunnen an seiner Stelle.“

      Das war nicht von der Hand zu weisen und so begannen wir vorsichtig, auf den Trümmern herumzukraxeln. Wieder erwachte die mir so bekannte Spannung. Ich versuchte, in der Anordnung der Balken oder im Muster des Betonfundaments einen Hinweis zu finden, der uns weiterhelfen könnte. Stück für Stück räumten wir beiseite und arbeiteten uns voran. Dann passierte genau das, womit ich schon gar nicht mehr gerechnet hatte. Ein Schrei ertönte!

      „Hierher! Ich hab was gefunden!“

      Wir fuhren herum. Janine zerrte an einem großen Stück Holz, das sich verklemmt hatte.

      „Nun macht schon, hier ist eine Treppe!“

      „Eine Treppe?“, rief ich ungläubig. „Was für eine Treppe?“

      Im Nu standen wir um Janine herum und versuchten zu erkennen, was sie entdeckt hatte. Unter losem Gerümpel und mehreren ineinander verkeilten Balken war eine rechteckige dunkle Öffnung im Fundament des Hauses zu erkennen. Tatsächlich schienen Stufen von diesem schwarz gähnenden Loch in die Tiefe zu führen.

      „Vielleicht ein Keller“, meinte Tommy und begann, Janine mit dem Balken zu helfen. Doch erst, nachdem auch ich mit Hand anlegte, gelang es uns mit vereinten Kräften, das schwere Ding herauszuziehen und in den Sand zu werfen.

      „Nie und nimmer ist da ein Keller“, murmelte ich, während wir den Rest des Unrats wegräumten und die Öffnung freilegten.

      „Nichts ist hier so wie es sein sollte“, meinte Janine nachdrücklich und ich musste ihr Recht geben. Dies schien die einzige Möglichkeit zu sein, auf diesem Grundstück etwas zu entdecken, also mussten wir sie nutzen.

      Endlich lag der Eingang offen vor uns. Wir atmeten schwer vor Anstrengung, traten an den Rand und versuchten etwas zu erkennen. Aber die Stufen verloren sich im Dunkel.

      „Tja“, machte Tommy und klopfte sich die Hände ab, „wer möchte denn gern vorgehen? Joe, wie wär’s mit dir? Du hast doch mit Vorgehen Erfahrung!“

      Nun ja, ich war damals vorgegangen. Aber nur, weil ich das Rätsel mit der Holografie gelöst hatte. Und, so musste ich zugeben, weil ich nicht wollte, dass eines von den Mädchen mich an die Hand nahm. Aber ich musste ja nicht jedes Mal vorgehen ...

      „Kannst du nicht Jever vorschicken?“ Ich wusste, dass der kleine Hund jede Gefahr wittern würde.

      „Normalerweise schon. Aber hier liegen viele scharfe Teile und Nägel herum. Ich möchte nicht, dass er sich was eintritt. Aber wenn du willst, dann geh ich vor.“

      „Nein“, sagte ich schnell. Auf einmal zeigte ich Mut, den ich gar nicht hatte. Janine sah mich so dankbar an, dass ich gar nicht anders konnte. „Aber ihr müsst sofort hinter mir herkommen. Und gib mir deine Taschenlampe. Dann ist mir wenigstens ein bisschen wohler.“

      Tommy nickte verständnisvoll, hievte seinen Rucksack von der Schulter, kramte die Lampe heraus und reichte sie mir.

      „Mir auch. Was soll ich denn deinen Eltern sagen, wenn du auf einmal in den Rachen eines riesigen Ungeheuers fällst!“

      Ich grinste etwas säuerlich und Sanne bekam große Augen.

      „Ein Ungeheuer? Aber da unten ist doch keins, oder?“

      Tommy lachte und seine Selbstsicherheit machte mich ein bisschen neidisch.

      „Nein, nein. Ganz bestimmt nicht. Denk doch mal an das letzte Mal. Da gab es überhaupt keine Tiere in der anderen Welt. Man will uns hier nur auf die Probe stellen. Hab keine Angst.“

      Gerade wollte ich ihn daran erinnern, dass wir sehr wohl ein Tier getroffen hatten, nämlich eine riesige Vogelspinne. Aber ich hielt doch lieber meinen Mund. Ich wollte Sanne und Janine nicht noch mehr Angst machen.

      Ich schaltete die Lampe ein.

      „Könnt ihr auf Lazy aufpassen? Nicht, dass er zurückbleibt.“

      „Ich werde ihn auf den Arm nehmen“, bot sich Sanne an. Janine nahm Jever, denn Tommy und ich trugen immer noch die Schlafsäcke mit uns herum. Die wollten wir nicht oben liegen lassen. Man konnte nie wissen, ob nicht doch jemand vorbeikam und aufmerksam wurde. Tommy hatte die Machete in seinen Schlafsack eingewickelt, um wenigstens eine Hand frei zu haben. Die Sekunden, bis wir endlich soweit waren, kamen mir wie eine Galgenfrist vor, die ich am liebsten nie beendet hätte, denn wer geht schon gern als Erster eine unbeleuchtete Treppe ins Ungewisse hinab? Doch dann ließ es sich nicht weiter hinausschieben und ich setzte meinen rechten Fuß auf die erste Stufe.

      „Pass